Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rücktritt des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer kann von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Karenzentschädigung nicht zahlt. Mit dieser Thematik hat sich das BAG in seiner Entscheidung vom 31.01.2018 auseinandergesetzt.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rücktritt des Arbeitnehmers
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rücktritt des Arbeitnehmers

20.06.2018 | Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht („BAG“) hat mit Urteil vom 31.01.2018 (Az.: 10 AZR 392/17) entschieden, dass ein Arbeitnehmer vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurücktreten kann, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Karenzentschädigung nicht zahlt. Ab dem Zeitpunkt des wirksamen Rücktritts entfällt in diesem Fall der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Karenzentschädigung.

Der Sachverhalt der Entscheidung des BAG

Der Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin seit Februar 2014 als „Beauftragter technische Leitung“ beschäftigt und verdiente zuletzt EUR 6.747,20 brutto. Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.01.2016. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Als Gegenleistung für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sollte der Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung erhalten. Mit E-Mail vom 01.03.2016 forderte der Arbeitnehmer die Arbeitgeberin zur Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf. Der Arbeitnehmer setzte dabei eine Frist bis zum 04.03.2016. Die Arbeitgeberin reagierte darauf nicht. Mit weiterer E-Mail vom 08.03.2016 teilte der Arbeitnehmer daraufhin mit, dass er sich „ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden“ fühle.

Letztendlich machte der Arbeitnehmer gerichtlich gegenüber der Arbeitgeberin die Zahlung der Karenzentschädigung für die gesamte Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (insgesamt EUR 10.120,80 brutto) geltend. Der Arbeitnehmer trug dabei vor, dass er sich durchgängig an das Wettbewerbsverbot gehalten habe. Bei der E-Mail vom 08.03.2016 habe es sich lediglich um eine „Trotzreaktion“ ohne Rechtsbindungswillen gehandelt. Die Arbeitgeberin argumentierte dagegen, dass der Arbeitnehmer wirksam vom vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurückgetreten sei, sodass die Karenzentschädigung zumindest für die Zukunft entfiel.

Die Entscheidungsbegründung des BAG

Das BAG bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg. Dem Kläger steht nach Auffassung des BAG eine Karenzentschädigung nur für die Zeit bis zur Erklärung des Rücktritts, mithin vom 01.02.2016 bis zum 08.03.2016, zu.

Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer durch seine Erklärung vom 08.03.2016 wirksam vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurückgetreten ist. Dadurch musste sich der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts am 08.03.2016 nicht mehr an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot halten. Gleichzeitig entfiel nach Auffassung des BAG auch die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zahlung der Karenzentschädigung.

Bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot stehen die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer ist daher berechtigt, vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurückzutreten, wenn der Arbeitgeber seine Gegenleistung (Zahlung der Karenzentschädigung) trotz Fristsetzung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt. Das BAG wies darauf hin, dass die E-Mail vom 08.03.2016 als Rücktrittserklärung auszulegen war. Die Arbeitgeberin musste die E-Mail vom 08.03.2016 als Rücktrittserklärung verstehen. Es kam daher nicht darauf an, dass die Erklärung angeblich nur als „Trotzreaktion“ gedacht gewesen sei. Da es sich bei dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot aus Sicht des BAG um ein Dauerschuldverhältnis handelt, wirkt der Rücktritt nur für die Zukunft und nicht auf den Vertragsbeginn zurück. Daraus folgt, dass das BAG dem Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 08.03.2016 zusprach. Ab dem 09.03.2016 bestand aufgrund des wirksamen Rücktritts kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung mehr.

Fazit

Zahlt der Arbeitgeber im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots die vereinbarte Karenzentschädigung nicht, kann der Arbeitnehmer nach erfolgloser Fristsetzung den Rücktritt erklären. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer nicht mehr zur Wettbewerbsenthaltung verpflichtet ist. Gleichzeitig besteht jedoch auch kein Anspruch des Arbeitnehmers mehr auf Karenzentschädigung. Umgekehrt kann auch der Arbeitgeber die Möglichkeit eines Rücktritts vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot prüfen, wenn der Arbeitnehmer sich vertragswidrig verhält und beispielsweise einen Wettbewerbsverstoß begeht. Begeht der Arbeitnehmer einen Wettbewerbsverstoß, entfällt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Karenzentschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverstoßes. Darüber hinaus bleibt jedoch für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung aufrechterhalten, soweit und solange der Arbeitnehmer sich an das Wettbewerbsverbot hält. Möchte der Arbeitgeber dies vermeiden und ist das Interesse des Arbeitgebers an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes entfallen, kann der Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des § 323 BGB vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurücktreten.

Die vorliegende Entscheidung des BAG vom 31.01.2018 bestätigt damit einmal mehr die Praxisrelevanz von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten. Unternehmen, die mit ihren Arbeitnehmern nachvertragliche Wettbewerbsverbote vereinbaren, sollten sich mit den sich daraus ergebenden Rechtsfragen auseinandersetzen.