Digitale Betriebsratsarbeit: Rückschritt durch das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz?

 Claudia Knuth

Claudia Knuth

Das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz soll digitale Betriebsratsarbeit fördern. Es bleibt dabei aber weit hinter der Übergangsvorschrift der Corona-Pandemie zurück.

Digitale Betriebsratsarbeit: Rückschritt durch das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz?
Digitale Betriebsratsarbeit: Rückschritt durch das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz?

14.09.2021 | Arbeitsrecht

Corona als Katalysator der Digitalisierung

Corona hat auch im Bereich der Betriebsratsarbeit die Digitalisierung enorm beschleunigt. Am 18. Juni 2021 ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, die Arbeitsweise der Betriebsräte an die digitalisierte Arbeitswelt anzupassen. Das Gesetz integriert bestimmte Arbeitsprozesse, die während der Corona-Pandemie eingeführt wurden, dauerhaft ins Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Jedenfalls mit Blick auf digitale Betriebsratssitzungen bleibt das Gesetz aber hinter der progressiveren Übergangsvorschrift während der Corona-Pandemie zurück.

Die Übergangsregelungen während der Corona-Pandemie

Die aus Anlass der Corona-Pandemie geschaffenen Regelungen ließen digitale Betriebssitzungen beinahe einschränkungslos zu.

Die Regelungen sahen vor, dass sowohl die Teilnahme an Betriebsratssitzungen als auch die Beschlussfassung mittels Video- und Telefonkonferenzen erfolgen können. Einzige Einschränkung war, dass sichergestellt werden musste, dass Dritte keine Kenntnis vom Inhalt der Sitzung nehmen können. Auch Sitzungen der Einigungsstelle und des Wirtschaftsausschusses konnten nach den Übergangsvorschriften während der Corona-Pandemie digital stattfinden.

Das Betriebsrätemodernisierungsgesetzt als Rückschritt?

Das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz sieht zwar weiterhin die Möglichkeit digitaler Betriebsratsarbeit vor. Die Voraussetzungen sind aber deutlich enger gefasst als nach den Übergangsregelungen. Eine moderne Neuausrichtung für die digitale Betriebsratsarbeit enthält das Gesetz leider nicht.

So ist auch nach den neuen Regelungen den Präsenzsitzungen grundsätzlich Vorrang zu gewähren. Entsprechend darf die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz nur erfolgen,

Ob und inwieweit die Möglichkeit der Video- oder Telefonkonferenz genutzt wird, steht hiernach also in dem alleinigen Ermessen des Betriebsrats. Der Arbeitgeber ist nach der Gesetzesbegründung nicht berechtigt, die Durchführung mittels Video- oder Telefonkonferenz zu verlangen.

Neu ist auch, dass Betriebsvereinbarungen nicht nur durch Unterschrift beider Parteien, sondern auch mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden können (§ 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG).

Keine Regelung zur digitalen Einigungsstellensitzungen

Eine Regelung zu digitalen Sitzungen von Einigungsstellen enthält das neue Gesetz leider nicht. Jedenfalls sofern die Einigungsstelle einen Beschluss fasst, ist die digitale Sitzung damit ausgeschlossen. Denn aus dem BetrVG folgt, dass die Einigungsstelle ihre Beschlüsse „nach mündlicher Beratung“ mit Stimmenmehrheit fasst. Ob Einigungsstellen ohne Beschlussfassung digital möglich bleiben, bleibt unklar. Auch insofern stellt das Betriebsrätemodernisierungsgesetz einen Rückschritt dar.

Fazit

Insgesamt bleibt das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz jedenfalls mit Blick auf digitale Betriebsratssitzungen hinter der alten Vorschrift aus der Corona-Pandemie zurück. Mutiger und zeitgemäßer wäre es gewesen, die digitale Betriebsratssitzung zum Standard zu machen. Die Nicht-Regelung von digitalen Sitzungen der Einigungsstelle sorgt für unnötige Rechtsunsicherheit.