OLG Düsseldorf: Nach VOL/A 2009 darf ungewöhnliches Wagnis übertragen werden

Regelungen, die nach früherem Vergaberecht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses unzulässig waren, sind nach dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 07.11.2011 (Az.: Verg 90/11) nach derzeit geltender Vergabeordnung für Leistungen (VOL/A 2009) in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-) Zumutbarkeit einer für Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation zu beanstanden.

06.12.2012 | Vergaberecht

Regelungen, die nach früherem Vergaberecht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses unzulässig waren, sind nach dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 07.11.2011 (Az.: Verg 90/11) nach derzeit geltender Vergabeordnung für Leistungen (VOL/A 2009) in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-) Zumutbarkeit einer für Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation zu beanstanden.

Der Auftraggeber schrieb europaweit im offenen Verfahren den Abschluss von Rahmenverträgen mit Apotheken zur Belieferung von onkologischen Vertragspraxen mit Zytostatika zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten aus. Der Antragsteller betreibt eine Apotheke und bereitet Zytostatika zu. Er beanstandet in den Vergabeunterlagen mehrfache Unklarheiten, die eine ordnungsgemäße Kalkulation verhindern und sich als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses darstellen würden. Das OLG weist den Antrag zurück. Das grundsätzliche Verbot, Bietern oder Auftragnehmern in der Leistungsbeschreibung oder in sonstigen Vergabeunterlagen ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die sie keinen Einfluss haben und deren Einfluss auf die Preise und Fristen sie nicht im Voraus schätzen könnten, sei von der VOL/A 2006 nicht in die VOL/A 2009 übernommen worden. Das Verbot bestehe somit als solches nicht mehr und sei daher auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Die Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses im Sinne der VOL/A 2006 kann somit nach geltender Rechtslage allenfalls noch unter dem Gesichtspunkt der (Un-) Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden (so auch bereits OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2011 – Az.: Verg 54/11). Unzumutbar in diesem Sinne kann z. B. eine Verlagerung vertragsüblicher Risiken sein, wenn etwa dem Auftragnehmer das die ausgeschriebene Leistung betreffende Verwendungsrisiko aufgebürdet würde. Dagegen stellt es generell keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn dem Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken übertragen würden, die diesem vertragstypischerweise ohnehin obliegen. Im Falle einer Rahmenvereinbarung, wie sie dem vorliegenden Fall zugrunde lag, sei der Auftraggeber im Unterschied zu § 8 Abs. 1 VOL/A-EG nur verpflichtet, die Vergabeunterlagen so genau wie möglich und objektiv zumutbar aufzustellen. Das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gelte bei Rahmenvereinbarungen nur eingeschränkt, da bei diesen naturgemäß gewisse unter Umständen auch weiterreichende Unsicherheiten bestünden, die den Auftragsumfang und die davon abhängige Preiskalkulation betreffen könnten. Somit müsse der Auftraggeber nur ihm bekannte, zugängliche oder zumutbare, d. h. unschwer zu beschaffende Informationen über den voraussichtlichen Auftragsumfang mit den Vergabeunterlagen uneingeschränkt zur Verfügung stellen.