Vera Lederer
Expertise
Ausbildung / beruflicher Werdegang
- Studium der Psychologie in München
- Studium der Rechtswissenschaften in München
- 2018 Zulassung als Rechtsanwältin
- Seit 2018 Rechtsanwältin bei LUTZ | ABEL
Aktuelles
Beurkundungspflicht bei Sonderwünschen im Bauträgervertrag
Sonderwünsche sind nach dem OLG München formbedürftig, sofern die Auflassung nicht bindend geworden ist. Der Vertrag selbst bleibt aber wirksam.Besprechung von OLG München, Urteil vom 14.08.2018, 9 U 3345/17 Bau
Sachverhalt
Zwischen den Parteien wurde ein Bauträgervertrag über ein Grundstück geschlossen, in dem sich der Bauträger zur Errichtung einer Doppelhaushälfte verpflichtete.
Die Parteien vereinbarten dabei, dass Sonderwünsche mit Zustimmung des Bauträgers zulässig seien. Unter Ziffer X. des notariellen Vertrags wurde vereinbart:
„Der Bauträger ist verpflichtet, dem Käufer das Eigentum am Vertragsgegenstand (…) Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreises zu verschaffen.“
Nach Vertragsschluss einigten sich die Parteien auf die Ausführungen weiterer Sonderwünsche. Diese wurden nicht notariell beurkundet.
Urteil
Das OLG München bestätigt die Nichtigkeit der nachträglichen Vereinbarungen über Sonderwünsche gemäß § 125 BGB, lässt aber die Wirksamkeit des ursprünglichen Bauträgervertrags unberührt.
Die nachträglich vereinbarten Sonderwünsche führen zu Änderungen und Ergänzungen der Leistungen des ursprünglichen Vertrags und sind als solche formbedürftig iSd § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann mit der Rechtsprechung des BGH, so etwa Urteil vom 14.09.2018, V ZR 213/17, nur dann gemacht werden, wenn die Auflassung bereits bindend geworden ist. Eine Auflassung wurde durch die Parteien vorliegend aber nicht erklärt.
Die Nichtigkeit der nachträglichen Sonderwunschvereinbarungen führt jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit gemäß § 139 BGB, da die Parteien im Vertrag bereits ausdrücklich festgehalten haben, dass Sonderwünsche zulässig seien. Damit war der Parteiwille bei Vertragsschluss darauf gerichtet, den Vertrag auch bei späterer Änderung durch Sonderwünsche aufrechtzuerhalten.
Praxishinweise
Für die Frage der Formbedürftigkeit von Sonderwünschen kommt es nach der Rechtsprechung entscheidend darauf an, ob die Auflassung bereits iSd § 873 Abs. 2 BGB bindend geworden ist.
Wird die Auflassung erklärt und nur der Vollzug durch den Notar von der nachweislichen Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht, sind Vereinbarungen über Sonderwünsche formfrei.
Wählen die Parteien hingegen einen zweistufigen Aufbau, in dem die Auflassung nach Kaufvertragsschluss gesondert erklärt wird, sind sämtliche Vereinbarungen über Sonderwünsche zwingend nichtig, sofern sie nicht notariell beurkundet wurden.
Die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme von der Beurkundungspflicht entspricht den Bedürfnissen der Praxis – erfahrungsgemäß werden nachträgliche Sonderwünsche so gut wie nie beurkundet. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass das Risiko einer nichtigen Vereinbarung nur durch Einhaltung der notariellen Form vollständig ausgeschlossen werden kann. Die Rechtsprechung des BGH findet nämlich dann ihre Grenzen, wenn die Voraussetzungen des Vollzugs selbst sich geändert haben oder die Auflassung nicht wirksam erklärt wurde.
Vereinbaren die Parteien nachträglich Sonderwünsche, ohne den Notar aufzusuchen, ist den Parteien dringend zuzuraten, sich mit der jeweils gewählten Vertragsgestaltung genau auseinanderzusetzen. Zwar hat die Nichtigkeit von Sonderwunschvereinbarungen nicht die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zur Folge. Da mit der Vereinbarung von Sonderwünschen aber erfahrungsgemäß erhebliche Vergütungsansprüche des Bauträgers begründet werden, ist ein entsprechender Umgang mit der Thematik „Sonderwünsche“ unerlässlich.
HOAI unwirksam: Geltung für inländische Sachverhalte
Nach Urteil des EuGH sind die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI europarechtswidrig. Auch inländischen Akteuren ist eine Berufung auf den Honorarrahmen verwehrt.Wir stellen Ihnen in einer Serie von Beiträgen die Auswirkungen der Entscheidung vom EuGH über das Ende der HOAI vor. Weitere Beiträge finden Sie unten.
1. Das Urteil des EuGH
Das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 schlägt hohe Wellen in der Baubranche: Die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind nach Ansicht des EuGH nicht mit der Dienstleistungsrichtlinie und der Niederlassungsfreiheit zu vereinbaren und damit europarechtswidrig.
Insbesondere brisant ist das Urteil, da nach Meinung des EuGH für die Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie ein grenzüberschreitender Sachverhalt gerade keine Voraussetzung ist. Folge hiervon ist, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI auch bei Verträgen zwischen Inländern nicht mehr wirksam vereinbart werden können.
2. Konsequenzen des Urteils
a) Bereits geschlossene Verträge
Bereits geschlossene Verträge, in denen die Geltung der HOAI vereinbart wurden, werden durch das EuGH-Urteil nur wenig tangiert.
Eine Nichtigkeit des bereits geschlossenen Vertrags nach § 134 BGB scheidet mangels Verstoß gegen ein Verbotsgesetz aus. Auch eine Anpassung nach § 313 BGB muss nicht erfolgen, da ein Festhalten am Vertrag für die Parteien nicht unzumutbar ist.
Sofern in dem bestehenden Vertrag bereits einen bezifferten Vergütungsbetrag benannt ist, ist dieser unproblematisch vereinbart. § 7 Abs. 1 HOAI ist nur insoweit unanwendbar, als die verpflichtenden Mindest- und Höchstsätze einen Honorarrahmen für die Parteien vorgeben. Vertragliche Vereinbarungen über die Vergütung sind weiter zulässig.
Sofern keine konkrete, schriftliche Honorarvereinbarung getroffen wurde, treffen die Vertragsparteien allerdings Auslegungsschwierigkeiten. Nach § 7 Abs. 5 HOAI wird im Falle einer fehlenden anderweitigen Vereinbarung unwiderleglich die Vereinbarung der Mindestsätze vermutet. Ob nunmehr der bisherige Mindestsatz als „ortsübliche Vergütung“ ausgelegt werden kann oder aber die Parteien zu Nachverhandlungen gezwungen sind, hat die Rechtsprechung zu entscheiden.
Eine gerichtliche Geltendmachung des Honorarrahmens, insbesondere bei Mindestsatzunterschreitung, ist jedenfalls ausgeschlossen.
b) Zukünftige Verträge
Bei Abschluss zukünftiger Verträge werden vertragliche Vereinbarungen über das Honorar wichtiger.
Die Parteien sind nun nicht mehr durch einen vorgegebenen Preisrahmen gebunden, sondern können die Vergütung frei bestimmen. Dies erfordert vorausschauendes Denken der Parteien bereits bei Vertragsschluss, da eine spätere gerichtliche Kontrolle über die Mindestsätze wegfällt.
Mit Blick auf die fehlende staatliche Vorgabe sollten daher zur zukünftigen Konfliktvermeidung die Grundlagen der Honorarberechnung, wie auch geschuldete Leistungen und mögliche Zuschläge, im Planungsvertrag festgehalten werden. Hier bietet sich ein Rückgriff auf die praxiserprobten Kriterien des § 6 HOAI an.
3. Fazit
Der Verordnungsgeber hat nunmehr ein Jahr Zeit, den Verstoß abzustellen.
Inwieweit die noch wirksamen Regelungen der HOAI, insbesondere Grundlagen der Honorarberechnung, Honorartafeln und Leistungsbilder, dabei beibehalten werden, wird sich zeigen. In Hinblick auf das große Vertrauen der Praxis in die für Verträge mit Architekten und Ingenieuren zugeschnittene HOAI wäre eine Übernahme zumindest in den Grundzügen aber wünschenswert.
Weitere Beiträge zum Thema HOAI:
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EuGH kippt HOAI, Dr. Benjamin Baisch
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Vergaberecht: Konsequenzen der EuGH-Entscheidung, Dr. Daniel Junk
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HOAI verstößt gegen Europarecht!, Ulrich Eix
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Photovoltaikanlagen – fünfjährige Verjährungsfrist erneut bestätigt!
Der BGH rechtfertigt die Anwendung der längere Verjährungsfirst mit der typische Risikolage; dabei genügt das abstrakte Risiko spät erkennbarer Mängel.Besprechung von BGH, Urteil vom 10.01.2019 - VII ZR 184/17, IBRRS 2019, 0649
Sachverhalt
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt baute der Auftraggeber ein Bürogebäude in ein Studentenwohnheim mit 120 Einheiten um, wobei das Bestandsgebäude komplett entkernt wurde. Die Photovoltaikanlage wurde über mehrere Stockwerke hinweg in die Fassade des umgestalteten Gebäudes integriert und übernahm auch die Funktion des Putzes in diesen Bereichen.
Beklagter war der Ingenieur, der mit der Planung und Bauüberwachung der Photovoltaikanlage beauftragt war. Bereits kurz nach Einbau der Anlage im November 2003 wurde im Zuge einer Teilabnahme festgestellt, dass die Anlage nicht die prognostizierte Leistung erbrachte. Daraufhin leitete der Auftraggeber im April 2005 ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Im September 2014 erhob der Auftraggeber Klage und verlangte u.a. die Kosten einer durchgeführten Sanierung sowie entgangene Einspeisevergütung bis zur Sanierung. Der beklagte Ingenieur berief sich auf Verjährung.
Urteil
In Bestätigung vorangegangener Urteile wies der BGH die Einrede der Verjährung zurück, da die fünfjährige Verjährungsfirst des § 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB Anwendung finde.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei § 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch für Umbauarbeiten anwendbar, die für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind, sofern die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden.
Nach Auffassung des BGH kam es hier auch nicht auf die streitige Frage an, ob eine Photovoltaikanlage selbst Bauwerksqualität hat. Nicht entscheidungserheblich war auch, ob aufgrund der dienenden Funktion des Photovoltaikanlage das Gebäude hierdurch zugleich Trägerobjekt der Anlage wird.
Stattdessen stellte der BGH darauf ab, dass bei integrierten Photovoltaikanlagen die typische Risikolage vorliegt, die die Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist rechtfertigt. Diese ergibt sich daraus, dass sich auch hier Mängel typischerweise erst weit nach Abschluss des Bauvorhabens zeigen. Die verzögerte Erkennbarkeit ist einerseits bedingt durch die Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten, andererseits durch die nutzungsbedingte Witterung.
Ausreichend ist dabei bereits die abstrakte Möglichkeit einer verzögerten Erkennbarkeit auftretender Mängel. Ob sich ein Mangel im Einzelfall bereits kurz nach Abschluss des Bauvorhabens zeigt, ist unbeachtlich – allein das abstrakte Risiko für die Annahme der längeren Verjährung genügt!
Praxishinweise
Der BGH hat mit dieser Entscheidung einmal mehr klargestellt, dass Planungs- und Ausführungsbeauftrage bei Photovoltaikanlage im Zweifel davon ausgehen müssen, der fünfjährigen Verjährungsfrist zu unterliegen. Zwar ist die Frage, inwieweit bei nicht vollständig integrierten Anlagen § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB Anwendung findet, längst nicht abschließend geklärt. Mit diesem Urteil des BGH aber ist klargestellt, dass bereit das abstrakte Risiko spät erkennbarer Mängel für eine verlängerte Verjährungsfrist ausreicht.