Kein Entzug des Dienstwagens aus wirtschaftlichen Gründen

Unwirksam ist eine Vereinbarung, nach der ein Arbeitgeber allein aufgrund „der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ eine Dienstwagenüberlassung mit privater Nutzungsmöglichkeit widerrufen darf (LAG Niedersachsen vom 28.03.2018, 13 Sa 305/17).

Kein Entzug des Dienstwagens aus wirtschaftlichen Gründen
Kein Entzug des Dienstwagens aus wirtschaftlichen Gründen

15.06.2018 | Arbeitsrecht

Worum geht es?

Die Beklagte stellte dem Kläger einen Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit zur Verfügung. Zu Gunsten der Beklagten wurde vereinbart, dass sie den Dienstwagen „aus sachlichen Gründen, insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ entziehen durfte, „sofern dies dem Arbeitnehmer zumutbar ist.“

Der vorstehende Begriff der „wirtschaftliche Entwicklung“ wurde in der Vereinbarung nicht näher definiert. In den folgenden Geschäftsjahren erlitt die Beklagte wirtschaftliche Verluste von mehreren Millionen Euro. Daraufhin widerrief sie die Dienstwagenüberlassung gegenüber dem Kläger und führte als Begründung die „schlechte wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens“ an.

Der Kläger erhob daraufhin Klage auf Überlassung des Dienstwagens. Mit seiner Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen („LAG“) hatte er letztlich Erfolg.

Die Entscheidung des LAG: Unwirksamkeit der Widerrufsklausel

Die Widerrufsklausel ist nach Ansicht des LAG unwirksam. Denn die Angabe, dass der Arbeitgeber die Dienstwagenüberlassung „aus sachlichen Gründen, insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“, widerrufen darf, sei zu weit gefasst und halte damit einer AGB-Kontrolle nicht stand (§§ 308 Nr.4, 307 BGB).

Die private Nutzungsmöglichkeit darf als regelmäßiger Teil des Arbeitsentgelts nicht ohne Weiteres entzogen werden. Voraussetzung für einen wirksam vereinbarten Widerrufsvorbehalt ist vielmehr dessen Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer muss der Klausel insoweit entnehmen können, wann er mit einem Entzug des Dienstwagens rechnen muss.

Diesen Anforderungen werde die vorliegende Klausel nicht gerecht. Ihr könne nicht entnommen werden, dass allein „negative“ wirtschaftliche Entwicklungen des Unternehmens einen Widerrufsgrund darstellen. Es bleibe unklar, ob hiermit etwa eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, Verluste oder aber bereits ein Gewinnrückgang gemeint seien. Denn nicht jeder Grund, der die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens betreffe, sei ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung. Dass die Widerrufsklausel den Entzug des Dienstwagens nur erlaubt „sofern dies dem Arbeitnehmer zumutbar ist“, ändere an der fehlenden Konkretisierung nichts.

Praxishinweis

Die Entscheidung des LAG sollte von Arbeitgebern aufmerksam zur Kenntnis genommen werden. Denn anders als bisher in der Rechtsprechung vertreten, hat das LAG die Anforderungen an die Wirksamkeit eines Widerrufsvorbehalts verschärft. Es ist zu empfehlen, auch andere ähnliche – in Arbeitsverträgen oft verwendete Formulierungen – wie den Widerrufsvorbehalt aus „wirtschaftlichen Gründen“ ohne nähere Konkretisierung nicht mehr zu verwenden. Dies gilt nicht nur bei der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung, sondern auch für andere Formen von Widerrufsvorbehalten (z.B. Widerruf von Sonderzahlungen). Arbeitgeber sollte daher, in allen Fällen die Widerrufsgründe, zumindest in einer beispielhaften Verdeutlichung, im Vertragstext hinreichend darstellen. Gegen das Urteil des LAG wurde die Revision zugelassen.