Bevorstehendes BGH-Urteil: Kürzung der Gewerbemiete in der Corona-Pandemie?

 Matthias Schütt

Matthias Schütt

Der Gesetzgeber wollte die Verhandlungsposition des Gewerbemieters in der Corona-Pandemie stärken. Schon bald bekommt der BGH die Gelegenheit zu klären, ob das tatsächlich gelungen ist.

Bevorstehendes BGH-Urteil: Kürzung der Gewerbemiete in der Corona-Pandemie?
Bevorstehendes BGH-Urteil: Kürzung der Gewerbemiete in der Corona-Pandemie?

08.03.2021 | Bau- und Immobilienrecht

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie haben Länder und Kommunen das öffentliche Leben stark eingeschränkt. Flächendeckend wurden Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomie geschlossen, Beherbergungsbetriebe dürfen Übernachtungen nur noch zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken anbieten. Diese staatlichen Maßnahmen haben erhebliche finanzielle Auswirkungen für diejenigen Gewerbetreibenden, die von den Schließungen betroffen sind.

Zahlungspflicht des Mieters trotz eingeschränkter Nutzbarkeit?

Bei den betroffenen Parteien besteht Unsicherheit, inwiefern sich die eingeschränkte Nutzbarkeit der Mietobjekte auf die Zahlungspflichten der Mieter auswirkt. Stand Dezember 2020 konnten sich nur 28 % der stark betroffenen Hoteliers und Gastronomen mit ihren Verpächtern/Vermietern auf eine Minderung oder einen Verzicht einigen. Die restlichen 72 % zahlen weiterhin die volle Miete. 

Was ist mit Mietern von Büroflächen?

Aufgrund der am 27. Januar 2020 in Kraft getretenen Corona-Arbeitsschutzverordnung wird sogar darüber diskutiert, ob auch Mieter von Büroflächen weiterhin die volle Miete zahlen müssen oder eine Mietreduktion verlangen können. Denn bis zum 15. März 2021 sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Arbeitnehmern Homeoffice anzubieten. Weiterhin müssen pro Person mindestens 10 m² zur Verfügung stehen, soweit Arbeitsräume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden. Vor dem Hintergrund dieser Auflagen stellt sich die Frage, ob die Verwendbarkeit von Büroräumen noch vollumfänglich gegeben ist

Mietmangel oder Störung der Geschäftsgrundlage?

Auch die Gerichte sind sich bislang bei der Frage uneinig, ob die Corona-Auflagen einen Mietmangel oder möglicherweise eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB darstellen.

Nachdem der Gesetzgeber die Unsicherheit im Rahmen der Anwendung des § 313 zur Kenntnis genommen hatte, wurde mit einer Gesetzesänderung im Dezember 2020 (neuer Art. 240 § 7 EGBGB) klargestellt, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich eine Störung der Geschäftsgrundlage für ein Gewerbemietverhältnis bedeutet. Dabei findet die Gesetzesänderung auch auf Sachverhalte aus dem Frühjahr 2020 Anwendung. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte die Verhandlungsposition des Gewerbemieters gestärkt und an die Verhandlungsbereitschaft der Parteien des Mietvertrags appelliert werden.

Jetzt liegen die ersten zweitinstanzlichen Gerichtsurteile vor, welche die Gesetzesänderung zu berücksichtigen hatten:

Mit Urteil vom 24. Februar 2021 hat das OLG Karlsruhe der Klage eines Gewerbevermieters, gegen den Textil-Discounter KiK, auf Zahlung einbehaltener Miete stattgegeben. Nach Ansicht des Gerichts stellen die dem Textil-Discounter auferlegten Corona-Auflagen keinen Mangel der Mietsache dar. Ferner sei dem Textil-Discounter die Zahlung der vollen Miete auch weiterhin zumutbar. Dies ergebe eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls, bei der der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensation durch oOnline-Handel, öffentliche Leistungen und ersparte Aufwendungen, z.B. durch Kurzarbeit, zu berücksichtigen seien.

Gegenteiliger Auffassung war das OLG Dresden – hier ging es ebenfalls um eine Klage des Vermieters gegen den Textil-Discounter KiK – welches mit Urteil vom 24. Januar 2021 entschied, dass eine hälftige Herabsenkung der Miete, aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage, interessengerecht sei. Die Richter argumentierten, dass eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt sei, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei daher im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen.

Bevorstehendes BGH-Urteil

Aufgrund der Gesetzesänderung zum Gewerbemietrecht, werden die staatlichen Corona-Maßnahmen von den Gerichten derzeit nicht mehr als Mietmangel behandelt, sondern als Störung der Geschäftsgrundlage. Im Rahmen der Prüfung der Störung der Geschäftsgrundlage stellt sich heraus, dass das Tatbestandsmerkmal der Zumutbarkeit streitentscheidend ist. Die Anforderungen an dieses Zumutbarkeitskriterium werden von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

Sowohl das OLG Dresden als auch das OLG Karlsruhe haben die Revision zugelassen. Sollten sich die klagenden Vermieter entscheiden in Revision zu gehen, bekommt der BGH schon bald die Gelegenheit für eine einheitliche Rechtsprechung so sorgen. 

Sollten Sie als Vermieter oder Mieter von den staatlich auferlegten Corona-Maßnahmen betroffen sein, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, wir unterstützen sie gerne bei Ihren Verhandlungen: schuett@lutzabel.com.