Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistung

Bei der Frage, ob die Leistung eines Bauträgers dem Vertragssoll entspricht, sind sämtliche Umstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen. Es kommt nicht allein auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik an.

Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistung
Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistung

29.01.2015 | Bau- und Immobilienrecht

Einführung

Die Leistung eines Bauträgers ist mangelhaft, wenn die tatsächliche Beschaffenheit negativ von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Fehlt eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung, ist maßgeblich auf die Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, sonst auf die gewöhnliche Verwendung und eine Beschaffenheit abzustellen, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann (§ 633 Abs. 2 BGB).

Die Bestimmung der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit in Bauträgerverträgen bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten und soll im Folgenden anhand von aktuellen Beispielen aus der Rechtsprechung veranschaulicht werden.

OLG Frankfurt a.M.

Das OLG Frankfurt a.M. (Az.: 3 U 110/13) hatte darüber zu entscheiden, ob die von einem Bauträger zu errichtende Wohnung nebst Stellplatz mangelhaft ist, wenn ein Einparken mit größeren Pkw nur mit äußerst aufmerksamer Fahrweise, rückwärts und nach mehrmaligem Rangieren möglich ist.

Das Gericht hat einen Mangel bejaht. Im vorliegenden Fall durften die Käufer erwarten, dass auf dem zur Wohnung gehörenden Parkplatz ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abgestellt werden kann, da die Wohnung als hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet angeboten wurde.

Im Rahmen der Entscheidung hat das Gericht klargestellt, dass es nicht allein auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik ankommt, sondern darüber hinaus ein subjektiver Mangelbegriff gilt.

OLG Brandenburg

Das OLG Brandenburg (Az.: 12 U 115/12) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Treppenanlage einer Doppelhaushälfte mangelhaft ist, wenn sie teilweise als schwer begehbar empfunden wird.

Eine Treppe ist mangelhaft, wenn sie den üblichen Erwartungen an die Beschaffenheit der Bauleistung, unter Berücksichtigung des Vertragsinhaltes und der sich hieraus ergebenden Besonderheiten des Bauwerks, nicht entspricht. Ergibt das Gesamtbild vereinbarter Leistungsmerkmale ein hohes Qualitätsniveau des Bauwerks, müssen auch nicht konkret bestimmte Leistungsteile und Merkmale diesem Niveau entsprechen, wobei eine fehlerhafte Leistung vorliegt, wenn sie von der so konkretisierten typischen Normalbeschaffenheit entsprechender Bauleistungen abweicht.

Vor diesem Hintergrund nimmt das Gericht einen Mangel an. Denn die Treppenanlage entspricht zwar den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Allerdings befindet sie sich in einem hochwertigen Doppelhaus mit großzügiger Raumaufteilung und einer hochwertigen Qualität für anspruchsvolles Wohnen. Auch der Preis und die Lage spielen im Hinblick auf den Qualitätsstandard eine Rolle.

BGH

Der BGH (Az.: VII ZR 275/12) hatte zu klären, ob die Hof- und Zugangsfläche einer Wohnanlage über ein Gefälle zum leichteren Abfluss von Oberflächenwasser verfügen muss. Er hat die Sache zur Entscheidung an das OLG Frankfurt a.M. zurückverwiesen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe weist das Gericht auf Folgendes hin:

Aus dem Umstand, dass ein bestimmtes Ausführungsdetail nicht erwähnt ist, kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass es nicht geschuldet ist. Vielmehr muss unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Vertrages geprüft werden, ob eine bestimmte Qualität der Ausführung stillschweigend vereinbart ist. Entsprechende Qualitätsanforderungen können sich nicht nur aus dem Vertragstext selbst, sondern auch aus sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten Verhältnissen des Bauwerks und seines Umfeldes, dem qualitativen Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des Gebäudes ergeben.

Fazit

Den vorgenannten Entscheidungen ist zu entnehmen, dass es bei der Bestimmung des vertraglich geschuldeten Erfolges nicht allein auf die Einhaltung technischer Normen und Standards ankommt. Vielmehr sind (auch) bei Bauträgerverträgen die berechtigten Erwartungen des Käufers, basierend auf den gesamten, bei Vertragsschluss vorliegenden Umständen, maßgeblich.