Ersterwerber bleibt Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft

BGH: Ein werdender Wohnungseigentümer bleibt auch dann Mitglied des Verbands, wenn er die Einheit unter Abtretung des vorgemerkten Übereignungsanspruchs und Besitzübertragung veräußert; der Erwerber ist nicht als werdender Wohnungseigentümer anzusehen.

Ersterwerber bleibt Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft
Ersterwerber bleibt Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft

12.11.2015 | Bau- und Immobilienrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 24.07.2015 (Az.: V ZR 275/14) entschieden, dass der Ersterwerber einer Eigentumswohnung, im Falle der Weiterveräußerung vor Umschreibung im Grundbuch, Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft bleibt.

Der Sachverhalt

Die Tochter der späteren Beklagten kaufte mit notariellem Vertrag eine noch zu errichtende Eigentumswohnung samt Tiefgaragenstellplätzen. Nach Fertigstellung des Gebäudes wurde ihr die Wohnung samt Stellplätzen zur Nutzung überlassen, die sie noch vor Umschreibung des Eigentums im Grundbuch an ihre Mutter – die spätere Beklagte – veräußerte.

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Beklagten Zahlung von Abrechnungsspitzen, rückständiges Hausgeld und anteilige Zahlung einer Sonderumlage. Ohne Erfolg!

Die Entscheidung

Nach der Entscheidung des BGH schuldet die Beklagte die geforderten Beträge nicht, da sie nicht Wohnungseigentümerin im Sinne von § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist. Vielmehr bleibt die Tochter der Beklagten Wohnungseigentümerin nach dem WEG, ungeachtet der vorgenommenen Veräußerung.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen, wenn er den Besitz an der Wohnung erlangt. Infolge dessen kann der werdende Wohnungseigentümer einerseits Mitwirkungsrechte ausüben, andererseits hat er gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen. Veräußert der Erwerber seine Wohnung, noch bevor er selbst Eigentümer geworden ist, bleibt er werdender Wohnungseigentümer.

Zur Begründung stützt sich das Gericht in erster Linie auf praktische Erwägungen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss unschwer ermitteln können, wer die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten innehat, also zu Eigentümerversammlungen eingeladen werden muss, dort das Stimmrecht ausüben darf und die Kosten und Lasten zu tragen hat. Eine Veräußerung durch den werdenden Wohnungseigentümer ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft jedoch nicht mit der erforderlichen Gewissheit ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten ist kein anderes Ergebnis gerechtfertigt. Zwar erlangt der Erwerber nicht die Rechte des Wohnungseigentümers, kann jedoch im Innenverhältnis durch entsprechende vertragliche Regelungen sicherstellen, dass seine Rechtstellung weitgehend der eines Wohnungseigentümers angenähert wird. Auch der Veräußerer kann sich vertraglich absichern, indem er einen Schuldbeitritt des Erwerbers im Wege eines echten Vertrages zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart. Aus Sicht der Wohnungseigentümergemeinschaft wird auf diese Weise am ehesten gewährleistet, dass deren Mitglieder mit der erforderlichen Sicherheit bestimmt werden können.

Fazit

Demnach ist bei der Veräußerung von Wohnungseigentum vor Eintragung des (Erst-)Erwerbers im Grundbuch darauf zu achten, dass im Rahmen der Weiterveräußerung mit dem Erwerber auch eine Vereinbarung über die Ausübung des Stimmrechts und die Tragung von Kosten und Lasten getroffen wird. Zudem sollte zur Absicherung des veräußernden (Erst-)Erwerbers ein Schuldbeitritt des Erwerbers im Wege eines echten Vertrages zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart werden.