Vorzeitige Kündigung wegen Schriftformverstoß

Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Krefeld zeigt erneut, dass bei Änderungen von Mietverträgen mit fester Laufzeit unbedingt auf die Einhaltung der Schriftform zu achten ist. Auf sog. Schriftformheilungsklauseln können sich die Parteien nicht verlassen.

Vorzeitige Kündigung wegen Schriftformverstoß
Vorzeitige Kündigung wegen Schriftformverstoß

18.10.2016 | Bau- und Immobilienrecht

Hintergrund

Nach § 550 BGB bedürfen Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen werden, der Schriftform gemäß § 126 BGB. Die Unterschrift der Parteien muss also auf derselben Urkunde erfolgen. Das Schriftformerfordernis gilt nicht nur für den Ursprungsvertrag, sondern auch für sämtliche Vertragsänderungen, es sei denn, dass sie unwesentlich sind oder nur für einen geringeren Zeitraum als ein Jahr nach Überlassung der Mietsache Bedeutung haben.

Ob und in welcher Form sogenannten Schriftformheilungsklauseln zulässig sind, ist umstritten und höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedenfalls ein Grundstückserwerber durch eine solche Klausel nicht daran gehindert, den Vertrag unter Berufung auf die fehlende Schriftform zu kündigen.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Krefeld ist eine Klausel, wonach die vorzeitige Kündigung unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform ausgeschlossen ist (auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien) nichtig.

Zum Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über Räume und Flächen, in denen die Mieterin und spätere Beklagte ein Fitnessstudio mit Gastronomie betrieb. Im Zuge von Umbauarbeiten sollte sie Räume im 1. OG beziehen. Daher wurde ein neuer Mietvertrag mit einer festen Laufzeit von 12 Jahren geschlossen.

Im weiteren Verlauf kam es zu Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Übergabe der Flächen im 1. OG und wegen Mängeln am Mietgegenstand.

In diesem Zusammenhang übersandte die Mieterin der Vermieterin und späteren Klägerin ein Angebot. Dieses beinhaltete einen verbindlichen Übergabetermin. Zudem sollte für den Fall, dass eine Übergabe des Mietgegenstandes in vertragsgemäßem Zustand nicht rechtzeitig erfolgt, die Mieterin insoweit von sämtlichen Mietzahlungsverpflichtungen freigestellt werden. Die Vermieterin faxte das entsprechende Schreiben unterschrieben und mit dem Vermerk „hiermit anerkannt“ an die Mieterin zurück.

Später kündigte die Vermieterin den Mietvertrag und berief sich dabei auf die fehlende Schriftform. Mit ihrer Klage vor dem Landgericht Krefeld begehrt sie u.a. Räumung und Herausgabe der Mietflächen.

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Nach der Entscheidung des Landgerichts Krefeld vom 25.05.2016 (Az. 2 O 86/14) ist die Beklagte verpflichtet, den Mietgegenstand zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Der Mietvertrag konnte ordentlich gekündigt werden. Denn die zwischen den Parteien nachträglich getroffenen Vereinbarung wahrt nicht die nach § 550 BGB notwendige Schriftform. Infolge dessen wurde das eigentlich zeitlich befristete Mietverhältnis in ein auf unbestimmte Zeit laufendes und damit ordentlich kündbares Mietverhältnis umgewandelt. Daran ändert auch die vereinbarte Schriftformheilungsklausel nichts. Im Einzelnen:

Schriftformverstoß

Mit der Vereinbarung wurde der ursprüngliche Mietvertrag in wesentlichen Punkten abgeändert. Die Vereinbarung hätte damit der Schriftform bedurft.

Die Schriftform wurde vorliegend schon deswegen nicht eingehalten, weil es an einer einheitlichen Urkunde fehlte, die von beiden Parteien unterschrieben wurde.

Darüber hinaus war nicht erkennbar, dass die vertraglichen Vereinbarungen, die sich auf mehrere Urkunden erstreckten, zusammengehören. Dies muss aber in geeigneter Weise kenntlich gemacht werden. Zwar ist keine körperliche Verbindung zwischen den Dokumenten erforderlich. Es bedarf aber zumindest einer gedanklichen Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss. Dazu muss der ändernde Vertrag auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Unterlagen verweisen, damit so die der Schriftform unterliegenden vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfasst sind. Außerdem muss erkennbar sein, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages bleiben soll. Diesen Anforderungen wurde die nachträglich zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung jedoch nicht gerecht.

Unwirksamkeit der Heilungsklausel

Die Klägerin konnte sich auf die fehlende Schriftform berufen, obwohl sich die Parteien im Rahmen des Mietvertrages dazu verpflichtet haben, diesen und etwaige Änderungsverträge nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen.

Denn bei dem Schriftformgebot des § 550 BGB handelt es sich nach überwiegender Auffassung um zwingendes Recht, das nicht abbedungen werden kann. Auch wenn die Vorschrift vornehmlich den Erwerber eines Grundstücks schützen soll, gilt das Schriftformgebot mit seiner Rechtsfolge doch unbeschränkt, also auch schon vor einer Veräußerung. Es dient damit zumindest auch dem Schutz der Vertragsparteien, so dass eine Umgehung durch die vereinbarte Kündigungsbeschränkung unzulässig ist. Denn hiermit wird den Parteien das Recht genommen, den Vertrag im Falle eines Schriftformverstoßes vorzeitig zu kündigen, so dass ein etwaiger Schriftformverstoß letztendlich folgenlos bliebe.

Praxishinweis

Bei befristeten Mietverträgen sollte unbedingt auf die Einhaltung der Schriftform geachtet werden. Das gilt auch für nachträgliche Vertragsänderungen.

Auf Schriftformheilungsklauseln ist kein Verlass. Wie die Entscheidung des Landgerichts Krefeld zeigt, können Klauseln, die das Schriftformgebot umgehen sollen auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien unwirksam sein.

Selbstverständlich verbleibt die Möglichkeit, Schriftformverstöße durch formwirksame Nachtragsvereinbarungen zu heilen. Die aktuelle Rechtsprechung sollte man dabei aber stets im Blick behalten.