30.08.2017 | Vergaberecht
Auf einem ehemaligen Werksgelände in der Nähe des Ostbahnhofs wird das neue Konzerthaus München entstehen. Das Konzertpublikum soll hier künftig Musik auf Weltklasseniveau genießen. Die Aufgabe für die Architekten ist daher denkbar anspruchsvoll. Das neue Konzerthauses München soll einen großen Symphonie-Saal mit 1.800 Plätzen, einen kleiner Saal mit 600 Plätzen und ein Werkstattraum mit etwa 200 Plätzen umfassen. Die Architekten haben in ihren Entwürfen Räume für die musikalische Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu berücksichtigen. In dem Gebäude sind außerdem Flächen für Foyer, Gastronomie, Läden und Büros unterzubringen.
Der beste Entwurf wird auf der Grundlage dieser herausfordernden Planungsaufgabe durch einen Architektenwettbewerb mit einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb ermittelt. Das Staatliche Bauamt München 1, das als Auslober dieses Architektenwettbewerbs auftritt, hatte somit zunächst im Teilnahmewettbewerb aus den rund 200 sich bewerbenden Architekturbüros, mit Hilfe eines beratenden Gremiums aus Architekturexperten, die besten Architekturbüros für den sich anschließenden Architektenwettbewerb auszuwählen. Die Auswahl der Bewerber erfolgte durch die Bewertung der von den Architekturbüros eingereichten Projektreferenzen.
Der Architekt Prof. Stephan Braunfels, der in diesen Kreis von 35 Teilnehmern des Architektenwettbewerbs nicht ausgewählt worden war, wandte sich in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren gegen die Bewertung seiner Projektreferenzen. Der bereits begonnene Architektenwettbewerb musste deswegen vorläufig unterbrochen werden.
Das Oberlandesgericht München wies nun in zweiter Instanz die sofortige Beschwerde des Architekten gegen die Entscheidung der Vergabekammer, die die Nichtberücksichtigung von Braunfels im Ergebnis bereits gebilligt hatte, zurück. Der Vergabesenat des OLG München sieht „den Beurteilungsspielraum der Jury nicht überschritten“. Es sei nicht erkennbar, dass die Entscheidung „von sachfremden Kriterien geleitet“ gewesen sei. Auch könne und wolle sich das Gericht „nicht an die Stelle der Gremien setzen“. Aus dem Gebot der Gleichbehandlung folge, dass der Auslober bei der Bewertung der Projektreferenzen des Antragstellers keine anderen Erkenntnisse und Gesichtspunkte heranziehen darf als bei den anderen Bewerbern. Hieran hat sich der Auslober gehalten. Eine vergaberechtswidrige Bewertung der Projektreferenzen hat nicht stattgefunden und konnte somit von Vergabesenat im Ergebnis nicht festgestellt werden. Die Entscheidung des OLG München ist rechtskräftig.
Der bayerische Staatsminister Joachim Herrmann verkündete vor diesem Hintergrund mit Blick nach vorne: „Der Architektenwettbewerb kann endlich fortgesetzt werden. Die Entwürfe der Architekturbüros wurden längst alle eingereicht. Jetzt kann die Auswertung beginnen. Der Wettbewerbsgewinner soll schon im Herbst feststehen. Baustart ist im Frühsommer 2018 geplant“.
Vertreter Freistaat Bayern (Beschwerdegegner)
Inhouse (München): Walter Kießling, Gerhard Steiner, Dr. Markus Meckler, Roman Weifenbach (alle Vergabe-, Bau- und Architektenrecht)
LUTZ | ABEL (München): Tobias Osseforth (Federführung); Dr. Mathias Mantler (beide Vergabe- und Architektenrecht und aus dem Markt bekannt)
Kraus Sienz & Partner (München): Bernhard Stolz (Vergabe- und Architektenrecht und aus dem Markt bekannt)
Vertreter Stephan Braunfels Architekten (Beschwerdeführer)
LHD Hinterhäuser Dreyer (Berlin): Andreas Hinterhäuser (Vergaberecht)
Hintergrund: Der Freistaat Bayern vertraute in beiden Instanzen auf ein kanzleiübergreifendes Team aus den Vergaberechtlern Osseforth und Mantler (LUTZ | ABEL) sowie Stolz (Kraus Sienz), die gemeinsam mit den Vertretern des Freistaats Bayern den Erfolg sicherten. Damit kann das für den Freistaat und die Stadt München sehr bedeutsame Projekt nun ohne weitere Verzögerungen fortgeführt werden.