Unwirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln

Schriftformheilungsklauseln beim Gewerberaummietvertrag sind unwirksam. Formmängel des Vertrages führen zur Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung auch bei fester Laufzeit.

Unwirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln
Unwirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln

05.12.2017 | Bau- und Immobilienrecht

Hintergrund:

Gewerberaummietverträge werden häufig mit festen Laufzeiten geschlossen, die beiden Parteien Planungssicherheit verschaffen sollen. Solche Befristungen (= der Ausschluss der ordentlichen Kündigung für den vereinbarten Zeitraum) sind aber nach § 550 BGB unwirksam, wenn der Mietvertrag nicht dem Schriftformerfordernis genügt. Ein Schriftformverstoß liegt vor, wenn die wesentlichen Vertragsregelungen (vor allem Parteien, Mietzeit, Miethöhe und Mietgegenstand) nicht im Mietvertrag niedergelegt sind. Jeder Mangel der Schriftform führt dazu, dass der Vertrag nach Ablauf des erstens Jahres ordentlich gekündigt werden kann. Die Kündigungsfrist beträgt (fast) 6 Monate.

Der Fall:

Der Beklagte = Mieter hatte 1998 vom Vermieter eine Gewerbeeinheit angemietet auf Basis eines (schriftformkonformen) Vertrages mit einer festen Laufzeit. Im Jahr 2011 schrieb der Vermieter den Mieter an und bat um Anpassung der Indexklausel auf 5 %. Der Beklagte antwortete: „6 % einverstanden“. Im Mai 2011 forderte der Vermieter auf Basis dieser Klausel die angepasste Miete. Der Beklagte zahlte fortan entsprechend.

Im Juni 2014 kündigte der Vermieter zum 31.12.2014. Nachdem der Beklagte die Mietsache nicht räumte, klagte der Vermieter auf Räumung. Landgericht und OLG wiesen die Klage ab.

Die Entscheidung:

In seiner Entscheidung stellte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.09.2017, AZ: XII ZR 114/16) klar, dass die Einigung auf Anpassung der Mietanpassungsklausel einen Schriftformverstoß begründete und Schriftformheilungsklauseln ausnahmslos unwirksam sind, weil § 550 BGB zwingendes Recht ist, das von den Parteien nicht – weder durch AGB noch Individualvereinbarung – abbedungen werden kann.

Die Klage des Vermieters wurde nur deshalb (ausnahmsweise) abgewiesen, weil das Gericht in der Kündigung einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) gesehen hat. Hiergegen verstoße eine Partei, die „eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen“.

Praxishinweise:

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass ab sofort für Vermieter und Mieter beim befristeten Gewerberaummietvertrag die (ohnehin schon immer geltende) Maxime lauten muss: Schriftform! Schriftform! Schriftform! – und zwar sowohl beim Abschluss des Mietvertrages als auch während der Laufzeit des Mietverhältnisses. Auch geringfügig erscheinende Abreden (zum Beispiel durch E-Mail Austausch) können einen Schriftformverstoß und damit ein Kündigungsrisiko herbeiführen.

Es gilt daher künftig besondere Vorsicht. Alle (!) vom Vertrag abweichenden Regelungen sind ausschließlich in einem schriftformkonformen Nachtrag festzuhalten. Hierzu sollte im Zweifel ebenfalls entsprechende rechtliche Beratung eingeholt werden.

Andererseits bietet die Rechtsprechung auch Chancen für solche Vermieter und Mieter, die aus einem langfristigen Mietvertrag lieber heute als morgen aussteigen wollen. Diese sollten sich rechtlichen Rat einholen, ob ggf. eine mangelhafte Schriftform die Möglichkeit zum Exit bietet.