Formwidrige Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit dem Zusatz „i.A.“

Dr. Bernd Fluck

Dr. Bernd Fluck

Die Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit dem Zusatz „i.A.“ genügt den Formerfordernissen an einen Schriftsatz grundsätzlich nicht.

Formwidrige Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit dem Zusatz „i.A.“
Formwidrige Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit dem Zusatz „i.A.“

29.11.2018 | Litigation und Arbitration

Inhalt

Erfolgt die Unterzeichnung eines Schriftsatzes durch einen Anwalt mit dem Zusatz „i.A.“, erfüllt der Schriftsatz bei Prozessen mit Anwaltszwang grundsätzlich nicht die maßgeblichen Formerfordernisse der Zivilprozessordnung. Eine Ausnahme hierzu besteht allenfalls, wenn der unterzeichnende Anwalt Mitglied in einer von dem Auftraggeber mandatierten Sozietät ist und (z.B. über den Briefkopf des Schriftsatzes) der Sozietät erkennbar zuzuordnen ist (BGH, Urteil vom 27.02.2018, Az.: XI ZR 452/16 = NJW 2018, 1689 ff.)

Sachverhalt

Die Klägerin hatte in dem Verfahren erstinstanzlich Feststellungsklage erhoben gerichtet auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines nach ihrer Auffassung wirksam widerrufenen Darlehensvertrags. Die Klage wurde in I. Instanz abgewiesen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Berufung. Der auf dem Kanzleibriefkopf der durch die Klägerin mandatierten Anwaltssozietät verfasste Berufungsschriftsatz nannte auf der ersten Seite mehrere in der Sozietät tätige Anwälte. Unterzeichnet war der Schriftsatz jedoch durch eine nicht auf dem Briefkopf genannte und nicht bei der Sozietät angestellte Rechtsanwältin mit dem Zusatz: „i.A., S..., Rechtsanwältin, Freie Mitarbeiterin“.

Das zweitinstanzlich zuständige OLG Koblenz wies die Berufung als unbegründet zurück. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des OLG Koblenz auf und verwarf die Berufung zum OLG Koblenz als unzulässig.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof begründete die Entscheidung damit, dass die Berufung nicht gemäß §§ 519, 520, 130 Nr. 6 ZPO formgerecht eingelegt worden sei.

Grundsätzlich gebe der unterzeichnende Anwalt mit dem Zusatz „i.A.“ zu erkennen, für den Inhalt des Schriftsatzes selbst keine Verantwortung übernehmen, sondern lediglich als Erklärungsbote auftreten zu wollen. Dies genüge den gesetzlichen Formanforderungen der ZPO im Regelfall nicht.

Der Fall läge nach dem Bundesgerichtshof nur dann anders, wenn der unterzeichnende Anwalt als Sozietätsmitglied zum Kreis der bei dem Berufungsgericht zugelassen Prozessbevollmächtigten der Berufungsklägerin gehöre, weil er dann unmittelbar in Ausführung des auch ihm selbst übertragenen Mandats gehandelt hätte. Notwendige Voraussetzung wäre insoweit jedoch, dass sich die Zugehörigkeit zu der Sozietät unmittelbar aus dem Schriftstück, insbesondere aus dem Briefkopf des Schriftsatzes, ergebe. Eine Heranziehung außerhalb der Urkunde liegender Umstände komme demgegenüber nicht in Betracht.

Im konkreten Fall war die Zugehörigkeit der Unterzeichnerin zu der Sozietät nicht anhand der in dem Schriftsatz enthaltenen Angaben erkennbar. Die unterzeichnende Anwältin war nicht in dem Briefkopf aufgeführt. Deshalb war die Unterzeichnung durch die Anwältin S… „i.A.“ nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dahingehend zu verstehen, dass sie nur als Erklärungsbotin des jeweils mandatierten Sozius handelte. Die gesetzliche Schriftform wurde dadurch nicht gewahrt.

Der Bundesgerichtshof hat die formwidrig eingelegte Berufungsschrift daher nicht als fristwahrend angesehen. Nachdem die Berufungsfrist abgelaufen war, war die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Fazit und Praxishinweis

Die vorstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs verdeutlicht einmal mehr, dass im Rechtsverkehr auf den Zusatz i.A. verzichtet werden sollte. Wie bereits eine frühere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht, ist dieser Zusatz ohnedies nicht eindeutig und durch Auslegung zu klären, ob dadurch eine (prozessuale) Stellvertretung oder eine Botenschaft vorliegt (BAG, Urteil vom 13.12.2007, Az.: 6 AZR 145/07). Eine klarstellende Bezeichnung (z.B. in Vollmacht, in Vertretung, als Bote, etc.) ist daher stets vorzugswürdig.

Gerade im Hinblick auf prozessuale (fristwahrende!) Schriftsätze ist vor dem Hintergrund der Schriftformanforderungen der Zivilprozessordnung zudem unumgänglich darauf zu achten, dass sich die Urheberschaft des Schriftsatzes eindeutig zuordnen lässt und mit der durch den Mandanten erteilten Prozessvollmacht in Einklang steht. In den praktisch häufigen Fällen, in denen die Prozessvollmacht des Mandanten gegenüber einer Anwaltssozietät erteilt wird, muss der den Schriftsatz unterzeichnende Anwalt daher (aus dem Briefkopf des Schriftsatzes) ersichtlich der Kanzlei zuzuordnen sein.