Fiktive Mängelbeseitigungskosten beim Immobilienkauf

 Gerrit Sieber

Gerrit Sieber

Trotz der neuen Rechtsprechung des BGH soll eine Bemessung des Schadens im Rahmen des kleinen Schadensersatzes anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten nach dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 09.10.2018 - 24 U 194/17) beim Immobilienkauf weiterhin möglich sein.

Fiktive Mängelbeseitigungskosten beim Immobilienkauf
Fiktive Mängelbeseitigungskosten beim Immobilienkauf

05.02.2019 | Bau- und Immobilienrecht

Sachverhalt

Die Parteien haben einen Kaufvertrag über ein Grundstück mit einem 3-geschossigen Wohn- und Geschäftshaus geschlossen. Nach Vertragsschluss wollte der Käufer an dem Gebäude Umbauarbeiten vornehmen. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass eine Genehmigung für die gewerbliche Nutzung der Räumlichkeiten im 1. OG und für die Nutzung des Dachgeschosses zu Wohnzwecken nicht vorliegt. Für die Genehmigungsfähigkeit hätten weitere Umbaumaßnahmen durchgeführt werden müssen. Die hierfür erforderlichen Kosten verlangte der Käufer als Schadensersatz, ohne die Umbaumaßnahmen bislang tatsächlich durchgeführt zu haben.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG Düsseldorf hält eine Bemessung des Schadens anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten für zulässig. Somit folgt das OLG Düsseldorf nicht dem VII. Zivilsenat des BGH, welcher mit Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung für das Werkvertragsrecht genau entgegensetzt entschieden hat. Für das Kaufrecht verbleibt es nach dem OLG Düsseldorf bei der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Schaden anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann. Hierfür führt es insbesondere an, dass die Änderung der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts beruhe. Insbesondere könne im Werkvertragsrecht gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 BGB ein Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln verlangt werden, was im Kaufrecht gerade nicht möglich sei. Deshalb müsse der Käufer diese Kosten, welche erheblich sein können, vorfinanzieren. Aufgrund der ohnehin hohen finanziellen Belastung, welche der Kauf einer Immobilie mit sich bringt, sei dies Käufern jedoch oft nicht möglich. Daher sei eine Bemessung des Schadens anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht weiterhin angezeigt.

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Düsseldorf führt zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage der allgemeinen Zulässigkeit der Schadensberechnung anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten. Im Gegensatz zu dem OLG Düsseldorf hält das LG Darmstadt (Urteil vom 24.10.2018, 23 O 356/17) eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten nämlich generell für nicht mehr zulässig. Eine Differenzierung zwischen Werk- und Kaufvertragsrecht nimmt es dabei nicht vor. Begründet wird dies damit, dass der VII. Zivilsenat des BGH seine Änderung der Rechtsprechung im Kern mit allgemeinen schadensrechtlichen Erwägungen begründet, welche nicht auf das Werkvertragsrecht beschränkt sind. Wohl aus diesem Grunde hat das OLG Düsseldorf auch die Revision zugelassen. Bis Rechtssicherheit durch eine Entscheidung des für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenats des BGH (bzw. sogar dem Großen Senat) geschaffen wird, ist in der Praxis daher zu empfehlen, auch im Kaufrecht eine Schadensberechnung anhand von fiktiven Mängelbeseitigungskosten möglichst zu vermeiden.