27.02.2020 | Arbeitsrecht
In der betrieblichen Praxis ist es weit verbreitet, Arbeitnehmern auch halbe Urlaubstage – bspw. an Heiligabend oder Silvester – zu gewähren.
Laut einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg gibt es allerdings keinen Rechtsanspruch auf halbe Urlaubstage oder sonstige Bruchteile von Urlaubstagen (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 06.03.2019 - 4 Sa 73/18). Dies beruhe insbesondere - auf dem in der Praxis oftmals vernachlässigten – Zusammenhangsgebot gem. § 7 Abs. 2 BUrlG. Danach ist der Urlaub zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Auch ausgehend von der gesetzgeberischen Grundwertung, wonach der Urlaub Erholungszwecken zu dienen hat, kann nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden. Dies gelte selbst dann, wenn dies auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolge. Eine halbtägige Urlaubsgewährung stelle keine ordnungsgemäße Erfüllung des Urlaubsanspruchs dar. Ebenso sei eine Urlaubsgewährung von nur Bruchteilen eines Urlaubstages ohnehin ausgeschlossen, es sei denn, es handele sich um einen Bruchteil von unter 0,5 (§ 5 Abs. 2 BUrlG).
Diese Rechtsprechung deckt sich mit einer alten Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1965 (BAG, Urt. v. 29.07.1965 - 5 AZR 380/64). Auch hier stellte das BAG fest, dass eine Aufteilung des Urlaubs in einzelne Halbtages- und Stundenteile keine wirksame Erfüllung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindesturlaub darstelle, da damit Sinn und Zweck des Urlaubs „völlig verfehlt“ werde.
Auswirkungen auf die Praxis
Arbeitgeber sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Arbeitnehmern halbe Urlaubstage zu gewähren. Sollten diese dennoch – bspw. auf Wunsch des Arbeitnehmers – gewährt werden, erfolgt dies nicht ohne Risiko für den Arbeitgeber. Denn mit der Gewährung halber Urlaubstage wird jedenfalls der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht ordnungsgemäß erfüllt. Der Arbeitnehmer behält deshalb - ungeachtet bereits gewährter halber Urlaubstage - seinen vollen und ungekürzten gesetzlichen Urlaubsanspruch.
Gleiches gilt für den vertraglichen Mehrurlaub, sofern hierzu keine eindeutige abweichende Vereinbarung getroffen ist. Eine abweichende Vereinbarung im Arbeitsvertrag sollte deshalb einerseits klar zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und vertraglichem Mehrurlaub differenzieren und andererseits die Gewährung von halben Urlaubstagen ausschließlich für den vertraglichen Mehrurlaub vorsehen.