BGH: Nachbar kann Bauherrn bei Handwerkerfehlern in Anspruch nehmen

Der BGH hat entschieden, dass ein Bauherr auch ohne eigenes Verschulden für Fehler seiner Handwerker haftet, wenn dadurch Nachbarn zu Schaden kommen.

BGH: Nachbar kann Bauherrn bei Handwerkerfehlern in Anspruch nehmen
BGH: Nachbar kann Bauherrn bei Handwerkerfehlern in Anspruch nehmen

26.02.2018 | Bau- und Immobilienrecht

Mit Urteil vom 09.02.2018 (Az.: V ZR 311/16) hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur Eigentümerhaftung im Nachbarverhältnis um eine weitere Facette ergänzt und die Position des Nachbarn gestärkt. In dem entschiedenen Fall war ein Handwerker mit Reparaturarbeiten im Dachbereich beauftragt worden. Beim Schweißen der Dachpappe entstanden Glutnester, die der Handwerker fahrlässig übersah. Bei dem daraus resultierenden Brand wurde auch das Nachbargebäude in Mitleidenschaft gezogen. Der Handwerker konnte die Schadenssumme nicht mehr aufbringen und meldete Insolvenz an. Deshalb verfolgte die Versicherung des Nachbarn, die den Schaden inzwischen bezahlt hatte, ihre Ansprüche gegen den Eigentümer (Bauherrn) weiter.

Die Vorinstanz (OLG Naumburg, Urteil vom 14.01.2016 – 4 U 52/15) hatte die Klage gegen den Bauherrn noch abgewiesen. Er habe den Handwerker sorgfältig ausgesucht, eine deliktische Haftung sei deshalb zu verneinen. Aber auch ein sog. verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB) sei nicht gegeben. Denn der Bauherr habe faktisch keine Möglichkeit gehabt, die Schadensentwicklung zu verhindern. Wegen der Beauftragung des Handwerkers sei ihm der Schaden nicht mehr zuzurechnen gewesen. Eine abschließende Kontrolle des Dachs auf Glutnester sei ihm nicht möglich, geschweige denn zumutbar gewesen.

Obwohl das OLG damit von der bisherigen Linie des BGH abrückte, ließ es die Revision zunächst nicht zu. Der BGH machte dies rückgängig und hob das Urteil auf. Schon in der Vergangenheit hatte der BGH eine verschuldensunabhängige Ausgleichspflicht von Eigentümern gegenüber Nachbarn bei Einwirkungen durch Grundstücks- oder Gebäudearbeiten mehrfach bejaht. Für den BGH steht im Vordergrund, dass der geschädigte Nachbar derartige Einwirkungen nicht unterbinden kann. Wenn ihm Nachteile entstanden sind, die über das zumutbare Maß hinausgehen, steht ihm grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch zu. Davon ist bei einem Brandschaden auszugehen.

Zusätzlich muss der Eigentümer des Grundstücks, von dem der Schaden ausgegangen ist, als sog. „Störer“ im Sinne von § 1004 BGB gelten. Hierfür genügt es nach Ansicht des BGH, dass die Beeinträchtigung zumindest mittelbar auf seinen Willensentschluss zurückgeht. Hier zieht der BGH die Haftung weiter als die Vorinstanz. Nur bei äußeren Einwirkungen wie z.B. Blitzschlägen, die sich ebenso gut an einem anderen Gebäude hätten verwirklichen können, soll der Eigentümer nicht haften. Dagegen sind Schäden an Nachbargebäuden, die etwa durch schadhafte Wasserleitungen oder durch ein defektes Elektrogerät verursacht werden, dem Eigentümer grundsätzlich zuzurechnen. Auf sein Verschulden kommt es nicht an.

Bauherren sollten diese Entscheidung bei der Auswahl von Handwerkerfirmen und beim Versicherungsschutz ihres Vorhabens künftig im Blick haben.