14.11.2012 | Bank- und Kapitalmarktrecht
Der Begriff „Crowdfunding“ (bzw. „Crowdinvesting“) bezeichnet eine neue Art der Kapitalmarktfinanzierung, die in jüngster Zeit in den Blickwinkel der Öffentlichkeit geraten ist. Beim Crowdfunding werden Vorhaben mittels unterschiedlicher Kapitalgeber – zumeist Kleinanleger – finanziert, wobei die Einwerbung des Kapitals regelmäßig über Internetplattformen stattfindet. Diese Art der Finanzierung hat in den Vereinigten Staaten mit dem „JOBS Act“ einen eigenständigen Rechtsrahmen gefunden. In Deutschland hingegen ist das Crowdfunding im Lichte des herkömmlichen Aufsichtsrechts zu betrachten.
Die Praxis des Crowdfundings hat unterschiedliche Ausgestaltungsformen erfahren. Je nach Sachverhalt kommen aufsichtsrechtliche Vorgaben des Kreditwesensgesetzes (KWG), des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und Pflichten aufgrund des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) in Betracht. Weiterhin sind Prospektpflichten nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) oder dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) denkbar.
Rechtsvorgaben bezüglich des Plattformbetreibers
Eine Erlaubnispflicht nach § 32 KWG ist erforderlich, wenn im Inland in einem gewissen Umfang Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht werden sollen. Dann ist die schriftliche Erlaubnis der BaFin erforderlich. Wenn also ein Betreiber von einem Crowdfunding-Internetportal im fremden Namen und für fremde Rechnung die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten – wie z.B. Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes – betreibt, dann kann ein nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtiges Platzierungsgeschäft vorliegen.
In den Fällen, in denen der Betreiber der Crowdfunding-Plattform Gelder von den Anlegern entgegennimmt, kann eine Erlaubnispflicht nach § 8 Abs. 1 ZAG erforderlich sein. Ein solcher Zahlungsdienst kann z.B. dann vorliegen, wenn der Anbieter der Internetplattform als Zahlstelle fungiert und das Geld der Anleger schließlich an den Emittenten z.B. von Unternehmensbeteiligungen weiterleitet. In einem solchen Fall könnte ein Finanztransfergeschäft im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG vorliegen.
Rechtsvorgaben bezüglich des Anbieters
Aber auch der Anbieter der Crowdfunding-Beteiligung, der nicht unbedingt selber die Internetplattform betreiben muss, ist nicht ohne aufsichtsrechtliche Pflichten. In Betracht kommt insbesondere eine Prospektpflicht nach dem WpPG oder dem VermAnlG. So muss ein Anbieter, der im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, nach § 6 VermAnlG einen Verkaufsprospekt veröffentlichen. Somit besteht im Grundsatz eine Prospektpflicht, falls beispielsweise eine Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts über eine Internetplattform vermittelt werden soll.
Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Ausnahmevorschrift des § 2 Nr. 3b VermAnlG, bei der keine Prospektpflicht besteht bezüglich von Angeboten, bei denen der Verkaufspreis der im Zeitraum von 12 Monaten angebotenen Anteile insgesamt EUR 100.000,00 nicht übersteigt. Insbesondere in den Fällen, in denen dieses Volumen nicht überschritten wird, kann sich daher ein Crowdfunding anbieten. Greift allerdings keine Ausnahmevorschrift, so sind weitere aufsichtsrechtliche Vorgaben, wie z.B. das Erstellen eines Vermögensanlageninformationsblatts nach § 13 VermAnlG oder Rechnungs- und Offenlegungspflichten nach den § 23ff. VermAnlG, erforderlich.