Insolvenz-Anfechtung von Direktzahlungen an Lieferanten

Direktzahlungen des Bauherrn an Lieferanten des insolvenzbedrohten Auftragnehmers sind nur ausnahmsweise nicht anfechtbar

Insolvenz-Anfechtung von Direktzahlungen an Lieferanten
Insolvenz-Anfechtung von Direktzahlungen an Lieferanten

02.10.2014 | Bau- und Immobilienrecht

Rechtlicher Hintergrund:


Direktzahlungen des Auftraggebers an Lieferanten des kurz vor der Insolvenz stehenden Auftragnehmers sind kritisch. Solche Rechtshandlungen können bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO angefochten werden, mit der Folge, dass der Lieferant den Kaufpreis zurückzahlen muss und nur quotal aus der Insolvenzmasse befriedigt wird.

Der Fall:


In dem von Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich zu entscheidenden Fall (Urteil vom 17.07.2014 - IX ZR 240/13) bezog der Auftragnehmer (AN) von seinem Lieferanten (L) regelmäßig Fenster und Türen zum Einbau in verschiedene Bauvorhaben. Nachdem bereits substantielle Rückstände aufgelaufen waren, vereinbarten ein neuer AG und der AN zur Realisierung des Bauvorhabens mit L, dass die an diese Baustelle zu liefernden Fenster und Türen direkt vom AG an den L zahlen seien. Der AG bezahlte absprachegemäß, die Bauteile wurden an die Baustelle geliefert. Nur kurze Zeit später stellte der AN Insolvenzantrag. Der bestellte Insolvenzverwalter erklärt die Insolvenzanfechtung und verlangt die gezahlten ca. 34.000 € von L zurück.

Die Entscheidung:


Der BGH hat die Klage abgewiesen. Ein Anfechtungsgrund nach den §§ 129ff. InsO liege nicht vor. Insbesondere sei keine Anfechtung nach § 131 InsO möglich. Zwar liege in der Direktzahlung eine Gläubigerbenachteiligung, weil sie den Werklohnanspruch des AN in Höhe der Direktzahlung zum Erlöschen brachte. Es fehle aber an der nach § 131 InsO erforderlichen inkongruenten Deckung. AG, AN und L hätten den Werkvertrag dahingehend geändert, dass eine Direktzahlung an L zu leisten sei. Damit habe L einen Zahlungsanspruch erworben und sei daher auch berechtigt gewesen, die Zahlung des AG in dieser Weise anzunehmen. Auch die Abänderungsvereinbarung sei nicht anfechtbar, da sie noch vor Ausführung der (ersten) Lieferung und damit zulässigerweise getroffen wurde. Daher liege eine kongruente Deckung vor. Diese sei auch weder nach § 130 InsO noch nach § 133 InsO anfechtbar. Für letzteres fehle es am erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Durch die Direktzahlungsvereinbarung sei die Fortsetzung des Bauvorhabens gewollt gewesen. Dies wäre alle Gläubigern zu Gute gekommen, weil ansonsten der Auftragnehmer keinen (weiteren) Werklohn hätte verdienen können.

Praxishinweise:


Das Urteil des BGH zeigt erneut, dass Direktzahlungen eines Auftraggebers an Lieferanten des Auftragnehmers nur dann ausnahmsweise nicht anfechtbar sind, wenn eine solche Vereinbarung im Vorhinein, vor der ersten Leistung, getroffen wird. Nachträgliche Direktzahlungen, ob mit oder ohne Vereinbarung, sind dagegen regelmäßig anfechtbar. Der Lieferant läuft in diesen Fällen immer Gefahr, den Kaufpreis wieder herausgeben zu müssen und nur quotal (und damit regelmäßig so gut wie nicht) befriedigt zu werden. Lieferungen gegen Direktzahlungen sind daher grundsätzlich zu vermeiden.