Mängelanzeige nur per E-Mail?

Schriftverkehr per E-Mail ist heutzutage im Geschäftsverkehr absolut üblich. Vorsicht ist aber dann geboten, wenn die gesetzliche Schriftform angeordnet ist, denn dieser genügt eine E-Mail im Regelfall nicht.

Mängelanzeige nur per E-Mail?
Mängelanzeige nur per E-Mail?

03.03.2015 | Bau- und Immobilienrecht

E-Mail vs. Schriftform


Mittlerweile wird ein erheblicher Teil des geschäftlichen Schriftverkehrs per E-Mail abgewickelt. Das ist häufig sinnvoll und praktisch. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass in manchen Fällen per Gesetz oder Vertrag die Schriftform vorgeschrieben ist; diese nicht einzuhalten, kann erhebliche Nachteile mit sich bringen. Denn die Nichteinhaltung der vorgesehen Form kann dazu führen, dass die gewünschten Rechtsfolgen nicht eintreten.

Mängelanzeige per E-Mail – gefährlich!


Das musste in einem gerade vom Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 08.01.2015 – Az. 2-20 O 229/13) entschiedenen Fall der Auftraggeber feststellen. Dieser hatte sich im Jahr 2010 Kältemaschinen in sein Bürogebäude einbauen lassen; die Abnahme war im August 2010. Es war die Geltung der VOB/B vereinbart, was für solche Anlagen eine Verjährungsfrist von zwei Jahren bedeutet. Ein Jahr später rügt der Bauherr nur per E-Mail einen Mangel an einer der Kälteanlagen. Nachdem darauf nichts geschieht, erfolgt erst im Mai 2013 eine Mängelrüge mit „normalem“ Schreiben. Der Auftragnehmer wehrt sich dagegen mit der Einrede der Verjährung …

Mängelanzeige nur per E-Mail hemmt nicht die Verjährung!


… und erhält vor dem LG Frankfurt am Main Recht! Das Gericht begründet das damit, dass § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B eine schriftliche Mängelrüge verlangt. Nur diese kann die dort geregelte Verjährungsverlängerung nach sich ziehen. Nach § 126 BGB ist dafür jedoch eine eigenhändige Unterschrift erforderlich, welche die E-Mail naturgemäß nicht enthält. Ersetzt werden kann diese eigenhändige Unterschrift gem. den §§ 126 Abs. 3, 126a Abs. 1 BGB nur durch eine E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur. Nachdem die E-Mail aus 2011 also nicht zu einer Verlängerung der Verjährung geführt hatte, kam die schriftliche Mängelrüge im Mai 2013 zu spät; die Mängelansprüche waren verjährt.

Die Entscheidung ist falsch …


Das LG Frankfurt am Main liegt damit auf einer Linie mit einer älteren Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.04.2012, Az. 4 U 269/11). Beide Entscheidungen sind jedoch falsch. Die Gerichte verwechseln nämlich die gesetzlich vorgeschrieben Schriftform, die in § 126 BGB geregelt ist, mit der vereinbarten Schriftform, geregelt in § 127 BGB. Bei der vereinbarten Schriftform genügt nach absolut herrschender Meinung aber die Übermittlung per E-Mail. Da die VOB/B kein Gesetz darstellt, sondern Allgemeine Geschäftsbedingungen, deren Geltung vereinbart werden muss, ist § 127 BGB anzuwenden.

… sollte aber dennoch beachtet werden.


Dennoch sollte sich derjenige, der sich auf Mängelrechte berufen und möglicherweise auch noch die Verjährungsverlängerung erreichen will, an die „echte“ Schriftform halten. Denn zum einen sieht man, dass die Gerichte die Frage ungünstig beurteilen können. Und zum anderen erhält man mit der E-Mail im Regelfall auch keinerlei Zugangsnachweis, so dass der Empfänger später jederzeit bestreiten kann, die Mängelrüge erhalten zu haben.