WDVS mangelhaft

Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Stuttgart ist ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) mangelhaft, wenn hierfür keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung vorliegt. Unerheblich ist, ob die Gebrauchstauglichkeit auf anderem Wege nachgewiesen werden kann.

WDVS mangelhaft
WDVS mangelhaft

06.08.2015 | Bau- und Immobilienrecht

Rechtlicher Hintergrund

In den Landesbauordnungen wird zwischen geregelten, nicht geregelten und sonstigen Bauprodukten unterschieden. Geregelte Bauprodukte sind solche, die von bestimmten technischen Regeln (Bauregellisten), die im Einvernehmen mit den obersten Bauaufsichtsbehörden durch das Deutsche Institut für Bautechnik veröffentlicht werden, nicht oder nicht wesentlich abweichen. Sonstige Bauprodukte dürfen nicht von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichen. Sogenannte nicht geregelte Bauprodukte weichen von den bestimmten technischen Regeln wesentlich ab, oder es gibt für sie keine technischen Baubestimmungen, oder allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diese Bauprodukte müssen entweder über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall verfügen.

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS)

Bei WDVS handelt es sich um nicht geregelte Bauprodukte. Sie dürfen daher nur verwendet werden, wenn sie über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügen, oder wenn eine Zustimmung im Einzelfall vorliegt. WDVS die diese Voraussetzung nicht erfüllen, sind nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Stuttgart vom 31.03.2015 (Az. 10 U 46/14) mangelhaft.

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass sich der Unternehmer bei Vertragsschluss stillschweigend auch zur Einhaltung der einschlägigen Gesetze und der allgemein anerkannten Regeln der Technik verpflichtet. Liegt für die verwendeten Werkstoffe ein notwendiger Gebrauchstauglichkeitsnachweis jedoch nicht vor, ist die erbrachte Leistung mangelhaft. Denn die gesetzliche Verpflichtung zur Einhaltung der bauaufsichtlichen Zulassung soll dazu dienen, mit der notwendigen Gewissheit sicherzustellen, dass bestimmte Eigenschaften des Werkes erreicht werden, in dem ausschließlich Bauprodukte verbaut werden, deren Verwendbarkeit für einen dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitraum und deren Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen ist.

Nach Auffassung des OLG Stuttgart kommt es also für die Frage, ob die Regeln verletzt sind, nicht darauf an, ob die Eigenschaften möglicherweise auf anderem Wege erreicht werden und deshalb die Nichteinhaltung der Regeln im Einzelfall keine weiteren nachteiligen Folgen hat. Denn unabhängig davon ist die stillschweigend vereinbarte Beschaffenheit dann nicht erfüllt worden. Werden demzufolge bei der Errichtung eines WDVS Bauprodukte verwendet, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nicht vorliegt, ist das Werk alleine deshalb mangelhaft.

Da WDVS über eine sogenannte Systemzulassung verfügen müssen, liegt ein Mangel demzufolge auch dann vor, wenn einzelne Komponenten verwendet werden, die von der Systemzulassung abweichen. Insoweit dürfte nach der Entscheidung des OLG Stuttgart unerheblich sein, ob sich die Verwendung nicht systemkonformer Komponenten negativ auf die Tauglichkeit des Gesamtsystems auswirkt oder nicht. Letztendlich wird der Nachweis, dass sich die Verwendung eines systemfremden Produkts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf die Gebrauchstauglichkeit, insbesondere auf die Haltbarkeit und Tragfähigkeit auswirkt aber ohnehin kaum geführt werden können.

Fazit

Insbesondere mit der Planung und Bauüberwachung beauftragte Architekten und Ingenieure sollten vor diesem Hintergrund darauf achten, dass ausschließlich mit der bauaufsichtlichen Zulassung übereinstimmende Systemkomponenten verwendet werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sie vom Bauherrn neben dem ausführenden Unternehmen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden.