08.09.2015 | Bau- und Immobilienrecht
Abrechnung nach freier Kündigung
Der Auftraggeber eines Werkvertrages kann diesen jederzeit und ohne besonderen Grund kündigen (§ 649 BGB / § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B). Folge einer solchen „freien“ Kündigung ist gem. § 649 S. 2 BGB bzw. nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B, dass dem Auftragnehmer die volle vereinbarte Vergütung zusteht. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt
Wagnis nicht erspart!
Hierbei ist seit längerer Zeit streitig, ob das kalkulierte Wagnis zu den Kosten gehört, die sich der Unternehmer als „erspart“ abziehen lassen muss. Der BGH hat die vor vielen Jahren (Urteil vom 30.10.1997 – VII ZR 222/96) einmal so entschieden, ist damit aber in die Kritik von Rechtsprechung und Literatur geraten. Nun hat das OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.07.2015 – 5 U 53/14) dagegen entschieden. Es hat das mit zwei Argumenten begründet:
- Der Wagnis-Zuschlag ist nicht für Kosten im eigentlichen Sinne kalkuliert, sondern eher dem Gewinn zuzurechnen; er stellt die Belohnung für das allgemeine unternehmerische Risiko dar.
- Abgesehen davon realisiert sich im Fall der auftraggeberseitigen Kündigung gerade ein Wagnis, denn der Auftragnehmer hat im Regelfall erheblichen Aufwand mit einer Abrechnung nach einer Kündigung, die den hohen Anforderungen der Rechtsprechung genügt.
Im Ergebnis kommt das OLG also dazu, dass der kalkulierte Zuschlag für Wagnis nicht abzuziehen ist.
Stellungnahme
Die Entscheidung ist m. E. richtig; beide Argumente des OLG treffen zu. Insbesondere vertreten namhafte Autoren (z. B. Lederer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, 5. Aufl. 2015, § 8 VOB/B, Rn. 38 m. w. N.) schon länger die Auffassung, dass Wagnis betriebswirtschaftlich wie Gewinn zu behandeln ist.