15.09.2016 | Arbeitsrecht
Der Ausschluss einzelner Arbeitnehmer aus einem kollektiven Betriebsrentensystem stellt nicht zwangsläufig eine unzulässige Ungleichbehandlung dar. Die Ungleichbehandlung kann immer dann gerechtfertigt sein, wenn die Betriebsparteien aufgrund einzelvertraglicher Versorgungszusagen davon ausgehen konnten, dass die ausgenommenen Arbeitnehmer im Versorgungsfall eine annähernd gleichwertige Versorgung erhalten BAG v. 19.07.2016 – 3 AZR 134/15).
Die Entscheidung
Der Kläger hatte aus einer vorhergehenden Beschäftigung bereits Anwartschaften beim Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bankiersgewerbes a. G. (BVV) aufgebaut. Vor diesem Hintergrund wurde zwischen dem Kläger und der beklagten Arbeitgeberin einzelvertraglich vereinbart, dass der Kläger einen Beitragszuschuss zur Altersversorgung des BVV erhält. Zudem wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass der Kläger von der betrieblichen Altersversorgung der Beklagten ausgenommen ist. Ein Jahr später trat bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung in Kraft, nach der allen Beschäftigten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Direktzusage versprochen wurden. In den folgenden Jahren wurde die Betriebsvereinbarung mehrfach abgelöst und inhaltlich verändert. Die zuletzt gültige Betriebsvereinbarung nahm Arbeitnehmer, die eine einzelvertragliche Zusage hinsichtlich einer Altersversorgung erhalten haben, von ihrem Anwendungsbereich aus. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass ihm ab Rentenbeginn gegenüber seiner Arbeitgeberin ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gemäß der zuletzt gültigen Betriebsvereinbarung zustehe.
Während das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Klage abwies, gab ihr das Landesarbeitsgericht Hessen mit der Maßgabe statt, dass die BVV-Rente auf die betriebliche Altersversorgung anzurechnen sei. Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das LAG zurück. Nach Auffassung das BAG ist der Ausschluss einzelner Arbeitnehmer von einem kollektiven Betriebsrentensystem nur dann zulässig, wenn hierin keine Benachteiligung zu sehen ist. Zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Benachteiligung dürfen Arbeitnehmer, denen bereits einzelvertraglich eine Altersversorgungsleistung zugesagt wurde, nur dann vollständig von einem auf einer Betriebsvereinbarung beruhenden kollektiven Betriebsrentensystem ausgenommen werden, wenn die Arbeitnehmer durch die einzelvertraglich zugesagte betriebliche Altersversorgung im Versorgungsfall eine zumindest annähernd gleichwertige Versorgung erhalten.
Praxishinweis
Bei der Ausgestaltung einer betrieblichen Altersversorgung ist stets der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Gemäß § 1 b Abs. 1 S. 4 BetrAVG kann dieser sogar als Anspruchsgrundlage fungieren. Daher können einzelne Arbeitnehmer nur dann aus einem kollektiven Betriebsrentensystem ausgeschlossen werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist und der Ausschluss nicht willkürlich erfolgt. Eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ist nach der Rechtsprechung des BAG dann zu bejahen, wenn die ausgeschlossenen Arbeitnehmer einzelvertraglich zumindest annähernd gleichwertige Versorgungsansprüche haben. Arbeitgeber sollten daher vor dem Ausschluss einzelner Arbeitnehmer stets einen Vergleich zwischen den einzelvertraglich zugesagten Versorgungsleistungen und den Ansprüchen aus einem kollektiven Versorgungssystem anstellen, um etwaige Doppelansprüche auszuschließen.