Zuständigkeit zur Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers

Für die Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers ist der neue Geschäftsführer erst dann zuständig, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerverhältnis in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat. (BGH Urt. v. 3. Juli 2018 – II ZR 452/17)

Zuständigkeit zur Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers
Zuständigkeit zur Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers

25.10.2018 | Gesellschaftsrecht

Grundsatz: Kompetenz zur Anstellung liegt bei der Gesellschafterversammlung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fallen Abschluss, Änderung und Aufhebung von Geschäftsführer-Dienstverträgen bei der GmbH in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung. Bei dieser sogenannten „Annexkompetenz“ handelt es sich um eine ungeschriebene Kompetenzerweiterung der Gesellschafterversammlung. Da die Gesellschafterversammlung über die Begründung und Beendigung der Organstellung des Geschäftsführers zu beschließen hat, wird ihr auch die Kompetenz zugewiesen, das Anstellungsverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft zu gestalten. Das hat seinen Grund zum einen darin, dass der Anstellungsvertrag oder Änderungen desselben geeignet sind, die Entscheidungen der Gesellschafter über die Organstellung des Geschäftsführers wesentlich zu beeinflussen. Zum anderen soll durch diese Kompetenzzuweisung die Gefahr kollegialer Rücksichtnahme oder der Missbrauch der Position des einen Geschäftsführers gegenüber dem anderen gebannt werden. Trifft also die Satzung keine andere Regelung, ist für die Begründung, die Änderung und die Beendigung des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses die Gesellschafterversammlung der GmbH ausschließlich zuständig.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hatte sich nun in seinem Urteil vom 3. Juli 2018 (BGH II ZR 452/17) mit der Frage auseinanderzusetzen, wer im Fall eines bereits als Organ abberufenen Geschäftsführers für die Änderung (und letztlich auch die Aufhebung) des Dienstvertrags zuständig ist.

Geklagt hatte der ehemalige Geschäftsführer einer GmbH. Die Gesellschaft hatte mit diesem am 1. August 2014 einen Anstellungsvertrag geschlossen, bevor er bereits am 31. Oktober 2014 als Geschäftsführer abberufen wurde. Der Kläger blieb nach seiner Abberufung zunächst weiter für die Gesellschaft tätig, ohne dass sein Anstellungsvertrag gekündigt worden wäre. Ab Mai 2015 zahlte die beklagte GmbH dem Kläger keine Vergütung mehr für seine Tätigkeit; am 25. Juni 2015 kündigte die GmbH, vertreten durch ihren neuen Geschäftsführer, den Anstellungsvertrag mit dem Kläger zum 31. Juli 2015. Nachdem der Kläger wiederholt erfolglos die Zahlung seiner ausstehenden Vergütung angemahnt hatte, kündigte er selbst das Anstellungsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 10. Juli 2015. Mit seiner Klage begehrte er Zahlung des ausstehenden Gehalts sowie Schadensersatz wegen der entgangenen Gehaltszahlungen bis Ende August 2015. Die Beklagte GmbH verteidigte sich unter anderem mit der Behauptung, dass ihre Alleingesellschafterin mit dem Kläger eine Vereinbarung getroffen habe, wonach der Kläger keine Gehaltszahlungen mehr erhalten sollte.

Nachdem der Kläger in erster Instanz mit seiner Klage teilweise gescheitert war, sprach ihm das Berufungsgericht seinen Zahlungsanspruch in vollem Umfang zu. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass die Abrede zwischen der Gesellschafterin der GmbH und dem Kläger nicht geeignet sei, das Anstellungsverhältnis zwischen dem Kläger und der GmbH zu ändern, da die Kompetenz dazu nicht der Gesellschafterversammlung, sondern der Gesellschaft – vertreten durch ihren Geschäftsführer – zufalle.

Dieser Rechtsansicht ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Ausgehend von der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur hat der Bundesgerichtshof zunächst festgestellt, dass für die Änderung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags mangels anderweitiger Regelungen in der Satzung allein die Gesellschafterversammlung der GmbH zuständig sei. Auf diese Zuständigkeit habe es, so der Bundesgerichtshof weiter, keinen Einfluss, dass der Kläger bereits zum 31. Oktober 2014 als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen worden war. Für die Frage der Kompetenzzuordnung im Hinblick auf Abschluss, Änderung und Beendigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags komme es auf einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung oder Änderung des Anstellungsvertrags nicht an. Eine Änderung des Dienstvertrags des abberufenen Geschäftsführers falle erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (anderen/neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführer-Dienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt habe. Allein die bis zu der behaupteten Änderungsvereinbarung verstrichene Zeit sei nicht ausreichend, um eine solche Umwandlung des Anstellungsverhältnisses annehmen zu können.

Da in den Instanzgerichten zu der Natur des Anstellungsverhältnisses keine Feststellungen getroffen worden waren, war die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu bewerten haben, ob eine Vereinbarung mit dem Alleingesellschafter einen Beschluss der Gesellschafterversammlung entbehrlich macht.

Praxishinweis

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt, dass im Fall einer Abberufung eines Geschäftsführers besondere Sorgfalt geboten ist, wenn Nachteile für die Gesellschaft vermeiden werden sollen. Üblicherweise genügt es, wenn der Beschluss der Gesellschafterversammlung neben der Abberufung auch die Kündigung des Anstellungsvertrags umfasst, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Soll der abberufene Geschäftsführer in der Gesellschaft weiter beschäftigt sein, ist es ratsam, diesen Wandel des Anstellungsverhältnisses durch einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung zu dokumentieren und den Vertrag mit dem abberufenen Gesellschafter entsprechend anzupassen. Andernfalls entsteht zu großer Auslegungsspielraum, der – wie hier gesehen – langjährige Konflikte nach sich ziehen kann.