17.03.2020 | IT-Recht und Datenschutz
Auftragsverarbeiter im Homeoffice
Viele Auftragsverarbeitungsvereinbarungen (AVV), die zusammen mit Service-, SaaS- und Cloud-Verträgen abgeschlossen wurden, haben so etwas wie die Corona-Pandemie verständlicherweise nicht berücksichtigt. Eine der häufigsten Empfehlungen dieser Tage lautet, die eigenen Beschäftigten ins Homeoffice zu schicken. Die Auftragsverarbeitungsverträge mit den eigenen Dienstleistern sehen jedoch häufig nicht vor, dass ihre Beschäftigten für die Auftraggeber im Homeoffice tätig sein können. Einige AVV untersagen sogar explizit die „Telearbeit“, womit sowohl das Homeoffice als auch die Mobilarbeit gemeint ist.
Empfehlung: Der Auftraggeber und der Auftragnehmer sollten eine Ergänzung zur Auftragsverarbeitungsvereinbarung abschließen, die die Telearbeit bzw. das Home/Mobile Office zumindest bis auf Weiteres gestattet. In der Ergänzungsvereinbarung wären dann die Rahmenbedingungen festzulegen, die der Auftragnehmer einhalten muss, wenn er seinen Mitarbeitern das Homeoffice bzw. die Mobilarbeit ermöglicht.
Verzögerung bei Projektleistungen und Mitwirkungsleistungen
In IT-Projektverträgen sind häufig Termine und Fristen genannt. Soweit COVID-19 für die Verzögerung oder den vorläufigen Leistungsstopp die Ursache ist, kann sich der IT-Dienstleister auf höhere Gewalt berufen. Aber auch der Auftraggeber kann aufgrund von Corona an der Erbringung seiner Mitwirkungsleistungen und Beistellpflichten gehindert sein.
Kommt es über die Ursache der Verzögerung oder Leistungsverhinderung zum Streit, so ist entscheidend, wer die Beweislast trägt. Soweit vertraglich dazu nichts geregelt ist, muss im Regelfall derjenige den Nachweis erbringen, der sich auf die Terminüberschreitung aufgrund höherer Gewalt beruft.
Doch selbst wenn das Coronavirus eine Vertragspartei an ihrer Leistungserbringung hindert, müssen die vertraglichen Vorgaben beachtet werden:
- Enthält der Vertrag Melde- und Informationspflichten?
- Muss der Auftragnehmer oder Auftraggeber bestimmte Formerfordernisse bei der Mitteilung seiner Leistungsverhinderung einhalten?
Welche Folgen die Leistungsverhinderung aufgrund der höheren Gewalt durch die COVID-Pandemie hat, entscheidet sich ebenfalls primär nach den vertraglich vereinbarten Bedingungen. Üblich sind bspw. Regelungen, die automatisch zu einer Verlängerung der Fristen oder einer angemessenen Verschiebung von Terminen führen. Häufig sind aber auch Kündigungs- und Rücktrittsrechte geregelt, wenn die Leistungserbringung für längere Zeit nicht möglich ist. Nur soweit nichts geregelt ist, greifen die gesetzlichen Bestimmungen ein, die – je nach den konkreten Umständen – auch zur außerordentlichen Kündigung oder zum Rücktritt berechtigten können.
Empfehlung: Eine frühzeitige Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vermeidet Überraschungen und ermöglicht beiden Seiten, Ausweichlösungen zu vereinbaren. Dabei ist ratsam, die vertraglichen Rahmenbedingungen stets im Blick zu behalten, falls es im weiteren Verlauf doch zum Streit kommt.
Unterschreitung von Service Level Agreements (SLA)
Cloud-Service, SaaS-Leistungen und Support-Dienste versprechen häufig sogenannte SLA (Service Level Agreements), die unter anderem Verfügbarkeitszeiten, Reaktionszeiten und Erledigungszeiten vorsehen. Aufgrund der Pandemie wird es zukünftig einigen Dienstleistern schwerfallen, die versprochenen Service Level einzuhalten. Ein Grund dafür wird die Überlastung von IT-Ressourcen sein, die einige Cloud- und SaaS-Dienstleister aufgrund des Ansturms bislang nicht vorhergesehen haben. Andere Service-Provider werden damit zu kämpfen haben, dass nicht alle notwendigen Tätigkeiten im Homeoffice verrichtet werden können und die Mitarbeiter vor Ort fehlen.
Die Verfehlung von versprochenen SLA kann bspw. zur Folge haben, dass Vergütungsansprüche gemindert werden, Service Credits zu entrichten sind oder gar Vertragsstrafen zu zahlen sind.
Auch hier wird wieder entscheidend sein, in welchem Umfang sich der Service-Provider auf höhere Gewalt aufgrund von COVID-19 berufen kann und wer dies im Streitfall nachzuweisen hat. Soweit vertraglich nichts Abweichendes geregelt ist, liegt die Beweislast beim Service-Provider.
Sofern Kunden von Cloud- und SaaS-Diensten eigene Rechte infolge der SLA-Unterschreitungen der Anbieter geltend machen möchten, müssen sie die vertraglich dafür vorgesehen Rahmenbedingungen beachten. Mitunter enthalten die Verträge kurze Meldefristen, Formerfordernisse oder Ausschlussgründe, die der Kunde kennen sollte.