06.05.2020 | Gesellschaftsrecht
I. Hintergrund der geplanten Reform
Im Jahr 2001 sprach der Bundesgerichtshof der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder auch BGB-Gesellschaft) in einer vielbeachteten Grundsatzentscheidung erstmals Rechtspersönlichkeit zu (Urteil des BGH vom 29.01.2001, Az. II ZR 331/00). Seitdem steht fest, dass eine GbR, die nach außen am Rechtsverkehr teilnimmt (sog. Außen-GbR), selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann und selbst klagen und verklagt werden kann.
In den folgenden Jahren war die Rechtsprechung und Praxis damit beschäftigt, die Folgen dieser Rechtsprechung mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen. Nun beabsichtigt das BMJV eine grundlegende Reform des Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. §§ 705 ff. BGB), um die Folgen der vorgenannten Grundsatzentscheidung in Gesetzesrecht zu gießen und den Charakter der GbR als Grundform der Gesellschaft zu untermauern.
II. Vorschlag der Expertenkommission
Beachtlich ist insbesondere die geplante Einführung eines Beschlussmängelrechts für die Personengesellschaften. Das Recht betreffend die Mängel von Gesellschafterbeschlüssen ist bislang nur im Recht der Aktiengesellschaft gesetzlich geregelt. Die Bestimmungen der §§ 241 ff. AktG werden im Recht der GmbH entsprechend herangezogen. Im Recht der Personengesellschaften fehlen aktuell gesetzliche Regelungen. Dies soll sich nach dem Vorschlag der Expertenkommission nunmehr ändern. Geplant ist eine befristete Anfechtungsklage und eine Nichtigkeitsklage. Entsprechende Regelungen sind in §§ 714a bis 714e BGB-Entwurf vorgesehen.
Über § 105 Abs. 2 HGB, § 161 Abs. 2 HGB und § 1 Abs. 4 PartGG würden diese Regelungen auch für das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft Anwendung finden.
Eine weitere Neuerung soll ein Gesellschaftsregister bringen, in das Gesellschaften bürgerlichen Rechts eingetragen werden können (§ 707 BGB-Entwurf). Die Eintragung ist freiwillig. Dies soll insbesondere zur Transparenz im Rechtsverkehr mit Gesellschaften bürgerlichen Rechts beitragen. Allerdings kann eine GbR nach dem neuen Entwurf zu § 47 Abs. 2 GBO nicht als Inhaberin eines Rechts im Grundbuch eingetragen werden, solange sie nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist.
Zudem soll dem Charakter der GbR als Grundform der Gesellschaft Rechnung getragen werden. Daher ist in § 707c BGB-Entwurf ein sogenannter Statuswechsel vorgesehen, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Hierdurch soll ein transparenter Formwechsel zwischen einer GbR einerseits und einer Offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und Partnerschaftsgesellschaft andererseits ermöglicht werden.
Erstmals soll das Gesetz nunmehr ausdrücklich zwischen der sogenannten Außen-GbR und der Innen-GbR unterscheiden. Für die Innen-GbR, also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach dem Willen der Gesellschafter nicht am Rechtsverkehr teilnehmen soll, sind in § 740, § 740a, § 740b und § 740c BGB-Entwurf besondere Regelungen vorgesehen.
Ferner soll entgegen der bisherigen gesetzlichen Regelung die GbR nicht aufgelöst werden, wenn ein Gesellschafter die Gesellschaft kündigt oder verstirbt. Vielmehr wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt; der kündigende bzw. verstorbene Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft aus (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB-Entwurf). Damit soll das Recht der GbR an das Recht der Offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft angenähert werden (vgl. § 131 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 HGB i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB).
III. Fazit
Mit der Modernisierung des Rechts der GbR wäre eine Änderung von insgesamt 39 Gesetzen verbunden. Ob letztlich alle Vorschläge der Expertenkommission umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Sollte das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts in der geplanten Form in Kraft treten, wird eine Überprüfung und ggf. Anpassung von Gesellschaftsverträgen in vielerlei Hinsicht unumgänglich werden.