Bye-bye gesetzliche Homeoffice-Pflicht

Nach der Anpassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung gibt es seit dem 30. Juni 2021 keine Homeoffice-Pflicht mehr. Schutzmaßnahmen gelten weiter. Was müssen Arbeitgeber jetzt beachten?

Bye-bye gesetzliche Homeoffice-Pflicht
Bye-bye gesetzliche Homeoffice-Pflicht

12.07.2021 | Arbeitsrecht

Müssen jetzt alle Arbeitnehmer wieder zurück ins Büro?

Arbeitnehmer dürfen auch nach dem Ende der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht weiterhin im Homeoffice arbeiten, wenn eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einer Homeoffice-Vereinbarung getroffen wurde.

Anders verhält es sich, wenn keine Vereinbarung zur Arbeit im Homeoffice geschlossen wurde und der Arbeitgeber während der Corona-Krise die Tätigkeit im Homeoffice ganz unbürokratisch „gewährt“ bzw. aufgrund der temporären gesetzlichen Verpflichtung einfach hingenommen hat. In diesem Fall kann der Arbeitgeber nach Ablauf der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht wieder von seinem Direktions- bzw. Weisungsrecht gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) Gebrauch machen, wonach er „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann“. Ein generelles Recht auf Arbeit im Homeoffice gibt es (bislang) in Deutschland nicht.

Zu beachten ist, dass die Entscheidung des Arbeitgebers, welche Mitarbeiter in den Betrieb zurückkommen müssen und welche weiterhin im Homeoffice arbeiten dürfen, am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist. Eine Differenzierung bedarf daher eines sachlichen Grundes, der die unterschiedliche Behandlung nachvollziehbar rechtfertigt.

Können sich Arbeitnehmer weigern, ins Büro zurückzukommen?

Wenn der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht zulässigerweise Gebrauch macht und die Arbeitnehmer zur Rückkehr in den Betrieb auffordert, müssen die Arbeitnehmer dieser Anweisung Folge leisten. Eine Weigerung des Arbeitnehmers kann zu einer Abmahnung führen und – bei beharrlicher Weigerung – sogar eine Kündigung rechtfertigen. Auch die Befürchtung des Arbeitnehmers, im Betrieb einem höheren Infektionsrisiko, z.B. durch die Delta-Variante, ausgesetzt zu sein, rechtfertigt eine Weigerung nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nicht.

Was ist, wenn Arbeitgeber das Homeoffice einfach „weiterlaufen“ lassen?

Wird die Tätigkeit im Homeoffice auch nach dem Ablauf der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht fortgesetzt und vom Arbeitnehmer (stillschweigend) geduldet, besteht das Risiko, dass ein dauerhafter individualvertraglicher Anspruch des betreffenden Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice begründet wird. Der Arbeitnehmer könnte sich mithin auf eine entsprechende betriebliche Übung bzw. jedenfalls auf einen entsprechenden Vertrauenstatbestand berufen und verlangen, seine Tätigkeit auch weiterhin aus dem Homeoffice zu erbringen. Dem Arbeitgeber stünde dann nur noch der Weg über eine Änderungskündigung offen, um den Arbeitnehmer in den Betrieb zurückzuholen.

Welche Schutzmaßnahmen müssen ab 1. Juli in den Betrieben getroffen werden?

Das Ende der Homeoffice-Pflicht bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber im Betrieb keine Schutzmaßnahmen mehr treffen muss. Sollen die Mitarbeiter wieder zurück ins Büro, muss der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht erfüllen.

Aktuell müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber allen in Präsenz arbeitenden Beschäftigten zwei wöchentliche Tests anbieten. Daran wird auch über den 1. Juli hinaus festgehalten. Eine Ausnahme besteht, wenn der Schutz der Arbeitnehmer anderweitig sichergestellt werden kann. So können Beschäftigte, die einen vollständigen Impfschutz oder eine Genesung von einer COVID-19-Erkrankung nachweisen, vom Testangebot ausgenommen werden.

Trotz sinkender Zahlen täglicher Corona-Neuinfektionen muss den Infektionsgefahren im Betrieb weiterhin wirksam begegnet werden. Deshalb bleiben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch zukünftig verpflichtet, die folgenden Maßnahmen umzusetzen:

Die aktuelle Infektionsschutzverordnung ist bis zum 10. September 2021 verlängert worden.

Praxishinweise

Sollen die Mitarbeiter in den Betrieb zurückkommen und besteht keine abweichende Vereinbarung, können Arbeitgeber von ihrem Direktionsrecht Gebrauch machen. Zudem sollten Arbeitgeber ausdrücklich klarstellen, dass es nach Ablauf der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht kein Recht auf Arbeit im Homeoffice gibt. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Maßnahmen der aktuellen Infektionsschutzordnung umzusetzen.

Wenn Arbeitgeber die Tätigkeit im Homeoffice – jedenfalls in einem gewissen zeitlichen Umfang – weiterhin ermöglichen möchten, ist spätestens zum Ablauf der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht eine rechtssichere Vereinbarung zu treffen. In diesem Zusammenhang ist seit Neuestem das  –  durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz eingeführte  –  potenzielle Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der inhaltlichen Ausgestaltung der mobilen Arbeit zu berücksichtigen, § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG.