Qualitative Angebotswertung anhand von Bieterpräsentationen

Dr. Jan Bernd Seeger

Dr. Jan Bernd Seeger

Im Beschluss vom 28. Oktober 2021 hat die Vergabekammer Südbayern Leitlinien für die zulässige Bewertung von Bieterpräsentationen aufgestellt und Anforderungen an die Dokumentation nach § 8 VgV präzisiert.

Qualitative Angebotswertung anhand von Bieterpräsentationen
Qualitative Angebotswertung anhand von Bieterpräsentationen

25.01.2022 | Vergaberecht

Ausgangslage

Die Wertung von Bieterpräsentationen und die Anforderungen an eine vergaberechtskonforme Dokumentation stellen öffentliche Auftraggeber regelmäßig vor Herausforderungen. Einerseits wenn Angebotsinhalte im Rahmen eines Termins durch die Bieter präsentiert werden sollen. Anderseits wenn der Auftraggeber die Qualität des eingesetzten Personals anhand einer Bieterpräsentation bewerten will. Über die Voraussetzungen für die Wertung einer solchen Bieterpräsentation hatte die Vergabekammer Südbayern (VK) kürzlich zu entscheiden.

Grundlage des Nachprüfungsverfahrens war die Vergabe eines apothekenrechtlichen Versorgungsvertrags für ein kommunales Klinikum. Qualitatives Zuschlagskriterium war u. a. der „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“, das in Unterkriterien untergliedert war. Es waren also nicht die Inhalte der Präsentationen Gegenstand des Angebots, sondern die jeweils benannten Personen für die Projektleitung, deren Qualifikation anhand der Präsentation bewertet werden sollte. Die Punktevergabe erfolgte nach dem Schulnotensystem anhand von Leitlinien, die in den Vergabeunterlagen bestimmt waren. Der Auftragnehmer hatte nach dem Vertragsentwurf darauf hinzuwirken, die für die Projektleitung benannten Personen über die gesamte Vertragsdauer einzusetzen.

Entscheidung der Vergabekammer

Nach der Entscheidung der VK wird der nach § 127 Abs. 3 GWB nötige Auftragsbezug für Zuschlagskriterien nach § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV um das Erfordernis verschärft, dass die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Der nötige Auftragsbezug besteht für das qualitative Zuschlagskriterium „Gesamteindruck des vorgesehenen Projektleiterteams aus der Bieterpräsentation“ nach der VK nur, wenn die Tätigkeit der referierenden Person im zu vergebenden Auftrag gerade auch das Präsentieren darstellt. In diesem Fall sei eine Bieterpräsentation eine besondere Form der „Teststellung“, vergleichbar mit einem Probevortrag. Damit der Auftragsbezug bestehe, müsse zudem vertraglich sichergestellt sein, dass (nur) die Projektleiter im Rahmen der Auftragsausführungen die Beratungstätigkeiten übernehmen.

Die VK macht gleichzeitig deutlich, dass die qualitative Bewertung des Personals mittels einer Präsentation von einer Präsentation abzugrenzen ist, mit der die Inhalte eines Angebots beurteilt werden sollen. Dort wird der Inhalt der Präsentation, nicht aber der Präsentationsstil bewertet. Zu den vergaberechtlichen Anforderungen an die Bewertung einer inhaltlichen Angebotspräsentation kann auf den Beschluss der VK Südbayern vom 2. April 2019, Z3-3-3194-1-43-11/18, verwiesen werden.

Weiterhin stellt die VK Anforderungen für die ordnungsgemäße Dokumentation einer Bieterpräsentation auf. Werden die Struktur und Verständlichkeit eines Vortrags bewertet, müssen die Vor- und Nachteile des jeweiligen Vortrags und die Beurteilung anhand einheitlicher Maßstäbe aus der Dokumentation nachvollzogen werden können. Dazu kann es erforderlich sein, dass auch der Vortrag selbst auf geeignete Weise dokumentiert wird. Dies gilt insbesondere, wenn die Wertung anhand des Schulnotensystems erfolgt.

Praxishinweis

Auftraggeber dürfen Präsentationen damit auch zukünftig in engen Grenzen bewerten. Für den anzusetzenden Zulässigkeitsmaßstab kommt es darauf an, ob die Inhalte des Angebots oder die Form der Präsentation bewertet werden sollen. Ungeachtet dieser notwendigen Differenzierung zeigen die Ausführungen zu den Dokumentationserfordernissen auf, wie hoch die Anforderungen an eine vergaberechtskonforme Dokumentation bei der Bewertung einer Präsentation sind.