Arbeits- und Zeitaufwand von Personal – ersatzfähig oder Sowieso-Kosten?

Dr. Boris Waschkowski LL.M.

Dr. Boris Waschkowski LL.M.

Personalaufwand fällt in einem Unternehmen immer an. Führt das Personal aber Arbeiten aus, die durch einen Dritten verursacht wurden, etwa in Nacherfüllungs- oder Schadensfällen, so stellt sich die Frage: Kann Ersatz für diesen Personalaufwand gefordert werden?

Arbeits- und Zeitaufwand von Personal – ersatzfähig oder Sowieso-Kosten?
Arbeits- und Zeitaufwand von Personal – ersatzfähig oder Sowieso-Kosten?

24.10.2022 | Commercial

1. Nacherfüllungsfälle

Rügt der Käufer einer neu hergestellten Sache deren Mangelhaftigkeit gegenüber seinem Verkäufer und verlangt Nacherfüllung, so stellt sich nicht selten heraus, dass der Verkäufer die Sache bereits mangelhaft von seinem Lieferanten erhalten hat. In derartigen Lieferketten gewährt § 445a BGB dem Verkäufer einen Regressanspruch gegen seinen Lieferanten hinsichtlich der Aufwendungen, die er im Verhältnis zum Käufer aufgrund der Nacherfüllung zu tragen hatte.

Personalaufwendungen des Verkäufers, die unmittelbar der Mangelbeseitigung dienen (also etwa für die Reparatur), sind Arbeitskosten im Sinne von § 439 Abs. 2 BGB und werden allgemein als erstattungsfähig angesehen.

Schwieriger zu beurteilen, da nicht höchstrichterlich geklärt, ist die Frage nach der Ersatzfähigkeit von Personalaufwendungen im Rahmen von Nacherfüllungsverlangen, die verwaltenden Charakter haben. Hierunter fallen etwa Kosten für Mitarbeiter, die am Telefon Reklamationen entgegennehmen oder Rechnungen anfordern und kontrollieren. Es wird insoweit vertreten, dass diese Personalaufwendungen nicht ersatzfähig seien, da es sich um sog. Sowieso-Kosten handle, also Kosten, die auch ohne die konkrete Nacherfüllung angefallen wären.

Daraus folgt, dass jedenfalls die administrativen Personalaufwendungen ersatzfähig sind, die dadurch entstanden sind, dass Personal extra wegen der konkreten Nacherfüllung eingestellt wurde – soweit diese Neueinstellung erforderlich war.

Aber auch ansonsten wendet sich die überwiegende Meinung in der Literatur gegen das pauschale Argument der Sowieso-Kosten. Personalaufwendungen werden dann als ersatzfähig angesehen, wenn sie sich dem konkreten Nacherfüllungsvorgang zuordnen lassen, also das Personal wegen des konkreten Nacherfüllungsvorgangs nicht anderweitig eingesetzt werden konnte. Erforderlich ist daher stets eine Prüfung am konkreten Einzelfall.

2. Schadensfälle

Fällt Personalaufwand im Rahmen eines Schadensfalles (also etwa einer Sachbeschädigung) an, differenziert die Rechtsprechung hinsichtlich der Ersatzfähigkeit stets zwischen Schadensbeseitigung einerseits und Schadensermittlung sowie außergerichtlicher Schadensabwicklung andererseits.

2.1 Personalaufwand im Rahmen der Schadensbeseitigung

Personalaufwand, der zur unmittelbaren Schadensbeseitigung führt, kann grundsätzlich als Schaden geltend gemacht werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Schadensbeseitigung durch Personal des eigenen Betriebes oder durch externe Dritte vorgenommen wird. Maßnahmen der Schadensbeseitigung sind beispielsweise die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.

2.2 Personalaufwand im Rahmen der Schadensermittlung und außergerichtlichen Schadensabwicklung

Personalaufwand für die Schadensermittlung und außergerichtliche Schadensabwicklung kann grundsätzlich nicht als Schaden geltend gemacht werden. Das gilt dabei ebenfalls unabhängig davon, ob die Schadensermittlung und außergerichtliche Schadensabwicklung durch eigene Mitarbeiter erfolgen oder das Unternehmen die Tätigkeiten extern erledigen lässt. Hierunter fällt die mit einem Schadensereignis verbundene allgemeine Verwaltungstätigkeit eines jeden Mitarbeiters, wie beispielsweise die Erstellung einer (Serien-)Schadensmeldung, das Heraussuchen und Sichten von Dokumenten im Zusammenhang mit dem Schadensfall oder das Aufsetzen von Schreiben oder E-Mails sowie das Führen von Telefonaten.

Eine Ersatzfähigkeit kann nach der Rechtsprechung jedoch dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn der im Einzelfall erforderliche Aufwand die „im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung des Geschädigten überschreitet“. Mit anderen Worten, wenn der Personalaufwand im Einzelfall einen ganz außergewöhnlichen Umfang erreicht. Die Rechtsprechung geht davon etwa dann aus, wenn es die Schadensermittlung und/oder außergerichtliche Schadensabwicklung erforderlich machen, einen oder mehrere Mitarbeiter von ihrer üblichen Tätigkeit abzuziehen oder zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. Gleiches dürfte für den Fall notwendiger Überstunden oder der Nachtarbeit von Mitarbeitern gelten.

3. Fallstricke in der Praxis

Bei der (möglichen) Erstattungsfähigkeit von Personalaufwendungen sind in der Praxis folgende Fallstricke zu beachten:

4. Hinweise für zukünftige Fälle

Treten zukünftig Nacherfüllungs- oder Schadensfälle auf, in deren Rahmen die Ersatzfähigkeit von Personalaufwendungen im Raum steht, so ist Folgendes zu beachten: