SAFEs und Wandeldarlehen – ein Vergleich zweier artverwandter Bridge-Financing-Instrumente

SAFEs (Simple Agreements for Future Equity) sind beim Einwerben von Kapital als Alternative zu den mittlerweile branchenüblichen Wandeldarlehen in Deutschland im Kommen. Dieser Beitrag soll Gründer und Investoren bei Auswahl, Verhandlung und Abschluss einer solchen Vereinbarung unterstützen. Hierzu werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Instrumente sowie entscheidende Konsequenzen für die jeweiligen Vertragsparteien dargestellt.

SAFEs und Wandeldarlehen – ein Vergleich zweier artverwandter Bridge-Financing-Instrumente
SAFEs und Wandeldarlehen – ein Vergleich zweier artverwandter Bridge-Financing-Instrumente

07.11.2022 | Venture Capital / M&A

1. Status quo von Wandeldarlehen und SAFEs in Deutschland

Deutsche Start-ups verwenden standardmäßig Wandeldarlehen (Convertible Loans) um einfach, kostengünstig und schnell Kapital einzuwerben, ohne sogleich eine notariell zu beurkundende Kapitalerhöhung durchführen zu müssen. Allerdings erfreuen sich mittlerweile auch die im Jahr 2013 vom amerikanischen Accelerator Y Combinator entwickelten Simple Agreements for Future Equity oder kurz auch SAFEs immer größerer Beliebtheit .

Die Zielsetzung beider Instrumente ist die gleiche. Von ihrer vertraglichen Gestaltung sind sie ebenfalls recht ähnlich. Doch wo liegen die für Gründer oder Investoren entscheidenden Unterschiede? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede von SAFEs und Wandeldarlehen. Dabei werden als Entscheidungsgrundlagen für Gründer und Investoren auch die Vor- und Nachteile für die unterschiedlichen Parteien der beiden Finanzierungsinstrumente dargestellt.

2. Parallelen und Unterschiede von SAFEs und Wandeldarlehen

Der grundsätzliche Regelungsgehalt von Wandeldarlehen und SAFE ist der gleiche: Die Gesellschaft und der Investor schließen einen Vertrag, nach dem der Investor gegen Gewährung von Anteilen an der Gesellschaft dieser Geld zur Verfügung stellt. Bei einem SAFE-Instrument handelt es sich kurz gesagt um eine Geldeinlage verbunden mit der Option auf Zeichnung von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft. Das Wandeldarlehen ist ein klassisches Darlehen verbunden mit einem schuldrechtlich vereinbarten Wandlungsrecht.

Anhand der nachfolgenden Themen werden für beide Instrumente wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgezeigt:

2.1 Laufzeit

Wandeldarlehen haben eine endliche Laufzeit. An ihrem Ende kann entweder die Rückzahlung des Darlehens oder die optionale oder zwingende Wandlung des Darlehensbetrages in Geschäftsanteile an der Gesellschaft stehen. Eine Wandlung außerhalb einer Finanzierungsrunde bedeutet für die Gesellschaft einen zusätzlichen Kostenaufwand, denn zu deren Umsetzung ist eine Kapitalerhöhung ggf. mit Anpassungen einer bestehenden Gesellschaftervereinbarung erforderlich. Abgewendet werden kann dies in der Regel nur, wenn eine Laufzeitverlängerung des Darlehens mit dem Darlehensgeber vereinbart werden kann.

Im Gegensatz hierzu läuft ein SAFE regelmäßig auf unbestimmte Zeit, was im Vergleich zum Wandeldarlehen für die Gesellschaft äußerst bequem ist, da weder zusätzliche Kosten für eine Wandlung entstehen noch eine Vertragsverlängerung verhandelt werden muss.

2.2 Zinsen

Im Rahmen von Wandeldarlehen ist zugunsten des Investors der zur Verfügung gestellte Darlehensbetrag zu verzinsen. Im Falle einer Wandlung werden die Zinsansprüche zum Wandlungsbetrag hinzugerechnet und damit ebenfalls in Anteile an der Gesellschaft gewandelt. Erfolgt keine Wandlung, sind die Zinsen zusammen mit dem Darlehensbetrag zurückzuzahlen.

Bei SAFEs wird üblicherweise kein Zins für den Investitionsbetrag vereinbart. Dies ist insoweit vorteilhaft für die Gründer und übrigen potenziellen Investoren und Gesellschafter, weil deren Verwässerung durch den sich nicht erhöhenden Betrag geringer gehalten wird. Der Investor hingegen erhält somit für das von ihm aufgenommene Risiko keine zusätzliche Rendite in Form von weiteren Anteilen oder Zinsen.

2.3 Rückzahlungsanspruch

Wie bereits erwähnt, besteht bei Wandeldarlehen ein Rückzahlungsanspruch des Investors. Sofern keine Wandlung stattfindet, erhält dieser am Ende der Laufzeit seinen Investitionsbetrag samt Zinsen von der Gesellschaft zurück. Der Rückzahlungsanspruch hat zum einen den Vorteil, dass der zur Verfügung gestellte Betrag nicht einfach verpufft, sofern keine Finanzierungsrunde bei der Gesellschaft stattfindet. Zum anderen soll der verzinste Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers den Malus kompensieren, dass der Darlehensgeber anders als die Gesellschafter gerade keine Stimm- und Kontrollrechte bzgl. der Gesellschaft hat, obwohl diese mit seinem Geld arbeitet. Allerdings mindert die Vereinbarung eines (qualifizierten) Rangrücktritts die Bedeutung eines solchen Rückzahlungsanspruchs erheblich, da der Darlehensbetrag damit im Ergebnis wie Eigenkapital behandelt wird. Ist dem Investor schon in einem frühen Stadium daran gelegen, Kontrolle in der Gesellschaft auszuüben, wäre daher eine Beteiligung als Gesellschafter ggf. einem Wandeldarlehen vorzugswürdig.

Bei SAFEs besteht hingegen (außer im Falle von vertraglich definierten Liquidity- oder Dissolution-Events, wie z.B. Change of Control, Liquidation oder Auflösung) kein Zahlungsanspruch bzgl. des zur Verfügung gestellten Betrages. Die Gesellschaft ist nicht verpflichtet, dem Investor sein Geld zurückzuzahlen. Findet zu keinem Zeitpunkt eine Finanzierungsrunde statt, so ist das Geld sozusagen „verloren“. Für die Gesellschaft ist diese Regelung äußerst vorteilhaft, da sie das Geld verwenden kann, ohne eine etwaige Rückzahlung einkalkulieren zu müssen.

2.4 Liquidationspräferenz

Bei beiden Investitionsformen werden die Geldgeber für ihre Risikobereitschaft im Vergleich zu Gesellschaftern, die sich früher an der Gesellschaft beteiligt haben, belohnt: Nach dem Last-In-First-Out-Prinzip werden sie mit einer höherrangigen Liquidationspräferenz ausgestattet als solche, die direkt bzw. früher in die Gesellschaft investiert haben. Je später die Wandlung vollzogen wird, desto wahrscheinlicher ist es für den Investor im Falle eines Exits, einen Teil der Erlöse zu erlangen.

2.5 Möglichkeit zur Kündigung

Das Recht zur ordentlichen Kündigung ist bei Wandeldarlehen für deren Laufzeit in der Regel ausgeschlossen. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund. In der Regel werden im Vertrag einige Szenarien benannt, die in jedem Fall einen wichtigen Grund darstellen. Zum Beispiel, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers verschlechtern oder gewisse ggf. zwischen den Parteien festgelegte Vereinbarungen (z.B. Verwendungszweck) des Darlehens nicht eingehalten werden. Durch letztere kann sich der Investor zumindest insoweit absichern, als dass bestimmte vorab vereinbarte Ziele von der Gesellschaft erreicht werden müssen. Aufgrund des vereinbarten qualifizieren Rangrücktritts hilft allerdings auch ein ausgeübtes Rücktrittsrecht im Falle einer Vermögensverschlechterung nicht mehr darüber hinweg, dass der Rückzahlungsanspruch nach den Ansprüchen der übrigen Gläubiger zu bedienen ist.

SAFEs sehen hingegen üblicherweise keine Möglichkeit zu ihrer Beendigung vor. Möchte sich der Investor einseitig von dem Vertrag lösen, stehen ihm hierzu nur die gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung.

2.6 Auslöser der Wandlung bzw. des Anspruchs auf Zeichnung von Geschäftsanteilen

Im Rahmen von Wandeldarlehen gibt es verschiedene Szenarien, die zu einer Wandlung des Darlehensbetrages führen. Üblicherweise ist eine Wandlung für den Fall einer Finanzierungsrunde vorgesehen, zuweilen auch am Laufzeitende des Vertrages. In beiden Fällen ist ein einseitiges Recht des Darlehensgebers oder der Gesellschaft oder ein beidseitiges Recht oder eine generelle Wandlungspflicht möglich. Bei einer Wandlung zum Laufzeitende muss die Gesellschaft den Darlehensbetrag samt Zinsen nicht zurückbezahlen und bleibt dadurch für zukünftige Investoren attraktiv. Denn diesen ist in der Regel sehr daran gelegen, dass ihr neues Investment nicht zur Rückzahlung von Ansprüchen aus ausstehenden Wandeldarlehen verwendet wird.

Im Vergleich hierzu ist in SAFEs geregelt, dass eine Ausgabe von Geschäftsanteilen verpflichtend zur nächsten Finanzierungsrunde zu erfolgen hat, die auf den Abschluss des SAFE folgt. Im Unterschied zur Vorlage von Y Combinator vollzieht sich die „Wandlung“ in Geschäftsanteile bzw. deren Ausgabe nicht wie nach amerikanischem Recht „automatisch“. Nach diesem werden Anteile an der Gesellschaft dort direkt vom Board of Directors ausgegeben. Nach deutschem Recht ist stattdessen eine Kapitalerhöhung unter Beteiligung aller Gesellschafter erforderlich. Bei der Vertragsgestaltung eines SAFE ist zudem daran zu denken, dass der Investor zusätzlich nach Übernahme seiner Geschäftsanteile die auf sie entfallenden Nennbeträge neu an die Gesellschaft entrichten muss.

2.7 Vergünstigungen für Investoren

Sowohl in Wandeldarlehensverträgen als auch in SAFEs können bei der Berechnung des Anteilspreises die folgenden Vereinbarungen zugunsten des Investors getroffen werden:

• Cap: Dieser legt den Höchstpreis fest, zu dem der Investitionsbetrag in Anteile an der Gesellschaft gewandelt werden soll. Bei den Vorlagen von Y Combinator gibt es sog. „Pre-Money“ und „Post-Money“-SAFEs mit einem sog. „Valuation Cap“. Der Valuation Cap des Pre-Money SAFE bezieht sich dabei auf die Pre-Money- und das des Post-Money SAFE auf eine Post-Money-Bewertung der Gesellschaft. Bei der Berechnung der an den Investor auszugebenden Anteile wird darauf abgestellt, ob entweder (i) die Anwendung des vereinbarten Valuation Cap oder (ii) die Zugrundelegung des Anteilspreises, der von Investoren in der zugehörigen Finanzierungsrunde gezahlt wird, zu mehr Anteilen für den Investor führt.

Der Vorteil der Vereinbarung eines Post-Money Valuation Cap liegt für den Investor darin, dass er bereits zum Zeitpunkt seiner Investition weiß, wie hoch seine zukünftige Beteiligung an der Gesellschaft sein wird. Gleichwohl kommt eine solche Vereinbarung in Deutschland eher selten vor.

• Discount: Zum Vorteil des Investors kann ein Discount (Bewertungsabschlag) auf den Anteilspreis gewährt werden, den die übrigen Investoren bei Umwandlung ihres Investitionsbetrages in Geschäftsanteile zahlen. Der Discount wird zumeist als Kompensation für das höhere Investmentrisiko des früheren Investors gewährt.

• Most Favored Nation (MFN): Ebenfalls kann eine sog. „Most-Favored-Nation“- Clause (Meistbegünstigungsklausel) vereinbart werden. Diese ermöglicht es dem Investor, die gleichen Bedingungen zu erhalten wie Investoren, die nach ihm in die Gesellschaft investiert haben. Damit ist sichergestellt, dass er die besten Bedingungen ebenfalls erhält, die anderen Investoren angeboten werden.

2.8 Elemente der Anteilspreisberechnung

In Wandeldarlehen wird für den Wandlungsfall zur Berechnung des Anteilspreises in der Regel auf die in der Finanzierungsrunde zugrunde gelegte Pre-Money-Bewertung der Gesellschaft abgestellt. Die Vereinbarung eines fixen Wertes im Wandeldarlehensvertrag ist zwar möglich, wird aber von den Parteien selten genutzt, da gerade in diesem Stadium unklar ist, welche Bewertung der Gesellschaft tatsächlich zugrunde zu legen ist.

Legt man bei Wandeldarlehen oder SAFEs keinen fixen Wert zugrunde, so richtet sich der Wandlungspreis in der Regel nach dem in der zugehörigen Finanzierungsrunde zugrunde gelegten Anteilspreis, ggf. unter Einbeziehung der in Ziffer 2.7 aufgezeigten Abzüge. Grundsätzlich berechnet man den Anteilspreis, indem man die Pre-Money-Bewertung durch das Stammkapital (gezeichnete Kapital) der Gesellschaft teilt und den Nennbetrag des Anteils, der noch neu einzuzahlen ist, abzieht. Jedoch kann bei der Berechnung fiktiv um einige Posten erhöht werden (fully diluted), wie z.B. um die bereits ausgegebenen, und ggf. die noch nicht ausgegebenen sowie u.U. etwaige Erhöhungen von Optionspools aus Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen bestehende Wandeldarlehen und SAFEs. Welche Komponenten miteinfließen sollen, ist durch die Parteien im Einzelfall festzulegen.

3. Ausblick

Wie sich anhand der obigen Darstellung gezeigt hat, bringen SAFEs für Investoren im Grunde keine nennenswerten Vorteile gegenüber Wandeldarlehen. Für Gründer hingegen sind diese aufgrund des Fehlens von Rückzahlungsanspruch, Laufzeit, Zinsen etc. unter Umständen attraktiver. Derzeit sind SAFEs allerdings wegen mangelnder einschlägiger Rechtsliteratur und Rechtsprechung noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Im Gegensatz dazu sind Wandeldarlehen mittlerweile Gegenstand einer Vielzahl von Aufsätzen und auch einigen Urteilen. Bei ihnen besteht damit zwar keine allumfassende, aber zumindest eine größere Rechtssicherheit als bei SAFEs. Business Angels nutzen zudem gerne die INVEST-Förderung bei ihren Investments. SAFEs sind im Gegensatz zu Wandeldarlehen allerdings nicht INVEST-förderfähig, was einen weiteren Nachteil dieser Finanzierungsart bedeutet.

Letztlich sei gesagt, dass keine der dargestellten Regelungen von den Parteien auch so vereinbart werden muss, nur weil dies für die jeweilige Vertragsart üblich ist. Vielmehr steht es den Parteien in ihrem individuellen Vertrag frei, (im Rahmen des gesetzlich Zulässigen) das festzulegen, was ihnen im konkreten Fall zweckmäßig, durchführbar und sinnvoll erscheint.