Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 2023

 Alexandra  Molling

Alexandra Molling

Seit dem 01.01.2023 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das Sorgfaltspflichten für deutsche Unternehmen in Bezug auf ihre Lieferketten regelt. Aus bislang freiwilligen Vorgaben sind verpflichtende Vorgaben entstanden, Maßnahmen in Bezug auf schwerwiegende Menschenrechtsverstöße zu ergreifen. Das deutsche LkSG ist zudem eine Vorbereitung auf eine EU-weite Regelung.

Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 2023
Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 2023

07.03.2023 | Bau- und Immobilienrecht

Ziele & Anwendungsbereich

Das Ziel des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ist ein verantwortungsvolles Management internationaler Lieferketten deutscher Unternehmen. Es ist als „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ am 1. Januar 2023 in Kraft getreten und soll zur Verbesserung des Schutzes grundlegender Menschenrechte, auch durch die Beachtung von Umweltbelangen, beitragen.

Das LkSG betrifft Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland, die mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen. Das betrifft alle Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform und Gewinnerzielungsabsicht, also auch öffentlich-rechtliche Unternehmen. Weitere Regelungen hierzu trifft § 1 LkSG.

Laut Schätzungen sind dadurch im Jahr 2023 etwa 700 Unternehmen von dem Gesetz betroffen. Ab dem 1. Januar 2024 wird der Adressatenkreis nochmal von mindestens 3.000 auf mindestens 1.000 Arbeitnehmer erweitert, wobei dann schätzungsweise ca. 2.900 Unternehmen unmittelbar betroffen sein werden.

Kurze Historie

Die Basis für das LkSG waren die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen von 2011 und der daraus folgende „Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ (NAP) von 2016. Auf dieser Grundlage wurden die Unternehmen motiviert, im Sinne der Unternehmensverantwortung die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferketten zu beachten. Ein mehrjähriges Monitoring mit Ergebnispräsentation im Jahr 2020 ergab, dass lediglich knapp 20 % der Unternehmen die Anforderungen erfüllten. Der Koalitionsvertrag sah für den Fall eines schlechten Ergebnisses (unter 50 %) vor, gewisse Sorgfaltspflichten national gesetzlich zu verankern. Daraus entstand das aktuelle Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

Inhalt & Rechtsfolgen

Inhaltlich benennt das LkSG (§ 2 Abs. 2) insbesondere folgende Sorgfaltspflichten, um lieferkettentypische Risiken, deren Verstoß eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, zu minieren:

Welche Verpflichtung ergeben sich aus dem LkSG?

In den §§ 4 – 10 des LkSG werden den Unternehmen folgende Sorgfaltspflichten auferlegt:

Die Beachtung der aufgezählten Sorgfaltspflichten gilt dabei im eigenen Geschäftsbereich der Unternehmen und bei den Tätigkeiten der unmittelbaren Zulieferer verdachtsunabhängig und anlasslos.

Eine Handlungspflicht der Unternehmen bei Verstößen der oben genannten Sorgfaltspflichten durch mittelbare Zulieferer besteht lediglich bei tatsächlicher Kenntnis. Das beschriebene Beschwerdeverfahren muss entsprechend auch für mittelbare Zulieferer zugänglich sein.

Welche Sanktionen gibt es bei Verstößen gegen das LkSG?

Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten wird extern durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft. Dafür stehen ihm diverse Kontrollbefugnisse in den §§ 14 ff. LkSG zur Verfügung.

Ein Verstoß im Sinne des § 24 Abs. 1 LkSG kann als Ordnungswidrigkeit mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes sanktioniert werden. Das zu verhängende Bußgeld kann gemäß § 24 Abs. 2 LkSG, je nach Verstoß, bis zu 800.000 EUR, und bei besonders leistungsstarken Unternehmen mit über 400 Mio. Euro Jahresumsatz 2 % hiervon betragen.

Die empfindlichere Strafe dürfte allerdings der drohende Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß § 22 LkSG sein. Dieser Ausschluss ist bis zu einem Zeitraum von drei Jahren möglich, wenn ein rechtskräftig festgestellter Verstoß nach § 24 Abs. 1 LkSG vorliegt, der mit einer Geldbuße von mindestens 175.000 EUR belegt wurde.

Eine Pflicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen sieht das LkSG nicht vor. Ziel ist es, dass sich die Unternehmen vor Ort mit ihren Zulieferern um eine nachhaltige Risikominimierung bemühen. Der Rückzug aus meist wirtschaftlich schwächeren Regionen sollte lediglich das letzte Mittel („ultima ratio“) sein, wenn besonders schwere Menschenrechtsverletzungen vorliegen und ergriffene Maßnahmen erfolglos bleiben.

Wie werden Unternehmen bei der Umsetzung des LkSG unterstützt?

Die Bundesregierung hat bereits in der Testphase des NAP 2016 diverse Leitfäden und Umsetzungshilfen definiert. Hierzu gehören Empfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wie Multi-Stakeholder-Initiativen oder Branchendialoge.

Fazit & Ausblick

Abschließend ist zu sagen, dass die Umsetzung und Einhaltung der beschriebenen Sorgfaltspflichten für stetig mehr Unternehmen in Deutschland unmittelbar oder mittelbar ein ernstzunehmendes Thema im Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR) ist.

Neben den unmittelbar Betroffenen sollten kleine und mittlere Unternehmen bereits jetzt mit Vorgaben Ihrer Vertragspartner rechnen. Es ist durchaus denkbar, dass sich durch eine frühzeitige Umsetzung der Sorgfaltspflichten Wettbewerbsvorteile ergeben werden.

Das deutsche LkSG kann dabei zudem als Vorbereitung auf von der EU geplante Vorgaben zu einem Lieferkettengesetz betrachtet werden. Nachdem die EU-Kommission im Februar 2022 ihren Vorschlag für Nachhaltigkeitspflichten in Unternehmen vorgelegt hatte, wurde ein Entwurf für europaweite Vorgaben zu den Lieferketten im Dezember 2022 vom Europäischen Rat verabschiedet. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments zum Erlass der Lieferketten-Richtlinie wird in diesem Jahr erwartet. Ab diesem Zeitpunkt wird Deutschland zwei Jahre Zeit haben, sein LkSG an die Vorgaben der EU-Richtlinie anzupassen.

Das europäische Lieferkettenrecht soll im Vergleich zu dem nationalen LkSG neben einem weiter gefassten Adressatenkreis von Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und 150 Mio. Euro Umsatz (in Risikobranchen: 250 Mitarbeitende und 40 Mio. Euro Umsatz) zusätzliches Augenmerk auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf die mittelbaren Zulieferer entlang der gesamten Wertschöpfungsketten legen. Dabei sollen auch die Nutzung und Entsorgung der hergestellten Produkte im Fokus stehen.

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