Regulierung der privaten Prozessfinanzierer durch zu erwartende Richtlinie der EU-Kommission

 Olaf Gratzke

Olaf Gratzke

Nachdem das EU-Parlament bereits im vergangenen Jahr eine Entschließung zur „Verantwortungsbewussten privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten“ (2020/2130(INL)) angenommen hatte, wird es nun sehr bald konkret: Nach dem 25. Juni 2023 ist die Europäische Kommission auf Grundlage der Entschließung aufgefordert, einen Richtlinien-Vorschlag vorzulegen. Lassen die Mitgliedstaaten die Prozessfinanzierung in Zukunft zu, werden bestimmte Mindeststandards für die kommerzielle Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen sein.

Regulierung der privaten Prozessfinanzierer durch zu erwartende Richtlinie der EU-Kommission
Regulierung der privaten Prozessfinanzierer durch zu erwartende Richtlinie der EU-Kommission

11.07.2023 | Bank- und Kapitalmarktrecht, Litigation und Arbitration

Hintergrund der EU-Regelung

Die EU sieht die Gefahr von Interessenkonflikten, die zu einer unangemessenen Benachteiligung von Klägern oder sonstigen Antragstellern führen könnten, die Prozesse durch Dritte finanzieren lassen. So könnten etwa nach den Befürchtungen des EU-Parlaments Prozessfinanzierer unangemessenen Einfluss auf Kläger ausüben. Mit dem Ziel, die Kläger vor Missbrauchsfällen oder Interessenkonflikten zu schützen, solle der Zugang zum Markt und die Ausübung der Tätigkeit privater Prozessfinanzierer künftig geregelt werden.

Welche Herausforderungen erwarten wir für Prozessfinanzierer?

Vertragsgestaltung von Prozessfinanzierungen

Prozessfinanzierer werden künftig die Vereinbarungen mit den Klägern nicht mehr frei gestalten können. Es wird definierte Vorgaben für den notwendigen Inhalt und für die zulässige Ausgestaltung der Vereinbarungen geben. Unzulässig werden z.B. sein:

Überwachungs- und Beschwerdesystem für Prozessfinanzierungen

Die Mitgliedstaaten werden sich verpflichten, eine Aufsichtsbehörde einzurichten, die Prozessfinanzierungsverträge oder das Handeln von Prozessfinanzierern überprüft.

So werden etwa Prozessfinanzierer verpflichtet sein, ihre Unterlagen auf Aufforderung den verfahrensführenden Gerichten und Behörden offenzulegen. Verstößt ein Prozessfinanzierer gegen etwaige Voraussetzungen, kann dies zu Geldstrafen oder dem Ausübungsverbot führen.

Genehmigungsverfahren für Prozessfinanzierer

Prozessfinanzierer werden in ähnlicher Weise wie Finanz- oder Zahlungsdienstleister unter dem KWG bzw. dem ZAG in Zukunft eine Vielzahl an Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen müssen. Die Tätigkeit der Prozessfinanzierung wird unter Erlaubnisvorbehalt gestellt. Insbesondere werden die Finanzierer einer Aufsichtsbehörde nachzuweisen haben, dass bestimmte Prozesse ausreichend abgebildet sind und nachhaltige Überwachungs- und Leitungsstrukturen bestehen, die eine Einhaltung der zukünftigen Richtlinie mitsamt der diesbezüglichen Transparenz- und Treuhanderfordernisse gewährleisten. Es wird Eigenmittelanforderungen geben, um sicherzustellen, dass Prozessfinanzierer sämtlichen finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen können.

Fazit und Unterstützung für private Finanzierer von Rechtsstreitigkeiten

Durch die Regulierungen entstehen erhebliche Risiken für Prozessfinanzierer. Allein der Umstand, dass die Haftung im Falle einer Niederlage nicht beschränkt werden kann, der Prozessfinanzierer auf den Prozess aber auch nicht einwirken und den Finanzierungsvertrag nicht kündigen darf, hat zur Konsequenz, dass sich der Prozessfinanzierer in ein Korsett begibt, aus dem er sich auch in prozessual kritischen Situationen nicht allein lösen können wird.

Um diesen Situationen vorzubeugen, wird erhebliche Vorsicht und Präzision bei dem Umgang mit den zukünftigen gesetzlichen Bestimmungen und bei der Erstellung der Finanzierungsverträge geboten sein. Außerdem wird eine besonders sorgfältige Prüfung des zu finanzierenden Prozesses empfohlen werden.

Gerne beraten und unterstützen wir Prozessfinanzierer.

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