Das Gesetz für faire Verbraucherverträge hat Unternehmen weitere Pflichten auferlegt. Die ersten Verbraucherzentralen mahnen nach unseren Informationen bereits fehlende Kündigungsbutton ab. Ein guter Grund sich mit der Umsetzung der Vorgaben genauer auseinanderzusetzen. | Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lars Howe
Die Gesetzesänderungen bringen einige Neuerungen mit sich, welche wir nachfolgend vorstellen.
a) Vertragslaufzeiten und Kündigungen
Die wichtigste Neuerung betrifft Vertragslaufzeiten und Kündigungen. Bieten Sie Verträge über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen oder Werkleistungen (umgangssprachlich „Abo-Verträge“) an, könnten Sie davon betroffen sein. Es bleibt dabei, dass die vereinbarte Vertragsdauer in AGB zwei Jahre nicht überschreiten darf.
Neu ist, dass die Kündigungsfrist maximal einen Monat vor Ablauf dieser Vertragsdauer betragen darf. Neu sind außerdem die stark eingeschränkten Möglichkeiten für eine automatische Vertragsverlängerung. Hier dürfen Sie keine bestimmte Dauer der Vertragsverlängerung mehr vorgeben (beliebt waren früher Regelungen wie: „Der Vertrag verlängert sich automatisch um ein Jahr“). Die Verträge dürfen vielmehr nur noch ohne weitere Mindestlaufzeit weiterlaufen. Der Verbraucher muss den automatisch verlängerten Vertrag außerdem jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat kündigen dürfen. Diese Neuerung gilt für ab dem 01.03.2022 neu geschlossene Verträge. - § 309 Nr. 9 BGB
b) Kündigungsbutton
Seit dem 01.07.2022 müssen Sie unter Umständen auf Ihrer Webseite einen sogenannten „Kündigungsbutton“ für Verbraucher bereitstellen. Betroffen sind alle Verträge, nach denen Sie für einen Verbraucher regelmäßige, wiederkehrende Leistungen erbringen, für die der Verbraucher ein Entgelt zahlt. Das Entgelt besteht meist in Geld, ausreichend ist aber möglicherweise auch das sogenannte „Bezahlen mit Daten“. Die Schwelle, ab der bei solchen Modellen ein „Kündigungsbutton“ erforderlich ist, ist aber noch ungeklärt.
Wir erörtern gern mit Ihnen, ob bei Ihrem Geschäftsmodell ein Kündigungsbutton erforderlich ist. Diese neue Regelung greift bereits dann ein, wenn Sie Verbrauchern grundsätzlich die Möglichkeit bieten, solche Verträge online abzuschließen, unabhängig davon, ob der Verbraucher den konkreten zu kündigenden Vertrag tatsächlich online abgeschlossen hat. Ähnlich wie das Impressum muss dieser Kündigungsbutton für den Verbraucher unmittelbar und leicht zugänglich sein.
Die genauen gesetzlichen Anforderungen an den Kündigungsprozess und die weiteren Best-Practices, erläutern wir Ihnen gern. - § 312k BGB
c) Werbeanrufe
Schon nach der bisherigen Rechtslage durften Sie Werbeanrufe bei einem Verbraucher nur nach dessen vorheriger ausdrücklicher Einwilligung durchführen. Diese sollten Sie zumindest im eigenen Interesse zu Beweiszwecken dokumentieren. Seit dem 1. Oktober 2021 sind Sie in solchen Fällen gesetzlich dazu verpflichtet, die Einwilligung zu dokumentieren und für fünf Jahre – gemessen ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Einwilligung oder jeder späteren Verwendung – aufzubewahren. Auf Verlangen müssen Sie die Einwilligung der Bundesnetzagentur vorlegen. - §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 7a UWG
d) Abtretbarkeit von Forderungen
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen darf die Abtretbarkeit von Forderungen, also Übertragbarkeit von Ansprüchen des Verbrauchers gegen den Unternehmer, nur noch in wenigen Fällen ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Neuerung betrifft bereits seit dem 01.10.2021 geschlossene Verträge, für zuvor geschlossene Verträge müssen keine nachträglichen Änderungen durchgeführt werden. - § 308 Nr. 9 BGB
2. Was ist zu tun?
Wir empfehlen insbesondere folgende Aspekte im Unternehmen zu überprüfen:
Haben Sie in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen zur Vertragslaufzeit beziehungsweise einer automatischen Vertragsverlängerung oder zur Abtretbarkeit von Ansprüchen des Verbrauchers, müssen Sie Ihre AGB gegebenenfalls an die neue Rechtslage anpassen.
Die Einführung des „Kündigungsbuttons“ kann Anpassungen Ihrer Webseite erfordern.
Mit Blick auf die Telefonwerbung müssen Sie Ihre Prozesse zur Dokumentation und Aufbewahrung von Verbraucher-Einwilligungen überprüfen und gegebenenfalls an die neuen Anforderungen anpassen.
In der Praxis zeichnet sich die Umsetzung eines am Gesetzeswortlaut orientierten zweistufigen Kündigungsverfahrens ab. Stufe 1 ist der Kündigungsbutton auf der Website, Stufe 2 eine Übersichtsseite. Dabei gilt es beim Kündigungsbutton insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
Der Kündigungsbutton sollte ständig verfügbar sein, z.B. im Footer oder Header der Website. Zusätzliche Hürden wie z.B. ein Log-In-Erfordernis sollten vermieden werden, solange noch ungeklärt ist, ob diese zulässig sind.
Die Beschriftung des „Kündigungsbuttons“ darf nicht den Eindruck vermitteln, dass allein durch die Betätigung des „Kündigungsbuttons“ die Kündigung bereits rechtswirksam ausgesprochen wird. Formulierungen wie „Jetzt kündigen“ sind problematisch. Der sicherste Weg ist die Verwendung der Formulierung des Gesetzes „Vertrag hier kündigen“
Der Besucher muss nach Klick auf den „Kündigungsbutton“ unmittelbar auf die Bestätigungsseite weitergeleitet werden.
Der „Kündigungsbutton“ darf nicht von Chat-Fenstern, Cookie-Bannern oder Ähnlichem verdeckt werden.
Bei der Bestätigungsseite im Rahmen des Kündigungsprozesses sind insbesondere folgende Informationen abzufragen und es ist Folgendes zu berücksichtigen:
Art der Kündigung mit der Möglichkeit zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung zu wählen
Kündigungsgrund bei außerordentlicher Kündigung
Angaben zur Identität des Verbrauchers (z.B. Name etc.)
Bezeichnung des Vertrages
Gewünschter Zeitpunkt des Vertragsendes
Angaben zur elektronischen Erreichbarkeit des Verbrauchers für den Erhalt der Kündigungsbestätigung (z.B. E-Mail)
Der Button auf der Kündigungsseite ist mit „Jetzt kündigen“ zu beschriften
Der „Kündigungsbutton“ darf nicht von Chat-Fenstern, Cookie-Bannern oder Ähnlichem verdeckt werden
3. Was droht bei Verstößen?
Verstöße gegen die vorgenannten Regelungen können für Ihr Unternehmen unliebsame Konsequenzen haben:
Die Neuerungen zur Abtretbarkeit und zur Vertragslaufzeit betreffen insbesondere AGB zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Passen Sie ihre AGB für Neuverträge nicht an, besteht die Gefahr, dass die betroffenen Regelungen unwirksam sind und ersatzlos wegfallen. Das bedeutet beispielsweise mit Blick auf die Vertragslaufzeit, dass sich Verträge nicht stillschweigend verlängern, sondern mit dem Ende der vereinbarten Laufzeit auslaufen. Zudem besteht bei nicht angepassten AGB die Gefahr einer Abmahnung durch Wettbewerber.
Auch im Hinblick auf den „Kündigungsbutton“ besteht die Gefahr einer Abmahnung. Wesentlich schwerwiegender ist aber, dass der Verbraucher den betroffenen Vertrag mit Ihnen jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann.
Verstöße gegen die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht von Telefon-Einwilligungen können eine Ordnungswidrigkeit darstellen, sodass gegen Sie ein Bußgeld verhängt werden könnte. Hat das zur Folge, dass Sie die Einwilligung in eine durchgeführte Telefonwerbung nicht nachweisen können, kann das ein weiteres Bußgeld nach sich ziehen.
Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht hat zu einer Reihe wichtiger Neuerungen für den E-Commerce geführt. Das Abmahnpotential ist hoch, weshalb wir die wichtigsten Neuerungen und To-Dos in diesem Beitrag aufzeigen.