Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Managerhaftung

Managerhaftung ist eine in den letzten Jahren verstärkt diskutierte Thematik. Der vorliegende Beitrag zeigt in drei Teilen auf, wo die Reise seitens des Gesetzgebers in den kommenden Jahren hingehen könnte.

11.11.2014

Die Haftung von Managern deutscher Unternehmen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen und ist überdies zunehmend in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung geraten. Die in Rede stehenden Haftungssummen sind enorm. Teils werden Manager als Privatpersonen auf dreistellige Millionenbeträge verklagt, weil ihnen die Verletzung von Pflichten, die sie als Organ des Unternehmens einzuhalten haben, vorgeworfen wird.

In der neueren rechtspolitischen Diskussion ist deshalb die Frage entbrannt, ob eine Reform der Organhaftung, also der Haftung der Vorstände von Aktiengesellschaften und Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie weiterer Geschäftsleiter reformiert werden sollte. Der 70. Deutsche Juristentag hat sich mit diesen Fragen detailliert beschäftigt und in Richtung des Gesetzgebers durch die getroffenen Beschlüsse Signale gesandt. Diese sollen im Folgenden sowie in den sich anschließenden Teilen dieses Beitrags zusammengefasst werden. Dabei wird wie folgt gegliedert:

Teil 1: Materielles Recht, Innenhaftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder

Teil 2: Durchsetzung der Haftung

Teil 3: Haftung in regulierten und öffentlichen Unternehmen

Im Folgenden werden die wesentlichen Linien der Beschlüsse des 70. Deutschen Juristentages skizziert. Sie geben Tendenzen wieder, die für die anstehende rechtspolitische Diskussion zu erwarten sind:
 

  1. Eine generelle Haftungsbeschränkung von Mitgliedern des Vorstands oder Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft auf grobe Fahrlässigkeit wird abgelehnt. Ebenso wird eine gesetzliche Beschränkung der Organhaftung für Fahrlässigkeit durch Einführung von Haftungshöchstgrenzen abgelehnt.
  1. Abgelehnt wird auch ein Vorschlag, demzufolge das jeweils entscheidende Gericht im Haftungsprozess das Haftungsvolumen nach billigem Ermessen herabsetzen kann, soweit dies nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere Grad des Verschuldens und Höhe des Schadens sowie Vermögensverhältnisse des Organmitglieds) geboten erscheint.
  1. Hingegen wird es für sinnvoll erachtet, den Aktionären als den Satzungsgebern die Möglichkeit zu geben, die aktienrechtliche Organhaftung durch die Satzung zu begrenzen.


Dabei soll die Satzung sowohl vorsehen können, dass die Innenhaftung der Organmitglieder für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist als auch dass die Innenhaftung auf gewisse Haftungshöchstgrenzen beschränkt wird. Im Gegenzug soll die Möglichkeit eröffnet werden, durch die Satzung die Versicherbarkeit des Selbstbehalts nach § 93 Abs. 2 S. 3 AktG auszuschließen (derzeit ist anerkannt, dass der in § 93 Abs. 2 S. 3 AktG vorgesehene Selbstbehalt extra versichert werden kann).
 

  1. Abgelehnt wird hingegen die Möglichkeit, den Aufsichtsrat zu derartigen Haftungsbeschränkungen zu ermächtigen.
  1. Auch eine in letzter Zeit viel diskutierte Frage betreffend die sog. „Ressortverantwortlichkeit“ von Vorstandsmitgliedern wurden behandelt: Gewünscht wird eine Klarstellung, dass ein Vorstandsmitglied sich grundsätzlich auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Ressortverantwortlichkeit eines Vorstandskollegen verlassen darf, solange keine konkreten Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen vorliegen.
  1. Die derzeit in Haftungsprozessen häufig äußerst missliche Vorschrift des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG, derzufolge das in die Haftung genommene Organmitglied beweisen muss, dass es nicht pflichtwidrig und nicht schuldhaft gehandelt hat, sollte nach den Beschlüssen des 70. DJT gestrichen werden.


Fazit: Es zeichnet sich – ganz im Lichte der gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen der letzten Jahre hin zu mehr Satzungsautonomie durch die Residualeigentümer der Gesellschaft, also die Aktionäre – ab, dass auch hier im Bereich der Organhaftung ein Mehr an Satzungsautonomie für richtig gehalten wird; die Aktionäre können damit ihrer Aktiengesellschaft diejenigen Regelungen geben, die sie für angemessen halten. Abgelehnt wird demgegenüber jede Tendenz, bereits gesetzliche Haftungserleichterungen vorzusehen, was letztlich aus Perspektive der (präventiven) Verhaltenssteuerung nachvollziehbar und sinnvoll ist.

In Teil 2 wird über die Tendenzen im Bereich der Durchsetzung der Haftung berichtet: Hier geht es um spannende Fragen der Wechselwirkungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie zwischen Vorstand und Aktionären.

In Teil 3 wird über die Tendenzen und den Meinungsstand in Bezug auf regulierte und öffentliche Unternehmen berichtet: Hier geht es um die Fragen des Haftungsmaßstabs ebenso wie die der Klagebefugnisse beispielsweise der BaFin.