Leistungsverweigerungsrecht der GmbH bei Zahlungsunfähigkeit durch eine Zahlung an den Gesellschafter

Dr. Christian Dittert

Mit Urteil vom 09.10.2012 hat der BGH (Az. II ZR 298/11) eine wichtige Entscheidung zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH in der Krise der Gesellschaft getroffen.

13.03.2013 | Gesellschaftsrecht

Mit Urteil vom 09.10.2012 hat der BGH (Az. II ZR 298/11) eine wichtige Entscheidung zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH in der Krise der Gesellschaft getroffen.

Zentrale Haftungsnorm ist § 64 GmbHG. § 64 S. 1 GmbHG verpflichtet die Geschäftsführer einer GmbH zum Ersatz von Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, sofern solche Zahlungen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind (§ 64 S. 2 GmbHG). Nach § 64 S. 3 GmbHG trifft die gleiche Verpflichtung die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in § 64 S. 2 GmbHG bezeichneten Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmanns nicht erkennbar.

Der vom BGH zu entscheidende Fall betraf die Konstellation, dass die Rückzahlung eines Darlehens, welches ein Gesellschafter der GmbH gewährt hatte, in einem Zeitpunkt der Krise der Gesellschaft fällig war. Zwei wichtige Fragen wurden in diesem Zusammenhang höchstrichterlich geklärt:

Erstens ist in einer solchen Konstellation die Darlehensrückzahlungsverpflichtung der GmbH an den Gesellschafter bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit nach § 64 GmbHG als fällige Forderung des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen. Besteht unter Berücksichtigung einer solchen Forderung bereits Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, ist der GmbH-Geschäftsführer bei Veranlassung der entsprechenden Darlehensrückzahlung an den Gesellschafter nach § 64 S. 1 GmbHG haftbar.

Zweitens hat der BGH für den Fall, dass eine solche Darlehensrückführung die Zahlungsunfähigkeit erst verursachen würde, die kontrovers diskutierte Streitfrage entschieden, dass § 64 S. 3 GmbHG insoweit der GmbH ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Gesellschafter gewährt. Der GmbH-Geschäftsführer ist in einem solchen Fall auch nicht etwa an die Weisung der Gesellschafter zur Ausführung der Zahlung an den Gesellschafter gebunden (§ 64 S. 4 GmbHG i.V.m. § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG). Er muss also die Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht sehenden Auges herbeiführen.