Entschädigungsloses Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer?

Claudia Knuth

Der BGH hat bestätigt, dass einem GmbH-Geschäftsführer für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot keine Karenzentschädigung versprochen und gezahlt werden muss. (Co-Autor: Legal Consultant Pattrick Unger)

05.02.2025 | Arbeitsrecht

Geschäftsführer dürfen während der Dauer ihres Anstellungsverhältnisses nicht in Konkurrenz zur Gesellschaft treten, unabhängig davon, ob ein Wettbewerbsverbot ausdrücklich vereinbart wurde oder nicht. In der Praxis viel wichtiger sind so genannte „nachvertragliche“ Wettbewerbsverbote, die das Unternehmen davor schützen, dass der Geschäftsführer nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses für einen Konkurrenten tätig wird und Know-how abfließt. Dies ist vor allem für junge Unternehmen relevant, die sich noch nicht am Markt etabliert haben und in der Regel besonders auf Know-how und Kontakte angewiesen sind. Da ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Geschäftsführer in seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit erheblich einschränkt, war bisher anerkannt, dass ihm für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen ist. In einer Aufsehen erregenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) daran Zweifel geäußert.

Die Entscheidung des BGH

Mit Urteil vom 23. April 2024 (Az. II ZR 99/22) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es für die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht erforderlich ist, dass dem GmbH-Geschäftsführer eine Entschädigung gezahlt wird.

Dies hatte der BGH bereits in den Vorjahren mehr oder weniger beiläufig angedeutet. Die Urteile betreffen aber vor allem Kundenschutzklauseln, die dem ausgeschiedenen Geschäftsführer nicht jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen untersagen, sondern nur Geschäfte mit Mandanten und Kunden der Gesellschaft. Solche Klauseln lassen dem Geschäftsführer grundsätzlich die Möglichkeit, in seinem Beruf tätig zu werden und schränken seine Berufsfreiheit nicht wesentlich ein. Über ein wirklich umfassendes Wettbewerbsverbot, das jede Form der Berufsausübung in einer bestimmten Branche entschädigungslos untersagt, hatte der BGH noch nicht entschieden.

Der BGH hat ferner festgestellt, dass wirksam vereinbart werden kann, dass der Geschäftsführer eine bereits gezahlte Entschädigung bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zurückzahlen muss.

Wettbewerbsverbot wirklich entschädigungslos möglich?

Es spricht einiges dafür, dass der BGH mit seiner Entscheidung die Unsicherheiten in der Praxis, ob Geschäftsführern eine Entschädigung zu zahlen ist oder nicht, endgültig beseitigen wollte. Dennoch bleiben Restzweifel: In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es zwar um ein umfassendes zweijähriges Wettbewerbsverbot, die konkrete Aussage, dass eine Entschädigung nicht erforderlich sei, bezieht sich aber gerade nicht auf den konkreten Fall. Zudem wurde gerade eine Entschädigung gezahlt, die dann vom Geschäftsführer zurückgefordert wurde. Es gibt daher - nach wie vor - keine höchstrichterliche Entscheidung zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, das jede Form der Berufsausübung in einer bestimmten Branche entschädigungslos untersagt.

Vorsicht bei umfangreichen Wettbewerbsverboten

Wegen der verbleibenden Unsicherheit kann bei umfangreichen und mehrjährigen nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer eine Entschädigung erforderlich sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Wettbewerbsverbot zum Schutz der berechtigten Interessen der Gesellschaft erforderlich sein und darf die Berufsausübung oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht nicht unbillig beeinträchtigen. Für die Frage, ob der Geschäftsführer durch das Wettbewerbsverbot in seiner Berufsausübung unbillig beeinträchtigt wird, kann gegebenenfalls eine Entschädigung von Bedeutung sein.

Ist das Wettbewerbsverbot zu weit gefasst, ist es für den Geschäftsführer nicht bindend; er kann nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit ausüben. Es gilt „alles oder nichts“. Das Know-how der Gesellschaft ist dann nicht mehr ausreichend geschützt.

Ausblick und Praxisempfehlungen

Das heißt, je umfassender das Wettbewerbsverbot ist, desto eher kommt es einem Berufsverbot gleich und desto eher sollte dennoch eine Entschädigung vereinbart werden. Bei einem zeitlich oder sachlich begrenzten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (z.B. von sechs Monaten bis zu einem Jahr) kann unter Umständen auf eine Entschädigung verzichtet werden.

Es bleibt abzuwarten, ob dem Bundesgerichtshof in Zukunft noch ein umfassendes entschädigungsloses Wettbewerbsverbot vorgelegt wird oder ob die Instanzgerichte aufgrund des Urteils davon ausgehen, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch ohne Entschädigungszahlung in jedem Fall wirksam ist. Aufgrund der weitreichenden Folgen eines unwirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sollte ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot stets gut überlegt sein.