Neue Regeln fürs Crowdinvesting

Dr. Lorenz Jellinghaus

Der Gesetzgeber hat mit dem Kleinanlegerschutzgesetz eine neue Regulierung für Crowdinvesting (und andere Formen wie Crowdfunding oder Crowdlending) geschaffen. Das neue Gesetz ist seit dem 10. Juli 2015 in Kraft und schafft einen verbindlichen Rahmen für diese vergleichsweise neue Finanzierungsform.

05.10.2015 | Venture Capital / M&A

Zwar spielen Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland gerade im Vergleich zu den USA und Großbritannien bisher eine eher vernachlässigbare Rolle bei der Finanzierung von Start-ups, aber es gibt es zahlreiche Stimmen, die gerade bei werbeaffinen Start-ups einen großen Markt für Crowdinvesting erkennen. Deshalb wurde in der Start-up-Szene sehr aufmerksam verfolgt, wie der Gesetzgeber mit dem Kleinanlegerschutzgesetz eine neue Regulierung für Crowdinvesting (und andere Formen wie Crowdfunding oder Crowdlending) geschaffen hat. Das neue Gesetz ist seit dem 10. Juli 2015 in Kraft und schafft einen verbindlichen Rahmen für diese vergleichsweise neue Finanzierungsform. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick darüber gegeben werden, wie der neue Regulierungsrahmen aussieht.

1. Was ist Crowdinvesting?
Unter Crowdinvesting versteht man eine Finanzierungsform, bei der sich zahlreiche Personen (Mikroinvestoren, Investoren, Anleger) renditeorientiert mit typischerweise geringen Geldbeträgen über das Internet an Start-ups beteiligen. Es bildet sich ein über das Internet organisierter „Schwarm“ von Anlegern. Wichtige Anbieter von Crowdinvesting sind in Deutschland beispielsweise die Plattformen Seedmatch, Companisto und Innovestment.

2. Wie wird Crowdinvesting reguliert?
Lange war unklar, welcher Regulierung Crowdinvesting unterliegt. Diese Unsicherheiten sind seit dem Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes am 10. Juli 2015 beseitigt: Das Gesetz unterstellt Crowdinvesting (sowie Crowdlending und Crowdfunding) dem Vermögensanlagegesetz.

In § 2a Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, Schwarmfinanzierungen gegenüber anderen Anlagearten zu privilegieren. Wichtigster Vorteil ist die Befreiung von der Prospektpflicht unter der Voraussetzung, dass insbesondere folgende Punkte eingehalten werden:

  • Der Verkaufspreis sämtlicher von dem Anbieter angebotener Vermögensanlagen desselben Emittenten darf EUR 2,5 Mio. nicht übersteigen;
  • der Anlagebetrag eines einzelnen Anlegers, der keine Kapitalgesellschaft ist, darf entweder EUR 1.000 (Nr. 1) oder den höheren Betrag von EUR 10.000, wenn er nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens EUR 100.000 verfügt (Nr. 2), oder – als weitere Variante (Nr. 3) – ausweislich einer vom Anleger zu erteilenden Selbstauskunft den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens, jedenfalls aber EUR 10.000, nicht übersteigen.

Abgesehen von den ausdrücklich geregelten Privilegierungen greifen die übrigen Regelungen des Vermögensanlagegesetzes auch für Schwarmfinanzierungen. Wichtig ist beispielsweise die Verpflichtung, für jedes Investment ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen. Das VIB darf nicht mehr als drei DIN A4-Seiten umfassen und muss die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage in übersichtlicher, leicht verständlicher und den Vergleich mit anderen Finanzinstrumenten ermöglichender Form enthalten, insb. zur Art der Vermögensanlage, ihrer Laufzeit, den hiermit verbundenen Risiken, den Aussichten der Kapitalrückzahlung und den hiermit verbundenen Kosten und Provisionen. Für irreführende oder unrichtige Angaben haftet der Anbieter gem. § 22 VermAnlG dem Erwerber bei innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot zustande gekommenen Erwerbsgeschäften. Er ist in diesem Fall zur Erstattung des Erwerbspreises und der Erwerbskosten gegen Übernahme der Vermögensanlage verpflichtet. Weitergehende Verpflichtungen des Vermögensanlagegesetzes betreffen beispielsweise Restriktionen bei Werbemaßnahmen.

3. Wie geht es weiter?

Start-ups und Investoren, die eine Crowdinvesting-Finanzierung erwägen, können nunmehr mit einem klaren Regulierungsrahmen kalkulieren. Die Finanzierung über eine Crowdinvesting-Plattform kann insbesondere für werbeaffine Start-ups Vorteile bieten. Allerdings ist der Crowdinvesting-Markt derzeit noch vergleichsweise klein: Das Finance-Magazin hat jüngst Zahlen für das erste Halbjahr 2015 ermittelt. Demnach wurden im ersten Halbjahr in 26 Finanzierungsrunden 9,6 Millionen Euro über die Crowd in Start-ups investiert (durchschnittlich pro Finanzierungsrunde also EUR 369.000). Es bleibt zu beobachten, ob der neue Regulierungsrahmen zu einer steigenden Bedeutung von Crowdinvesting in Deutschland führen wird.