Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zu einer sehr wichtigen und in den letzten Jahren sehr umstrittenen Frage Stellung genommen. Gemäß § 64 S. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden.
Diese Haftung ist gefährlich für den Geschäftsführer – kann sie doch in kürzester Zeit exorbitante Höhen erreichen. Manager haben oftmals D&O-Versicherungen abgeschlossen, die sie vor existenzgefährdenden Haftungsansprüchen schützen sollen. Umso mehr Widerhall fanden Entscheidungen, unter anderem eine des OLG Düsseldorf aus 2018, dass eine D&O-Versicherung derartige Ansprüche nicht abdecken sollte. Siehe dazu auch: Geschäftsführerhaftung gem. § 64 Satz 1 GmbHG – D&O-Versicherung anpassen.
Im aktuellen Fall hatte die Police folgenden Wortlaut:
„1. Gegenstand der Versicherung
1.1 Versicherte Tätigkeit
Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person wegen einer bei Ausübung der organschaftlichen Tätigkeit bei der Versicherungsnehmerin, einem Tochterunternehmen oder einem auf Antrag mitversicherten Unternehmen begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden von der Versicherungsnehmerin oder einem Dritten (hierzu zählt auch der Insolvenzverwalter) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
…
1.3 Versicherte Schäden Vermögensschäden sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung des Körpers oder Schädigung der Gesundheit von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen von Sachen) sind noch sich aus solchen Schäden herleiten.“
In der Vorinstanz hatte das OLG Frankfurt noch entschieden, dass – wie auch das OLG Düsseldorf in 2018 – es hier einen Anspruch eigener Art (sui generis) sehe, der nicht unter die D&O-Police falle. Der Bundesgerichtshof hat dies nun anders entschieden. Für den konkreten Fall kam es maßgeblich auf eine (umfangreiche) Auslegung der Bestimmungen der D&O-Police an. Auch von einem geschäftserfahrenen Teilnehmer am Rechtsverkehr könne nicht erwartet werden, dass er die – in der Tat rechtsdogmatisch sehr komplexen und feinsinnigen – Differenzierungen zur exakten Rechtsnatur des Anspruchs aus § 64 S. 1 GmbHG kenne und bei dem Verständnis einer D&O-Police zugrunde lege. In ausführlicher Begründung kommt der BGH daher zu dem Ergebnis, dass die Haftungsansprüche des Managers in diesem Fall durchaus über die Police abgesichert waren.
Die Prüfung und Optimierung von D&O-Policen auf die individuelle Passgenauigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Manager sollten schon bei Antritt ihrer neuen Position sicherstellen, dass es einen angemessenen D&O-Schutz gibt, und dass dieser aktuellen Standards entspricht. Hierfür ist oftmals eine vertiefte rechtliche Prüfung erforderlich, die sich in Anbetracht der heutigen Haftungsrisiken bezahlt machen dürfte. Auch Unternehmen punkten im Wettbewerb um die besten Köpfe mit aktuellen und transparenten Versicherungen zum Schutz ihrer Manager.