Hinweisgeberschutzgesetz vom Bundestag verabschiedet - Handlungsbedarf für Unternehmen und die öffentliche Hand

Nina Theresa Mutschler

Dr. Anton Leopold Nußbaum

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz wurde mittlerweile vom Bundestag verabschiedet und befindet sich nun zur Beratung und Beschlussfassung im Bundesrat.

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz wurde mittlerweile vom Bundestag verabschiedet und befindet sich nun zur Beratung und Beschlussfassung im Bundesrat. Um rechtzeitig auf die neuen Pflichten vorbereitet zu sein, besteht bereits jetzt Handlungsbedarf. Das Gesetz enthält neue Pflichten für Unternehmen und die öffentliche Hand im Hinblick auf den Umgang mit Hinweisgebern. Auch die Pflicht zur Einrichtung von internen Meldestellen gehört dazu. Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Pflichten für privatwirtschaftliche und öffentlich-rechtliche Beschäftigungsgeber.

WER KANN SICH AN MELDESTELLEN WENDEN?

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht interne (durch Beschäftigungsgeber betriebene) Meldestellen und externe (staatliche) Meldestellen vor. Hinweisgebende Person kann jede natürliche Person sein, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld hierzu Informationen über bestimmte (Gesetzes-)Verstöße beim Beschäftigungsgeber erlangt hat. Potenzielle Hinweisgeber sind daher u.a. Beschäftigte, Beamte, Anteilseigner, aber auch Mitarbeiter von Lieferanten oder Kunden. Hinweisgeber können sich wahlweise an interne oder externe (staatliche) Meldestellen wenden.

WER IST ZUR EINRICHTUNG EINER INTERNEN MELDESTELLE VERPFLICHTET?

Jedes Unternehmen mit in der Regel mehr als 50 Beschäftigten muss nach der neuen Gesetzeslage eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Hinweisgeber (sog. Whistleblower) unter vollständiger Gewährleistung der Vertraulichkeit wenden können. Für Unternehmen bestimmter Branchen gilt das sogar unabhängig von der Anzahl ihrer Beschäftigten.
Unabhängig von der konkreten Verpflichtung kann die Einrichtung einer internen Meldestelle aber auch für kleinere Unternehmen interessant sein. Hinweisgeber können sich nämlich auch bei Rechtsverstößen, die Beschäftigungsgeber mit in der Regel weniger als 50 Beschäftigten betreffen, an externe (staatliche) Meldestellen wenden. Sind interne Meldestellen vorhanden, besteht zumindest keine Notwendigkeit, dass sich Beschäftigte an externe (staatliche) Meldestellen wenden. Die staatlichen Meldestellen sollen nach dem Gesetz zudem explizit über das Vorhandensein interner Meldekanäle informieren.

Auch öffentliche Beschäftigungsgeber (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, Rundfunkanstalten, öffentlich-rechtliche Stiftungen, Kirchengemeinden) können unter bestimmten Voraussetzungen zur Errichtung interner Meldestellen verpflichtet sein.

WELCHE PFLICHTEN HABEN BESCHÄFTIGUNGSGEBER?

Beschäftigungsgeber müssen einen für alle Beschäftigten und Leiharbeitnehmer zugänglichen Meldekanal einrichten und betreiben. Wir empfehlen aber auch einen Meldekanal für sonstige Personen einzurichten, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem jeweiligen Beschäftigungsgeber in Kontakt stehen. Der Grund ist, dass diese sonstigen Personen sich ansonsten sehr viel eher an externe (staatliche) Meldestellen wenden könnten.

  • Beim Betrieb einer internen Meldestelle müssen insbesondere folgende Aspekte bedacht werden:
  • Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen bei der Einrichtung der Meldestelle und Bearbeitung der Meldungen
  • Ermöglichung der Übermittlung von Hinweisen in jeder denkbaren Form (elektronisch, schriftlich, fernmündlich, persönlich)
  • Betreuung der Meldestelle durch nachweislich geschultes Personal mit besonderer Integrität
  • Kommunikation und Schulung der Mitarbeiter nach erstmaliger Einrichtung der Meldestelle zwingend
  • Gesetzesentsprechende dokumentierte Verwaltung der eingegangenen Meldung innerhalb bestimmter Fristen (Prüfung, Antwort, Ergreifung geeigneter Folgemaßnahmen)
  • Keine drohenden Repressalien bei Meldung des Hinweisgebers

WELCHE FOLGEN HAT EIN VERSTOSS GEGEN DAS GESETZ?

Bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Einrichtung einer für alle Beschäftigten zugänglichen Meldestelle können Bußgelder (durch Verweis auf OWiG-Regelungen) von bis zu EUR 1 Mio. drohen. Denkbar sind auch Schadensersatzansprüche betroffener Hinweisgeber. Ist die Geschäftsführung untätig, ist auch eine persönliche Inpflichtnahme durch die staatlichen Stellen nicht ausgeschlossen.

WANN SOLLTEN BESCHÄFTIGUNGSGEBER TÄTIG WERDEN?

Da die Implementierung einer für alle Beschäftigten zugänglichen Meldestelle Zeit bedarf und bei der Ausgestaltung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu wahren sind, sollte schnellstmöglich mit der Umsetzung begonnen werden.

WIE KÖNNEN SIE EINE INTERNE MELDESTELLE EINRICHTEN?

Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor, wie Sie eine Meldestelle einrichten können:

1.Organisationsinterne Meldestelle
In diesem Fall ist innerhalb des Unternehmens oder der Organisation eine Stelle (meist mehrere Vertrauenspersonen) zu benennen, welche

2.Ausgelagerte Meldestelle
Die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer für alle Mitarbeiter zugänglichen Meldestelle ist sowohl kosten- als auch zeitintensiv und bindet wichtige personelle Kapazitäten. Zudem ist Vorsicht geboten, um den Eindruck der Etablierung einer „Stasimentalität“ im Unternehmen oder in der Organisation zu verhindern.
Deshalb bietet es sich für viele Beschäftigungsgeber an, die Aufgaben der internen Meldestelle auf geeignete Dritte auszulagern, etwa durch Einschaltung von sogenannten Vertrauensanwälten. Die Erfüllung der Aufgaben durch neutrale Vertrauensanwälte schafft bei Hinweisgebern in der Regel mehr Vertrauen und Akzeptanz.
Welche Art der Meldestelle geeignet ist, ist je nach Art und Ausrichtung des Unternehmens oder der Organisation individuell zu entscheiden.

WIE KÖNNEN WIR SIE UNTERSTÜTZEN?

Wir bieten Ihnen Unterstützung sowohl bei der Prüfung ihres bisherigen Compliance-Systems als auch bei der Einrichtung einer internen Meldestelle in Ihrem Unternehmen bzw. Ihrer Organisation oder der Einrichtung einer ausgelagerten Meldestelle an. Hierzu können wir neben unserer juristischen Beratung auch eine komplette Softwarelösung vermitteln, die die technische Einrichtung einer internen oder ausgelagerten Meldestelle ermöglicht. Haben Hinweisgeber Vertrauen in Ihr System, können Sie vor Überraschungen infolge der Inanspruchnahme externer (staatlicher) Meldestellen bewahrt werden.

 

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Veranstaltungshinweis

Am 07.03.2023 informieren wir Sie um 09.00 Uhr vor Ort in Stuttgart und online bei unserer hybriden Veranstaltung noch umfassender über das Thema Hinweisgeberschutzgesetz und können auf Ihre individuellen Fragen eingehen.

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