Erhaltungssatzung allein begründet kein Vorkaufsrecht

Dr. Christian Braun

Erhaltungsgebiete sollen u. a. steigende Mieten verhindern. Zur Absicherung dieses Ziels mussten Käufer umfangreiche Verpflichtungen eingehen, um die Ausübung eines Vorkaufsrechts zu verhindern.

21.01.2022 | Öffentliches Recht

Erhaltungssatzung allein begründet kein Vorkaufsrecht

Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung besteht gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB grundsätzlich ein gemeindliches Vorkaufsrecht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist jedoch gem. § 26 Nr. 4 BauGB ausgeschlossen, wenn das Grundstück entsprechend deren Zielen bebaut und genutzt wird und keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BauGB („ungesunde Wohnverhältnisse“) aufweist.

Die Instanzgerichte haben hierzu bisher ganz überwiegend vertreten, dass der Ausschlusstatbestand des § 26 Nr. 4 BauGB nicht greift, wenn erhaltungswidrige Entwicklungen zu befürchten seien. Dies wurde in Ballungsräumen mit hohem Kauf- und Mietniveau wiederum in der Regel unterstellt; insbesondere, wenn sich der Käufer geweigert hat, eine von der Stadt geforderte Abwendungserklärung zu unterzeichnen. In der Abwendungserklärung wurde in der Regel u. a. gefordert, dass keine WEG-Teilung erfolgt und keine Luxussanierung durchgeführt wird.

Berechtigung zur Ausübung eines Vorkaufsrechts

Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 09.11.2021, Az.: 4 C 1.20) hat nunmehr festgestellt, dass die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts mit dem bloßen Verweis auf die Lage in einem Erhaltungssatzungsgebiet ausgeschlossen ist, wenn das Kaufgrundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der Erhaltungssatzung bebaut ist und genutzt wird. Dabei kommt es lediglich auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der angedachten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Befürchtete künftige Entwicklungen sind auszublenden. Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung kann das Vorkaufsrecht daher mit Verweis auf die Erhaltungssatzung nur ausgeübt werden, soweit die zum Kauf stehende bauliche Anlage Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 S. 1 und 3 BauGB aufweist.

Die Berechtigung der Städte zur Ausübung eines Vorkaufsrechts wird durch die Entscheidung in erheblichem Umfang beschränkt. Weiter könnten auch in der Vergangenheit abgeschlossene Abwendungserklärungen als unwirksam einzustufen sein.