Neuerungen der Bayerischen Bauordnung (BayBO)

Isabel Albrecht

Dr. Christian Braun

Dr. Thomas Schönfeld

Sebastian Vorwalter

Seit dem 1. Januar 2025 sind zahlreiche Änderungen der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten, die insbesondere für Kommunen, Bauherren, Investoren und Grundstückseigentümer von Bedeutung sind. Erleichterungen bei Umbauten und Modernisierungen sowie wichtige Änderungen im Bereich Stellplatz- und Abstandsflächenrecht bieten neue Chancen für die Verwirklichung von Bauvorhaben. Für Kommunen kann sich umfangreicher Handlungsbedarf ergeben.

12.02.2025 | Öffentliches Recht

Mit dem Ersten und Zweiten Modernisierungsgesetz, das seitens des bayerischen Gesetzgebers im Dezember letzten Jahres verabschiedet wurde, gehen zahlreiche Änderungen der Bayerischen Bauordnung (BayBO) von großer praktischer Bedeutung einher. Größtenteils entfalten die Änderungen bereits seit dem 01.01.2025 Wirkung, bedingt durch Übergangsfristen führen die Neuerungen aber teils auch erst ab dem 01.10.2025 zu spürbaren Änderungen.

Besonders für Grundstückseigentümer, Bauherren und Investoren von Interesse dürften die Erleichterungen für den Aus- und Umbau bzw. die Modernisierung von Bestandswohngebäuden sein. Während bislang der Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken oder auch die Nutzungsänderung eines bestehenden Gebäudes hin zu Wohnnutzung einer Baugenehmigung bedurfte, ist hierfür seit 01.01.2025 unter bestimmten Voraussetzungen ein Baugenehmigungsverfahren nicht mehr erforderlich. Insbesondere für bestandsgeschützte Gebäude relevant ist, dass anders als bislang nun auch Instandsetzungsarbeiten, also beispielsweise Arbeiten am Fundament, an der Tiefgarage oder am Dach mit (potenziellen) Eingriffen in die Statik, keiner Baugenehmigung mehr bedürfen. Erleichtert wird schließlich die Aufstockung bestandsgeschützter Gebäude zur Schaffung von Wohnraum, indem im Hinblick auf die brandschutzrechtlichen Anforderungen Vereinfachungen greifen.

Weitreichende Änderungen hat daneben die Befugnis von Kommunen zum Erlass örtlicher Bauvorschriften erfahren, wobei für bestehende Satzungen eine Übergangsfrist bis zum 01.10.2025 gilt. Änderungen – unter Umständen auch mit Auswirkungen auf bereits bestehende Bebauungspläne – ergeben sich insbesondere im Hinblick auf Stellplatzsatzungen. Die Möglichkeiten zum Erlass von Satzungen zur Freiflächengestaltung, mittels derer Kommunen bislang vor allem Vorgaben zur Bepflanzung unbebauter Flächen schaffen konnten, sind zukünftig erheblich eingeschränkt. Es bedarf abhängig von den Zielvorstellungen einer Kommune einer Prüfung im Einzelfall, ob und wenn ja inwieweit ein Tätigwerden auch mit Blick auf die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 5 BayBO veranlasst ist.

Änderung zum 01.01.2025

Ausweitung der Verfahrensfreiheit

Verfahrensfrei möglich sind nun Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken einschließlich der Errichtung von Dachgauben, wenn die Dachkonstruktion und die äußere Gestalt des Gebäudes im Übrigen unverändert bleibt, Art. 57 Abs. 1 Nr. 18 BayBO. 

Waren bislang nur Instandhaltungsarbeiten, also vor allem die Wiederherrichtung zerstörter oder schadhafter Bauteile und die Beseitigung von Mängeln unter Beibehaltung der Konstruktion und äußeren Gestalt verfahrensfrei möglich, können nun auch Instandsetzungsarbeiten ohne Erteilung einer Baugenehmigung vorgenommen werden, Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayBO. Bedeutung entfaltet dies insbesondere für erhebliche Sanierungsmaßnahmen mit Eingriffen in die Statik.

Ausgeweitet wird die Verfahrensfreiheit von Nutzungsänderungen, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO. Waren Nutzungsänderungen bislang nur verfahrensfrei möglich, wenn bei einer konkreten Betrachtung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kamen, sind Nutzungsänderungen nun unter bestimmten Voraussetzungen auch dann verfahrensfrei, wenn an die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen sind. Dies gilt dann, wenn es sich um eine Nutzung handelt, die gebietstypisch im jeweiligen Baugebiet nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung allgemein zulässig ist. Aller Voraussicht nach trifft dies sowohl Fälle, in denen mittels eines Bebauungsplans eine Gebietsfestsetzung erfolgt ist, als auch Fälle sog. „faktischer Baugebiete“ im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB. Beispielsweise ist damit die Umnutzung eines anderweitig genutzten Gebäudes hin zu einem Wohngebäude in all den Gebieten im Sinne der BauNVO, in denen Wohnnutzung allgemein zulässig ist, vereinfacht möglich. 

Neben den aufgezählten Änderungen greifen im Hinblick auf die Verfahrensfreiheit weitere – kleinere – Änderungen, beispielsweise sind nicht mehr nur Ladestationen für Elektrofahrzeuge, sondern auch notwendige technische Nebenanlagen verfahrensfrei zu errichten, Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 b) BayBO.

Erhöhung der Grenzen für Sonderbauten

Für Sonderbauten im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO gelten in vielerlei Hinsicht, beispielsweise in Bezug auf die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Vorschriften und bautechnische Nachweise, strengere Maßstäbe. Für Verkaufs-, Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe wurden die Grenzen, ab wann eine bauliche Anlage als Sonderbau einzuordnen ist, angehoben, womit verglichen mit der bislang geltenden Rechtslage Vereinfachungen einhergehen.

So ist eine Verkaufsstätte im Erdgeschoss nun erst ab einer Fläche von 2.000 m2 als Sonderbau anzusehen, Art. 2 Abs. 4 Nr. 4 BayBO. Eine Gaststätte ist nicht mehr wie bislang bei mehr als 40 Gastplätzen in Gebäuden als Sonderbau einzustufen, sondern erst, wenn sich auf mehrere Geschosse mehr als 60 Gastplätze verteilen, Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 a) BayBO. Liegen die Gastplätze ausschließlich im Erdgeschoss, ist ein Sonderbau sogar erst ab 100 Gastplätzen gegeben, Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 b) BayBO. Beherbergungsbetriebe sind nicht mehr wie bisher ab 12 Betten, sondern erst ab 30 Betten Sonderbauten, Art. 2 Abs. 4 Nr. 9 BayBO.

Änderung des Abstandsflächenrechts

Mit Blick auf das Abstandsflächenrecht erfolgen in zweierlei Hinsicht Änderungen. 

Zum einen wird außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten sowie festgesetzten urbanen Gebieten in Städten mit mehr als 250.000 Einwohnern eine weitere bauliche Verdichtung ermöglicht. Bedeutung entfaltet dies für München und Augsburg.

War bislang, anders als gesetzlich im Übrigen vorgesehen, in besagten Städten eine Abstandsfläche von 1 H und nicht lediglich 0,4 H einzuhalten, ist eine Abstandsfläche von 1 H nun gesetzlich nur noch in sog. „Gartenstädten“ vorgeschrieben, wenn die nähere Umgebung durch niedrigere Gebäude – Gebäude der Gebäudeklassen 1, 2 oder 3 mit einer Höhe von bis zu 7 m, gemessen bis zur Fußbodenoberkante des obersten Geschosses, in dem Aufenthaltsräume möglich sind – geprägt ist. Die Bestimmung der Reichweite der „näheren Umgebung“ wird voraussichtlich nach den Kriterien erfolgen, die hierfür im Rahmen des § 34 BauGB entwickelt wurden. Im Einzelfall können sich insoweit Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben.

Daneben wird für einige Anlagen, für die bislang eine Abstandsflächenpflichtigkeit jedenfalls umstritten war, klargestellt, dass es sich nicht um sog. „Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung“ handelt, die Abstandsflächen auslösen, Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Dies betrifft vor dem Hintergrund der Energiewende insbesondere Windenergieanlagen im Außenbereich sowie Wärmepumpen mitsamt Einhausungen mit einer Höhe bis zu 2 m über der Geländeoberfläche.

Brandschutzrechtliche Anforderungen bei der Aufstockung von Wohngebäuden

Schließlich ist die Aufstockung eines bestandsgeschützten Gebäudes um ein weiteres Geschoss zur Schaffung von Wohnraum unter dem Gesichtspunkt brandschutzrechtlicher Anforderungen vereinfacht möglich, Art. 46 Abs. 6 BayBO. Infolge der Abhängigkeit der brandschutzrechtlichen Anforderungen von der Gebäudeklasse waren bei Änderung der Gebäudeklasse im Zuge einer Aufstockung bislang unter Umständen gesteigerte brandschutzrechtliche Anforderungen einzuhalten. Anders als bislang gelten nun im Bereich der Aufstockung die Anforderungen an die bisherige Gebäudeklasse fort, Art. 46 Abs. 6 Satz 2 BayBO. Auf bestehende Bauteile sind zudem die Vorschriften zu tragenden Wänden, Trennwänden, Brandwänden und Decken sowie Treppen, notwendigen Treppenräumen und notwendigen Fluren nicht anzuwenden, Art. 46 Abs. 6 Satz 1 BayBO.

Änderungen, die zum 01.10.2025 Wirkung entfalten

Änderung des Stellplatzrechts

Mit dem Ziel, insbesondere den Wohnungsbau anzukurbeln, hat das Stellplatzrecht umfassende Änderungen erfahren.

Die Herstellung von Stellplätzen ist, anders als bislang, nur noch erforderlich, wenn eine Kommune dies durch Satzung anordnet, Art. 47 Abs. 1 BayBO i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO.

Von Bedeutung für den Aus- bzw. Umbau oder die Modernisierung von Bestandsgebäuden ist in diesem Zusammenhang, dass eine Kommune für Nutzungsänderungen bzw. den Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken und die Aufstockung von Wohngebäuden keine Pflicht zur Herstellung zusätzlicher Stellplätze vorsehen darf, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 b) BayBO; insoweit ist der kommunale Gestaltungsspielraum also eingeschränkt. Für Bauherren folgt hieraus, dass mit Ablauf der Übergangsfrist in Fällen der Nutzungsänderung und des Ausbaus von Dachgeschossen zu Wohnzwecken bzw. der Aufstockung von Wohngebäuden keine zusätzlichen Stellplätze mehr herzustellen sind.

Ordnet eine Kommune an, dass die Herstellung von Stellplätzen erforderlich ist, ist in Bezug auf die Anzahl der Stellplätze der kommunale Entscheidungsspielraum eingeschränkt. Denn die Zahl der in der überarbeiteten GaStellV festgelegten Stellplätze ist insoweit verbindlich, als eine Kommune hiervon nicht nach oben abweichen darf, Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO. Zulässig ist lediglich noch eine Abweichung nach unten. Beispielsweise für Wohnbauvorhaben dürfen in Zukunft nicht mehr als zwei Stellplätze pro Wohneinheit gefordert werden. 

Bestehende Satzungen, die ganz oder teilweise höhere Stellplatzzahlen als in der GaStellV vorsehen, treten nach einem Übergangszeitraum von neun Monaten zum 01.10.2025 außer Kraft, Art. 83 Abs. 5 Satz 3 BayBO.

Beschränkung der Kompetenz zum Erlass von Freiflächengestaltungsatzungen

War den Kommunen bislang die Möglichkeit eröffnet, durch den Erlass sog. Freiflächengestaltungssatzungen Vorgaben für die Gestaltung und Bepflanzung unbebauter Flächen mittels Satzung vorzuschreiben, ist dieses Recht zukünftig erheblich eingeschränkt. Bestehende Satzungen treten zum 01.10.2025 außer Kraft, Art. 83 Abs. 5 Satz 1 BayBO.

Zulässig ist nur noch, Bodenversiegelung oder nicht begrünte Steingärten und ähnliche Nutzungen mittels Satzung zu untersagen, Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO.

Eingeschränkte Pflicht zur Errichtung von Kinderspielplätzen

War bislang gesetzlich vorgesehen, dass bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen ein Kinderspielplatz anzulegen war, entfällt diese gesetzliche Verpflichtung zukünftig. Die Herstellung von Kinderspielplätzen ist bei Mehrfamilienwohngebäuden dann nur noch erforderlich, wenn eine Herstellungspflicht durch eine Kommune mittels Satzung angeordnet ist.

Art. 81 Abs. 1 Nr. 3 BayBO gibt Kommunen die Möglichkeit, bei Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen die Frage der Errichtung eines Kinderspielplatzes sowie der Ausgestaltung näher zu regeln, Art. 81 Abs. 1 Nr. 3 BayBO.

Die beschriebenen Änderungen der BayBO bieten vor allem mit Blick auf die Verwirklichung von Wohnbauvorhaben bei Bestandsgebäuden für Grundstückseigentümer, Bauherren und Investoren neue Chancen. Gerade für Kommunen geht mit Blick auf die Änderungen der Regelungen zum Erlass örtlicher Bauvorschriften die Notwendigkeit einher, bereits erlassene Satzungen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen oder Neuregelungen zu schaffen. 

Im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 18. März in den Kanzleiräumlichkeiten am Münchner Standort bieten wir Ihnen die Möglichkeit vertiefter Information und eines fachlichen Austauschs rund um die praxisrelevanten Änderungen der BayBO.

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