Am 06.08.2016 ist das KGSG in Kraft getreten. Der Wortlaut des § 935 Abs. 2 BGB wurde jedoch nicht geändert, obwohl es nach § 40 Abs. 1 KGSG verboten ist, Kultur-gut, das abhandengekommen ist, "in den Verkehr zu bringen" (z.B. durch Auktionen), und § 40 Abs. 2 KGSG klarstellt, dass die Verletzung dieses Verbots sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft nichtig sein lässt. Zum Schutz des Käufers sieht § 40 Abs. 4 KGSG vom Bestand des Kaufvertrags unabhängige Schadensersatzansprüche vor. Was genau ein Kulturgut im Sinne des KGSG ist, ist in § 1 Abs. 1 Nr. 10 KGSG näher definiert. Danach ist ein „Kulturgut“ jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert.
Beide Regelungen, § 935 Abs. 2 BGB und § 40 KGSG, stehen demnach in einem gewissen Widerspruch zueinander.
Deshalb stimmen viele für eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 40 Abs. 2 KGSG, so dass jedenfalls ein zwar abhandengekommenes, aber im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung ersteigertes Kulturgut rechtswirksam gutgläubig erworben werden kann. Der Gesetzgeber – so die Verfechter dieser Ansicht – wollte das Versteigerungsprivileg nicht abschaffen. Dies sei, wenn überhaupt aus Versehen passiert. Anderenfalls hätte er sich in den Gesetzesmaterialien dazu verhalten müssen. Teilweise wird dazu sogar behauptet, dass der Auktionshandel ohne Versteigerungsprivileg zusammenbrechen könnte. Dies würde aber bedeuten, dass essenzielle Mengen der in Deutschland versteigerten Objekte abhandengekommen wären.
Die Gegenauffassung ist der Ansicht, dass die Abschaffung des Versteigerungsprivilegs exakt der Teleologie des KGSG entspricht, nämlich den Handel mit Kulturgütern illegitimer Herkunft einzudämmen.
Diese zentrale Streitfrage zum Kulturgutschutzgesetz wurde bislang gerichtlich nicht geklärt, sodass hier ein Argumentationsspielraum in beide Richtungen besteht, wobei die Methodik der Gesetzesauslegung, wonach die grammatikalische Auslegung am Wortlaut des Gesetzes in der Regel Vorrang genießt, wohl eher gegen eine teleologische Reduktion des § 40 Abs. 2 KGSG, also gegen die Aufrechterhaltung des sog. Versteigerungsprivilegs sprechen dürfte. Der Gesetzgeber kann und sollte nachbessern, wenn er das für geboten hält.
Vertiefend ist zudem festzuhalten, dass, sollte ein gutgläubiger Erwerb von Kunstwerken weiterhin möglich sein, für dessen Beurteilung grundsätzlich ein strengerer Maßstab angewendet werden sollte. Dieser ist jedoch differenziert zu betrachten, je nachdem, ob es sich bei dem Erwerber um einen professionell oder jedenfalls regelmäßig auf dem Kunstmarkt tätigen Akteur oder nur um einen Laien handelt; letzteren können aber bei besonderen Verdachtsumständen auch Nachforschungsobliegenheiten treffen.