Hintergrund der EU-Regelung
Die EU sieht die Gefahr von Interessenkonflikten, die zu einer unangemessenen Benachteiligung von Klägern oder sonstigen Antragstellern führen könnten, die Prozesse durch Dritte finanzieren lassen. So könnten etwa nach den Befürchtungen des EU-Parlaments Prozessfinanzierer unangemessenen Einfluss auf Kläger ausüben. Mit dem Ziel, die Kläger vor Missbrauchsfällen oder Interessenkonflikten zu schützen, solle der Zugang zum Markt und die Ausübung der Tätigkeit privater Prozessfinanzierer künftig geregelt werden.
Welche Herausforderungen erwarten wir für Prozessfinanzierer?
Vertragsgestaltung von Prozessfinanzierungen
Prozessfinanzierer werden künftig die Vereinbarungen mit den Klägern nicht mehr frei gestalten können. Es wird definierte Vorgaben für den notwendigen Inhalt und für die zulässige Ausgestaltung der Vereinbarungen geben. Unzulässig werden z.B. sein:
- Klauseln, die Prozessfinanzierern Befugnisse einräumen, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen oder Kapital an bestimmte Verwendung zu binden,
- Klauseln, die Prozessfinanzierern eine Mindestrendite auf ihre Investition garantieren, bevor der Kläger seinen Anteil vom Beklagten erhalten hat,
- Klauseln, die dem Kläger nur 60% oder weniger am Prozesserfolg zusprechen,
- Klauseln, die die (Mit-)Haftung der Prozessfinanzierer bei Niederlage beschränken,
- Klauseln, die dem Prozessfinanzierer das Zurückziehen zugesagter Prozessfinanzierung ermöglichen,
- Klauseln, die die Kündigung des Prozessfinanzierungsvertrages zu einem für den Kläger ungünstigen Zeitpunkt erlauben.
Überwachungs- und Beschwerdesystem für Prozessfinanzierungen
Die Mitgliedstaaten werden sich verpflichten, eine Aufsichtsbehörde einzurichten, die Prozessfinanzierungsverträge oder das Handeln von Prozessfinanzierern überprüft.
So werden etwa Prozessfinanzierer verpflichtet sein, ihre Unterlagen auf Aufforderung den verfahrensführenden Gerichten und Behörden offenzulegen. Verstößt ein Prozessfinanzierer gegen etwaige Voraussetzungen, kann dies zu Geldstrafen oder dem Ausübungsverbot führen.
Genehmigungsverfahren für Prozessfinanzierer
Prozessfinanzierer werden in ähnlicher Weise wie Finanz- oder Zahlungsdienstleister unter dem KWG bzw. dem ZAG in Zukunft eine Vielzahl an Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen müssen. Die Tätigkeit der Prozessfinanzierung wird unter Erlaubnisvorbehalt gestellt. Insbesondere werden die Finanzierer einer Aufsichtsbehörde nachzuweisen haben, dass bestimmte Prozesse ausreichend abgebildet sind und nachhaltige Überwachungs- und Leitungsstrukturen bestehen, die eine Einhaltung der zukünftigen Richtlinie mitsamt der diesbezüglichen Transparenz- und Treuhanderfordernisse gewährleisten. Es wird Eigenmittelanforderungen geben, um sicherzustellen, dass Prozessfinanzierer sämtlichen finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen können.
Fazit und Unterstützung für private Finanzierer von Rechtsstreitigkeiten
Durch die Regulierungen entstehen erhebliche Risiken für Prozessfinanzierer. Allein der Umstand, dass die Haftung im Falle einer Niederlage nicht beschränkt werden kann, der Prozessfinanzierer auf den Prozess aber auch nicht einwirken und den Finanzierungsvertrag nicht kündigen darf, hat zur Konsequenz, dass sich der Prozessfinanzierer in ein Korsett begibt, aus dem er sich auch in prozessual kritischen Situationen nicht allein lösen können wird.
Um diesen Situationen vorzubeugen, wird erhebliche Vorsicht und Präzision bei dem Umgang mit den zukünftigen gesetzlichen Bestimmungen und bei der Erstellung der Finanzierungsverträge geboten sein. Außerdem wird eine besonders sorgfältige Prüfung des zu finanzierenden Prozesses empfohlen werden.
Gerne beraten und unterstützen wir Prozessfinanzierer.