Der Gesetzgeber hat in § 22 Abs. 1 a BImSchG vorgegeben, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht mehr herangezogen werden.
Mit dieser Regelung sollte die Möglichkeit zur Realisierung von zusätzlichen Kindertageseinrichtungen gefördert werden. Die Einzelheiten zur Anwendung dieses neuen Gesetzes sind bisher nicht abschließend gerichtlich geklärt worden.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13. Juli 2012, Az.: V ZR 204/11) musste nunmehr über folgenden Sachverhalt entscheiden: Die Eigentümerin einer Einheit in einer Wohnungseigentumsanlage hat ihre Einheit an eine Tagesmutter vermietet, die bis zu fünf Kleinkinder gleichzeitig in der Wohnung betreut hat. Eine an diese Einheit angrenzende Wohnungseigentümerin hat gegen diese Nutzung auf Unterlassung geklagt. Das zunächst angerufene Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht hat der Klage dagegen stattgegeben. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die an die Tagesmutter vermietete Einheit in der Teilungserklärung als Wohneinheit bestimmt worden ist. Die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit stellt dagegen die Ausübung eines Gewerbes dar, welches bei typisierender Betrachtungsweise auch zu größeren Beeinträchtigungen führt, als die typische Wohnnutzung. Dies insbesondere wegen dem täglichen Publikumsverkehr, der damit verbundenen Verschmutzung des Treppenhauses und dem Mehraufkommen an Müll durch Windeln.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis bestätigt. Dies jedoch nicht inhaltlich, sondern aus rein formalen Gründen, da die Wohnungseigentümerversammlung hier die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit untersagt hat und dieser Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung nicht angefochten wurde. Der Bundesgerichtshof hat jedoch weiter darauf hingewiesen, dass es der Vermieterin frei steht, einen erneuten Antrag auf Zulassung der Tagesmuttertätigkeit zu stellen. Im Rahmen der Entscheidungsfindung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist dann auch § 22 Abs. 1a BImSchG zu berücksichtigen, mit dem der Gesetzgeber vorgegeben hat, dass Kinderlärm keine schädliche Umwelteinwirkung darstellt. Mit diesen Aussagen hat der Bundesgerichtshof der vom Gesetzgeber gewünschten Privilegierung von Kinderlärm ausdrücklich den Rücken gestärkt. Auch die Tätigkeit einer Tagesmutter wurde als grundsätzlich privilegierte Einrichtung im Sinne des Gesetzes eingestuft. Diese kann je nach örtlichen Gegebenheiten auch in einer Wohnungseigentumsanlage in einer dort zu Wohnzwecken vorgesehenen Einheit dazu führen, dass dort die Ausübung einer Tagesmuttertätigkeit zulässig ist.