Erleichterte Darlegungslast bei Schadensersatzansprüchen aufgrund Schmiergeldabrede

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18.01.2018, I ZR 150/15 entschieden, dass der Kläger, der Schadensersatzansprüche auf eine von seinem Bevollmächtigten getroffene Schmiergeldabrede stützt, seiner Darlegungslast bereits dann genügt, wenn er ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass es zu einem Abschluss einer solchen Schmiergeldabrede gekommen ist. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass von ihm im Rechtsstreit keine näheren Darlegungen mit der Begründung verlangt werden können, er müsse sich die Kenntnis des Bevollmächtigten zurechnen lassen.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin handelte mit aus Asien importierten Möbeln. Sie bezog diese Möbel hauptsächlich von dem zwischenzeitlich verstorbenen Dr. K. Herr Dr. K. war bevollmächtigt, für die Klägerin Speditionsleistungen für die aus Asien bezogenen Möbel zu verhandeln und zu betreuen. Die Klägerin beauftragte sodann auf Veranlassung von Herrn Dr. K. die Beklagte, ein Speditionsunternehmen. Jedoch leistete die Beklagte Teile der von der Klägerin erhaltenen Vergütung für die Speditionsleistungen über ein komplexes Firmengeflecht an Gesellschaften weiter, die Herrn Dr. K. zuzurechnen waren. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den zu viel gezahlten Betrag im Wege des Schadenersatzes.

Die Entscheidung:

Die Instanzgerichte hatten die Klage abgewiesen, der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Bundesgerichtshof stellt – in Anschluss an seine ständige Rechtsprechung – fest, dass Vereinbarungen über die Leistung von Schmiergeldern gem. § 134 BGB nichtig sind. In solchen Fällen bestehen Schadensersatzansprüche nicht nur gegenüber den bestochenen Beauftragten, hier also Dr. K. als Zahlungsempfänger, sondern gerade auch gegenüber den diese Zahlungen tätigenden Geschäftspartnern, hier also der Beklagten.

Für die Tatsache, dass die Beklagte gemeinsam mit Dr. K. eine Schmiergeldabrede getroffen hat, ist die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet. Für die Voraussetzungen dieses gem. § 826 BGB möglichen Schadensersatzanspruchs trägt die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast. Der Bundesgerichtshof kommt der Klägerin an dieser Stelle allerdings entgegen, weil in Fällen wie diesem in der Regel keine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten und auch keine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Bestechungsgeldern festgestellt werden kann. Es ist gerade das Wesen von Schmiergeldzahlungen, dass diese in der Regel geheim geleistet werden sollen. Der Bundesgerichtshof betont also, dass der Kläger in einer derartigen Situation seiner Darlegungslast bereits dann genügt, wenn er ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Schmiergeldabrede getroffen wurde. Den Beklagten trifft sodann eine sogenannte sekundäre Darlegungslast mit der Folge, dass er vortragen muss, dass die Zahlungen nicht auf einer Schmiergeldabrede beruhten.

Praxishinweis: Das Urteil hat auch aus der Compliance-Perspektive erhebliche Bedeutung. Das Landgericht München I hat in der grundlegenden „Siemens/Neubürger“-Entscheidung aus dem Jahr 2013 klargestellt, dass Mitglieder der Geschäftsleitung dafür Sorge zu tragen haben, dass das Unternehmen so organisiert ist und beaufsichtigt wird, dass Gesetzesverstöße wie Schmiergeldzahlungen nicht erfolgen können. Dieser Organisationspflicht genügt ein Mitglied der Geschäftsführung dann, wenn es eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation errichtet. Dies gilt gerade nicht nur für große, börsennotierte Unternehmen wie im entschiedenen Fall. Es ist mittlerweile gesichert, dass Unternehmen jeder Größe entsprechende Compliance-Pflichten treffen. Dementsprechend sind ausreichende Vorkehrungen zu treffen, um Schmiergeldzahlungen und sonstige rechtswidrigen Handlungen im Unternehmen zu unterbinden, da diese – zumal vor dem Hintergrund der oben erläuterten Rechtsprechung mit erleichterter Darlegungslast – zu erheblichen Schadensersatzansprüchen und auch Sanktionen gegen das Unternehmen selbst führen können, ebenso wie zu Vergabesperren. Hinzu kommt, dass in nahezu jedem Korruptionssachverhalt zugleich steuerliche Pflichten verletzt wurden. Aus den vorstehenden Gründen ist im Vorfeld auf eine den heutigen Anforderungen an eine Compliance-Organisation gestellten Anforderungen Genüge zu tun; sollten sich Anhaltspunkte für Verstöße ergeben, sind diese aufzuklären und zu ahnden.