Die Bauherrengemeinschaft – ein attraktives Modell?

Bauherrengemeinschaften erfreuen sich in letzter Zeit nicht zuletzt aufgrund der zunehmend steigenden Grundstückspreise wieder größerer Beliebtheit. Bei diesem häufig hoch komplexen Konstrukt gibt es allerdings in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht ein paar sehr wichtige Punkte zu beachten.

I. Problemaufriss


Unter einer Bauherrengemeinschaft versteht man, wenn mehrere Bauherren sich zusammenschließen, um ein gemeinsames Objekt, in der Regel ein Mehrparteienhaus, zu errichten. Maßgeblicher Beweggrund ist in der Regel, dass auf diese Weise Kosten für Bauträger und Vertrieb gespart werden können. Der Einzelne ist damit selbst Bauherr und hat die Möglichkeit, seine Wünsche vollumfänglich einzubringen, sowie gegebenenfalls Eigenleistungen zu erbringen.

Es kann auch immer wieder festgestellt werden, dass Grundstücke, die bislang im Eigentum von kommunalen Trägern (Städte, Gemeinden, etc.) standen, bevorzugt oder zumindest auch an Bauherrengemeinschaften veräußert werden, um auf diese Weise die Schaffung von günstigem Wohnraum zu fördern.

Für denjenigen, der über die Anschaffung bzw. Errichtung eines Eigenheims nachdenkt, stellt sich die Bauherrengemeinschaft damit auf den ersten Blick als interessante Option dar. Der vorliegende Artikel soll Aufschluss darüber geben, ob diese Einschätzung zutrifft.

Für Bauherren, Projektsteuerer oder –planer, die Bauherrengemeinschaften ins Leben rufen, um große Projekte zu vertreiben bzw. solche, die mit der Steuerung solcher großen Projekte betraut werden, ergeben sich mindestens genauso wichtige Fragestellungen.

 II. Rechtliche Rahmenbedingungen


In der Regel werden Bauherrengemeinschaften dergestalt „errichtet“, dass zwischen den Bauherren eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet wird. Es ist also zunächst einmal wichtig zu verstehen, dass der Bauherr Gesellschafter der GbR mit allen dazugehörenden Rechten und Pflichten wird. Oftmals ist diese GbR sodann nach außen hin als Auftraggeberin gegenüber den ausführenden Unternehmen tätig. Im Innenverhältnis, also zwischen den Bauherren, die ja dann Gesellschafter der GbR sind, gibt es verschiedenste Spielarten der Ausgestaltung; beispielsweise muss geklärt werden, wie Entscheidungen betreffend das zukünftige Gemeinschafts- aber auch Sondereigentum getroffen werden, ob es einen für gewisse Fragen autonom entscheidenden „Projektleiter“, ein Kontrollgremium, wie beispielsweise einen „Beirat“, gibt und dergleichen mehr.

III. Tatsächliche Besonderheiten und Risiken


Im Folgenden soll rein beispielhaft und nicht abschließend aufgezählt werden, welche Punkte auf tatsächlicher Ebene im Verlauf eines Bauherrenmodell-Projekts, welches in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt, auftreten können.

Für den einzelnen Bauherrn ist es von entscheidender Bedeutung, zeitliche Planungssicherheit zu haben. Er wohnt gegenwärtig möglicherweise zur Miete, oder hat sich im Verkaufsvertrag hinsichtlich seines bisherigen Wohneigentums zum Auszug zu einem bestimmten Datum verpflichtet. Aus diesem Grund ist für ihn in zeitlicher Hinsicht entscheidend, dass zumindest eine gewisse Planungssicherheit besteht. Darauf wird zurückzukommen sein.

Des Weiteren sind Bauherrengemeinschaften teils von erheblicher Größe. Neben den bereits skizzierten Gründen für verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten im Innenverhältnis kommt dementsprechend einer Gestaltung besondere Bedeutung zu, die streitvermeidend und lösungsorientiert wirkt. Für den Erwerber, der ein fertiges Vertragskonstrukt vorgesetzt bekommt, ist es entscheidend, die „Fallstricke“ zu kennen, bevor er sich auf dieses kosten- und möglicherweise zeitintensive Projekt einlässt.

Für den reibungslosen Ablauf des Gesamtprojekts und damit auch des Teilprojekts des einzelnen Bauherrn ist ferner entscheidend, dass die Liquidität der Bauherrengemeinschaft insgesamt durch die gesamte Projektdauer hindurch gesichert ist.

Für den Bauherrn ist ferner entscheidend, dass ihm eine gewisse finanzielle Planung gelingt. Anders als beim Bauträgervertrag liegt das Bauherrenrisiko bei derartigen Gestaltungen bei den Bauherren.

IV. Rechtliche Risiken


Man sollte sich verdeutlichen, dass sich das Modell einer Bauherrengemeinschaft in rechtlicher Hinsicht sehr stark von einem typischen Erwerbsvertrag für Immobilien unterscheidet. Insbesondere ist die Mitgliedschaft (dazu sogleich) in einer Bauherrengemeinschaft in rechtlicher Hinsicht nicht zu vergleichen mit einem Bauträgervertrag oder einem Vertrag über eine bereits errichtete Immobilie. Für die Bewertung des Einzelfalls sind fundierte Kenntnisse sowohl des Immobilien- als auch des Gesellschaftsrechts zwingend erforderlich.

Als Ausgangspunkt sollte man sich noch einmal vergegenwärtigen, dass bei einer Bauherrengemeinschaft eine Gesellschaft (die GbR) gegründet wurde, in der sich sämtliche Interessen und Angelegenheiten hinsichtlich des Projekts „Errichtung eines Mehrfamilienhauses“ bündeln. Aus Sicht des Gesellschaftsrechts geht der Bauherr, also das Mitglied einer Bauherrengemeinschaft auf den ersten Blick ein erhebliches Haftungsrisiko ein. Grundsätzlich haften die Gesellschafter (hier also der einzelne Bauherr) einer GbR für deren Verbindlichkeiten im Außenverhältnis „akzessorisch“ (das bedeutet vereinfacht gesagt, dass sich die Haftung des Gesellschafters nach der Haftung der Gesellschaft richtet). Denkt man dies zu Ende, so taucht unmittelbar die Frage auf, ob der einzelne Bauherr für die Verbindlichkeiten sämtlicher anderer Bauherren „mithaften“ soll. Das Haftungsrisiko würde dementsprechend den Anschaffungs- und Herstellungspreis hinsichtlich seiner eigenen Wohneinheit häufig um ein Vielfaches übersteigen.

Dieses Risiko hat der Bundesgerichtshof schon früh erkannt und geht grundsätzlich davon aus, dass bei einer Bauherrengemeinschaft die Mitglieder (also die einzelnen Bauherren) jeweils im Außenverhältnis nur in Höhe ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung (also des Anteils, der auf ihre Wohneinheit entfällt) haften. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass diese Rechtsprechung zwar durchaus als gefestigt bezeichnet werden kann, diese Regelung jedoch nicht im Einklang mit den grundsätzlich geltenden gesellschaftsrechtlichen Haftungsregelungen steht. Die gesetzliche Lage sieht vielmehr eine unbegrenzte Haftung vor. Dementsprechend ist zwar gegenwärtig nicht von einer Rechtsprechungsänderung auszugehen, eine Garantie besteht insoweit indes keinesfalls.

Jedenfalls ist im Einzelfall genau zu prüfen und darauf zu achten, dass gewisse Grundregeln eingehalten werden, damit die nach der Rechtsprechung entwickelte Haftungsbeschränkung auch tatsächlich greift und es nicht doch zu einer betragsmäßig sehr viel höheren, weil unbegrenzten akzessorischen Haftung des einzelnen Mitglieds der Bauherrengemeinschaft kommt. Hier ist eine genaue rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderlich.

Hinsichtlich des bereits vorher angesprochenen Themas der Zeitverzögerung können im Vertrag besondere Regelungen vorgesehen werden, die insoweit die Risiken minimieren. Auch hier ist darauf zu achten, dass diese sich sinnvoll in der Gesamtkonzept der vertraglichen Gestaltung eingliedern.

Ein weiteres und nicht zu vernachlässigendes Risiko besteht – dieses Mal nähern wir uns von der immobilienrechtlichen Seite an – im Hinblick auf Formfragen. Dass der Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks notariell zu beurkunden ist, ist vielen bekannt. Aufgrund der Tatsache, dass bei Bauherrengemeinschaften eine ungleich größere Menge an Papier produziert wird, um die gesellschaftsrechtlich äußerst komplexen Strukturen, die bereits in einem sehr frühen Stadium eingezogen werden müssen, zu etablieren, kommt es bei diesen vertraglichen Konstrukten häufiger zu formellen Fehlern. Auch insoweit ist eine fundierte rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderlich, um formelle Risiken ausschließen zu können.

Eine weitere - in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht - sehr bedeutende Frage ist die nach der Sicherstellung der Liquidität der GbR. Hier sind rechtliche Vorkehrungen zu treffen, damit diese nicht in finanzielle Engpässe, auch dann, wenn Gesellschafter ausscheiden, kommen kann. Letztgenannter Punkt ist von erheblicher Bedeutung, weil es nicht selten vorkommt, dass während der Realisierungsphase des Projekts der Gesellschafterbestand, also die Gesellschafterstruktur, wechselt. Auch hier kann durch geschickte Gestaltungen Rechtssicherheit erlangt werden.

V. Zusammenfassung und Ausblick


Es steht zu erwarten, dass Bauherrengemeinschaften auch weiterhin beliebtes Modell für die Realisierung gemeinsam geplanter Projekte sind. Bei der Nutzung dieses „Vehikels“ sollte man sich allerdings sehr genau mit den häufig extrem komplexen Vertragsgestaltungen beschäftigen und gegebenenfalls fundierten Rechtsrat hinzuziehen. Allein der Umstand, dass die Realisierung solcher Projekte in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt, belegt, dass hier höchste Vorsicht geboten ist.

Umgekehrt wäre es verfehlt, davon auszugehen, dass der spätere Eintritt in eine Bauherrengemeinschaft mit weniger Risiken verbunden ist. Hier treten andere Problemfelder (insbesondere Fragen der Haftung) in den Vordergrund, die insbesondere gesellschaftsrechtlich sauber gelöst werden müssen.

Bauherren und Projektentwicklern, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Bauherrengemeinschaft „aufzusetzen“ oder steuernd zu betreuen ist angesichts der schwierigen gesellschafts- und immobilienrechtlichen Gestaltungsfragen im Einzelfall ebenfalls dringend zu empfehlen, insoweit erfahrene Rechtsberater hinzuzuziehen.