Viele lebenserfahrenere Unternehmer stehen vor der Herausforderung, keinen Nachfolger für ihr Unternehmen zu finden. Potenzielle Nachfolger zögern oft, den Schritt zu wagen, ein Unternehmen in voller Verantwortung zu übernehmen. Die Betriebspacht stellt sowohl für den Unternehmer als auch für den potenziellen Nachfolger eine attraktive und flexible Alternative zur unmittelbaren Unternehmensübergabe bzw. -übernahme dar.
Die zwei wichtigsten Gründe: Zum einen kann die Betriebspacht eine flexible Übergangsphase ermöglichen. Der Nachfolger kann sich sanft aufgleisen, der Unternehmer muss nicht sofort loslassen. Zum anderen kann die Betriebspacht steuerlich interessante Effekte durch eine Betriebsaufspaltung bewirken.
I. Allgemeines zur Betriebspacht
Die Betriebspacht stellt eine flexible Möglichkeit für Unternehmer dar, ihr Unternehmen zeitlich begrenzt an einen Nachfolger zu übergeben, ohne sich dauerhaft vom Unternehmen zu trennen. Weder ein Notar ist für den Abschluss des Betriebspachtvertrages erforderlich, noch löst eine Betriebspacht Risiken wie etwa beim Kauf aus und erfordert auch keine umfassenden Finanzmittel. Günstigstenfalls kann die Pacht aus dem laufenden Betrieb des Unternehmens sogar vollständig generiert werden.
Der Unternehmensinhaber als Verpächter bleibt Eigentümer des Unternehmens, während dem Pächter für die vereinbarte Dauer der Pacht in der Regel der Gebrauch des Anlagevermögens des Unternehmens gegen Zahlung eines Pachtzinses gewährt wird. Die Parteien können sowohl die Pachtdauer als auch den Pachtzins und den Umfang des Pachtgegenstandes individuell vereinbaren.
II. Die Betriebspacht aus der Perspektive des Unternehmers
Der Unternehmer bleibt im Rahmen des Betriebspachtvertrages zwar Eigentümer des Unternehmens, gleichwohl führt der Pächter (als potenzieller Nachfolger) für die vereinbarte Dauer das Unternehmen auf eigene Rechnung und trägt dabei das unternehmerische Risiko. Im Gegenzug erhält der Unternehmer den Pachtzins. Der Pachtzins kann zudem unter Umständen auch ertragssteuerfrei vereinnahmt werden, wenn etwa die Werbungskosten der Verpachtung und die Absetzung für Abnutzung (AfA) den Pachtzins übersteigen.
Mit Hilfe des Betriebspachtvertrages steht es dem Unternehmer frei, zu regeln, in welchem Umfang er das Unternehmen aus den Händen gibt und welchen Pachtzins er im Gegenzug fordert. Folgendes kann unter anderem von dem Unternehmer im Rahmen der Gestaltung des Pachtvertrages beeinflusst werden:
- Länge der Pachtdauer und Höhe des Pachtzinses
- Option und Konditionen für den Unternehmenskauf nach Ablauf der Pachtdauer
- Umfang des Pachtgegenstandes: In der Regel wird das Anlagevermögen verpachtet, während das Umlaufvermögen direkt auf den Pächter übergeht. Es können ganze Fabrikhallen, aber auch nur einzelne Werkzeuge verpachtet werden. Häufig arbeiten die Beteiligte mit Listen, die die Überlassung verschiedener Betriebsmittel dokumentieren.
- Einfluss auf die Unternehmensstruktur: Der Entscheidungsspielraum des Pächters hinsichtlich der Unternehmensführung kann durch den Betriebspachtvertrag geregelt werden. Dabei kann festgelegt werden, ob der Pächter lediglich die Betriebsmittel nutzen und das Unternehmen gemäß den bestehenden Unternehmensleitlinien weiterführen soll, oder ob ihm umfassendere Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden. Durch entsprechende Vertragsbestimmungen kann sichergestellt werden, dass unerwünschte Veränderungen des Unternehmens vermieden werden.
- Umfang des eigenen Kostenrisikos und Verwaltungsaufwandes: Der Pächter kann zur Instandhaltung und Instandsetzung sowie zur Übernahme von Ersatzbeschaffungen sowie Erneuerungs- und Erweiterungsinvestitionen auf eigene Kosten verpflichtet werden, sodass den Unternehmer weder die Kostenlast noch der Verwaltungsaufwand trifft.
- Umfang der Haftung für Schäden am Pachtgegenstand: Der Pächter ist gesetzlich zum Ersatz der Schäden am Pachtgegenstand verpflichtet, insofern er den Schaden fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt hat. Überlässt der Pächter den Pachtgegenstand Dritten, hat der Pächter die Schäden zu ersetzen, die durch die Dritten entstehen. Die Haftung des Pächters kann auf Schäden erweitert werden, welche durch leichte Fahrlässigkeit herbeigeführt werden.
- Haftung für alte Verbindlichkeiten des Unternehmers: Die Parteien können die Übernahme der Firma (Name des Unternehmens) im Sinne des § 17 HGB vereinbaren. Übernimmt der Pächter die Firma des Unternehmens, haftet der Pächter gemäß § 25 HGB gemeinsam mit dem Unternehmer für die vor der Pacht begründeten Verbindlichkeiten.
- Haftung für Verbindlichkeiten des Pächters: Der Pächter haftet für alle nach Abschluss der Pacht begründeten Verbindlichkeiten und der Unternehmer ist frei.
III. Betriebspacht aus der Perspektive des potenziellen Nachfolgers
Ein Unternehmenskauf ist mit zahlreichen Risiken verbunden. Um diesen Risiken sachgerecht zu begegnen, bedarf es in der Regel einer umfangreichen Due Diligence, welche wiederum mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Die Betriebspacht ermöglicht es den Interessenten, ein Unternehmen von „innen“ kennenzulernen, ohne dabei das hohe Geschäfts- und Kostenrisiko eines Unternehmenskaufs einzugehen. Im Rahmen einer Betriebspacht erhält der Pächter in der Regel folgende Vermögensgegenstände und immaterielle Güter des Unternehmers und führt den Betrieb unter eigenem Namen oder der Firma des Unternehmens fort:
- Anlage- und Umlaufvermögen des Unternehmers;
- Arbeitnehmer: Beschäftigte des Unternehmers treten mit Übernahme des Unternehmens in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, wenn und soweit sie dem Übergang nicht widersprechen;
- Verträge des Unternehmers: Regelmäßig vereinbaren die Parteien den Übergang der Verträge des Unternehmers auf den Pächter. Die Übergabe setzt voraus, dass die jeweiligen Vertragspartner dem Übergang zustimmen;
- Firma: Der Pächter kann nach Vereinbarung mit dem Unternehmer den Betrieb entweder unter der bestehenden Firma des Unternehmers weiterführen, um von deren Reputation zu profitieren, oder den Betrieb unter einer eigenen Firma fortsetzen.
Bereits bei Vertragsschluss kann die Möglichkeit eines Unternehmenskaufs nach Ablauf der Pachtdauer vereinbart werden. Dabei kann der zuvor gezahlte Pachtzins bei der Festlegung des Kaufpreises berücksichtigt werden.
IV. Fazit
Die Betriebspacht bietet eine flexible und attraktive Alternative zum Unternehmensverkauf. Sie ermöglicht es Unternehmern, ihr Unternehmen zeitlich begrenzt zu übergeben, und Nachfolgern, das Unternehmen kennenzulernen und zu führen, ohne sofort die volle Verantwortung zu übernehmen.
Eine präzise Vertragsgestaltung bei der Betriebspacht ist essenziell, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten und Missverständnisse zu vermeiden. Klare Regelungen zu Pachtzins, Instandhaltung und Haftung sorgen für ein störungsfreies Vertragsverhältnis. Zudem sollten die Überlassung von konkreten Vermögensgegenständen detailliert dokumentiert und die potenzielle Übernahme von Mitarbeitern sachgerecht geregelt werden, um Nutzungskonflikte und Probleme bei der Fortführung von Arbeitsverhältnissen zu vermeiden und einen ununterbrochenen Betriebsablauf zu gewährleisten.
Wir unterstützen Sie gerne bei den Vertragsverhandlungen und der Vertragsgestaltung. Gemeinsam entwickeln wir individuelle Lösungen, die den Bedürfnissen beider Parteien gerecht werden.