Die zunehmende Flächenverknappung führt mehr und mehr zur innerstädtischen Nachverdichtung und zur Konversion von früher industriell genutzten Flächen. Während unberührter Boden im innerstädtischen Bereich praktisch nicht verfügbar ist, ist an Konversionsflächen kein Mangel. Im Altlastenkataster sind in Deutschland 360.000 Grundstücke verzeichnet.
Umnutzung und Konversion gehen zumeist mit einem Eigentumswechsel einher. Bei Altlasten und Altlastenverdacht greifen zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Regelungen ineinander und müssen bei einer Kaufentscheidung mitbedacht werden. Problematisch können auch Zweit- und Drittnutzungen werden, wie ein vom BGH entschiedener Fall zeigt.
Sachverhalt:
Der Käufer erwarb mehrere mit einem Gewerbepark bebaute Grundstücke. Die Haftung für Sachmängel wurde ausgeschlossen. Der Verkäufer, ein Bauingenieur, hatte ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, dass, wie er aus früheren Verhandlungen wusste, auf dem Grundstück in den 60er Jahren eine Asphaltmischanlage und ein Klärschlammrückhaltebecken betrieben worden waren. Der Käufer verlangte wegen des nach seiner Ansicht daraus resultierenden Altlastenverdachts Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Kaufobjekt in mangelfreiem und mangelbehafteten Zustand.
Entscheidung:
Der BGH hat dem Käufer Recht gegeben und ausgeführt, dass alleine die frühere gefahrenträchtige Nutzung des Grundstücks einen Altlastenverdacht begründet und dies einen offenbarungspflichtigen Sachmangel darstellt. Ein altlastenverdächtiges Grundstück weise unabhängig von dem mit dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel schon wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme und wegen der mit dem Altlastenverdacht verbundenen Wertminderung nicht die übliche Beschaffenheit auf.
Zwar ist nicht jedes industriell genutzte Grundstück als altlastenverdächtig einzustufen, anderes gilt aber für frühere Nutzungen, die die Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen begründen, z.B. die Nutzung als Tankstelle, als „wilde Müllkippe“ oder als Werksdeponie. Liegt eine gefahrenträchtige Nutzung vor, so begründet dies einen Altlastenverdacht, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Insbesondere muss nicht dargetan werden, dass tatsächlich schädliche Bodenveränderungen eingetreten sind.
Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung des Grundstücks, die einen Altlastenverdacht begründet, so handelt er objektiv arglistig. Es muss allerdings, als subjektives Erfordernis des Arglistvorwurfs, dazukommen, dass der Verkäufer es für möglich hält, dass diese Nutzung einen Altlastenverdacht begründet. Will der Verkäufer dartun, er sei trotz der bekannten Nutzung davon ausgegangen, ein Altlastenverdacht bestehe nicht oder nicht mehr, so muss er darlegen, aufgrund welcher konkreten Umstände er zu dieser Erkenntnis gelangt ist. Kann er das nicht, so bleibt es beim Vorwurf der Arglist mit der Folge, dass sich der Verkäufer nicht auf einen vereinbaren Haftungsausschluss berufen kann.
BGH Urteil vom 21.07.2017 – V ZR 250/15 = NJW 2018, 389.
Fazit:
Der Grund für diese käuferfreundliche Rechtsprechung liegt darin, dass eine rationale Kaufentscheidung nur getroffen werden kann, wenn dem Käufer alle wertbildenden Faktoren bekannt sind. Durch die Kenntnis der früheren Nutzung eines Grundstücks und des daraus resultierenden Altlastenverdachts kann der Käufer, wenn er dies für nötig hält, durch entsprechende Untersuchungen klären, ob sich der bestehende Verdacht zur Gewissheit verdichtet und danach seine Kaufentscheidung ausrichten.