ELTIF – Die Novellierung der Verordnung (EU) 2015/760 („ELTIF-VO“)

Yvonne Sievers

Mit der Verordnung (EU) 2015/760 wurde der ELTIF zum ersten Mal europaweit geregelt, um dazu beizutragen, die europäische Wirtschaft im Einklang mit der Strategie Europa 2020 und dem Ziel hoher Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. In den Erwägungsgründen zur Verordnung (EU) 2023/606 vom 15.03.2023 gibt der europäische Gesetzgeber zu erkennen, dass die ELFIT-VO nicht den gewünschten Effekt entfaltet hat und nur wenige ELTIF zugelassen worden sind. Der europäische Gesetzgeber bessert nun mit der Verordnung (EU) 2023/606 nach und erweitert dabei das bisher mit der ELTIF-VO verfolgte Ziel.

I. Der Europäische langfristige Investmentfonds / European Long-Term Investment Fund („ELTIF“)

Mit der Verordnung (EU) 2015/760 wurde der ELTIF zum ersten Mal europaweit geregelt, um dazu beizutragen, die europäische Wirtschaft im Einklang mit der Strategie Europa 2020 und dem Ziel hoher Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Dabei stellen ELTIF Finanzierungsmittel dauerhafter Natur für verschiedenste Infrastrukturprojekte, nicht börsennotierte Unternehmen oder börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen bereit und sollten so die Finanzierung der Realwirtschaft der Union und die Umsetzung ihrer Politik fördern.

In Art. 1 Abs. 2 der ELTIF-VO heißt es daher:

„Ziel dieser Verordnung ist es, im Einklang mit dem Unionsziel eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums Kapital zu beschaffen und langfristigen europäischen Investitionen in der Realwirtschaft zuzuführen.“

Dabei sollten ELTIF aufgrund ihres Portfolioprofils und ihres Schwerpunktes auf langfristige Vermögenswertkategorien dafür konzipiert sein, private Ersparnisse in die europäische Wirtschaft zu leiten.

Hierzu weisen ELTIF die Besonderheit auf, dass nach Art. 31 Abs. 2 der ELTIF-VO Anteile eines ELTIF nach Übermittlung eines Anzeigeschreibens in anderen Mitgliedstaaten als dem Herkunftsmitgliedstaat an professionelle Anleger und Kleinanleger vertrieben werden können.

II. Zur Novellierung – Verordnung VO (EU) 2023/606

In den Erwägungsgründen zur Verordnung (EU) 2023/606 vom 15.03.2023 gibt der europäische Gesetzgeber zu erkennen, dass die ELFIT-VO nicht den gewünschten Effekt entfaltet hat und nur wenige ELTIF zugelassen worden sind.

Grund hierfür könnte mit Blick auf die vorerwähnte Konzeption sein, dass nach der ELTIF-VO potenzielle Kleinanleger, deren Finanzinstrument-Portfolio 500.000 EUR nicht übersteigt, verpflichtet sind, anfänglich eine Mindestinvestition von 10.000 EUR in einen oder mehrere ELTIF zu tätigen, wobei insgesamt nicht mehr als 10 % ihres Portfolios in ELTIF investiert werden dürfen. Dies stellt auch aus Sicht des europäischen Gesetzgebers ein erhebliches Hindernis für Investitionen von Kleinanlegern in ELTIF dar, welches nicht mit dem Ziel vereinbart werden kann, ein alternatives Investmentfondsprodukt für Kleinanleger zu schaffen.

Der europäische Gesetzgeber bessert nun mit der Verordnung (EU) 2023/606 nach und erweitert dabei das bisher mit der ELTIF-VO verfolgte Ziel.

Dementsprechend wird Art. 1 Abs. 2 der ELTIF-VO wie folgt geändert:

„Ziel dieser Verordnung ist es, im Einklang mit dem Unionsziel eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums die Beschaffung von Kapital zu erleichtern und dafür zu sorgen, dass dieses Kapital leichter langfristigen Investitionen in der Realwirtschaft, einschließlich Investitionen zur Förderung des europäischen Grünen Deals und anderer vorrangiger Bereiche, zugeführt werden kann.“

ELTIF sollen nun attraktiver werden und die zur Verfügung stehenden Anlagestrategien erweitert werden.

1. Änderungen

Auf die folgenden Änderungen sei insbesondere hingewiesen:

a) Sachwerte

Die Verordnung (EU) 2023/606 gibt den in der ELTIF-VO festgesetzten Mindestwert von Sachwerten in Höhe von 10.000.000 EUR auf, um zur Steigerung wirksamer Investitionen von ELTIF in Sachwerte beizutragen und gleichzeitig unterschiedliche Entwicklungsstandards der langfristigen Anlageinstrumente in den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

b) Qualifizierte Portfoliounternehmen

Im Rahmen der Verordnung (EU) 2023/606 wird die Möglichkeit geschaffen, in beaufsichtigte Finanzunternehmen zu investieren, bei denen es sich nicht um Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Unternehmen handelt und die weniger als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Erstinvestition zugelassen oder registriert wurden. Zudem wird die Höhe der maximalen Marktkapitalisierung börsennotierter qualifizierter Portfoliounternehmen auf 1.500.000.000 EUR angehoben. Schließlich ist es zur Einordnung als qualifiziertes Portfoliounternehmen künftig erforderlich, dass das Unternehmen in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ansässig ist, das nicht als Drittland mit hohem Risiko eingestuft ist sowie nicht in der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt wird.

c) Portfoliozusammensetzung und Diversifizierung

Anders als bisher nach der ELTIF-VO müssen ELTIF nur noch 55 % (bisher 70 %) ihres Kapitals in zulässige Vermögenswerte investieren. Darüber hinaus kommt es im Rahmen der Verordnung (EU) 2023/606 auch zu einer Senkung der Diversifizierungsanforderungen und einer Erhöhung der Flexibilität bei der Portfoliozusammensetzung.

d) Barkredite

Auch die Obergrenze für die Aufnahme von Barkrediten wird mit der Verordnung (EU) 2023/606 angehoben. Bei ELTIF, die an Kleinanleger vertrieben werden können, darf ein Barkredit nicht über 50 % des Nettovermögenswertes des ELTIF und bei ELTIF, die ausschließlich an professionelle Anleger vertrieben werden, nicht über 100 % des Nettovermögenswertes des ELTIF hinausgehen. Neu ist auch, dass die Kredite nicht mehr nur auf die gleiche Währung lauten müssen wie die mit den aufgenommenen Barmitteln erworbenen Vermögenswerte, sondern auch die Möglichkeit besteht, den Kredit auf eine andere Währung lauten zu lassen, sofern diese Fremdwährungsposition ordnungsgemäß abgesichert wurde. Außerdem können ELTIF künftig auch Vermögenswerte belasten.

e) Anforderungen für den Vertrieb an Kleinanleger

Das Erfordernis einer anfänglichen Mindestinvestition von 10.000 EUR sowie die Begrenzung der Gesamtinvestition auf 10 % werden im Rahmen der Verordnung (EU) 2023/606 aufgehoben.

Ferner müssen Verwalter von ELTIF derzeit gemäß der ELTIF-VO in jedem Mitgliedstaat, in dem sie ELTIF vertreiben wollen, lokale Einrichtungen zur Verfügung stellen. Diese Pflicht wurde mit der Verordnung (EU) 2023/606 jedoch für die Zukunft ebenfalls aufgehoben.

2. Ausblick

Derzeit sind 89 ELTIF im Register der ESMA gelistet. Man kann gespannt sein, ob die künftigen Änderungen zu einem signifikanten Anstieg der Zulassungen von ELTIF führen werden und so das Ziel der Verordnung erreicht werden kann.