Kostenvorschuss trotz fehlender Abnahme

Eine vom Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Klausel, die auch sog. Nachzügler an eine bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums bindet, ist unwirksam. Der Bauträger kann sich nicht darauf berufen, ein Vorschussanspruch scheide aus, weil sich der Vertrag – mangels Abnahme – noch im Erfüllungsstadium befinde (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15).

Entscheidung


Wird ein nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft und Abnahme des Gemeinschaftseigentums vertragschließender Erwerber (sog. Nachzügler) an eine durch frühere Erwerber bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums gebunden, führt dies im Ergebnis zu einer mittelbaren Verkürzung der Verjährungsfristen. Daher sind entsprechende Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen des Bauträgers unwirksam (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15).

Gegenüber einem von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemachten Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung kann sich der Bauträger als Verwender der unwirksamen Klausel nicht darauf berufen, dieser könne erst nach erfolgter Abnahme geltend gemacht werden. Dies würde gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen.

Sachverhalt


Der beklagte Bauträger ließ eine Wohnungseigentumsanlage errichten. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte im Jahr 2004. Eine in der Wohnanlage befindliche Penthouse-Wohnung wurde erst im Jahr 2006 veräußert. Der Vertrag enthielt zahlreiche Sonderwünsche, die vom Bauträger nachträglich erfüllt wurden. Im Hinblick auf die Abnahme des Gemeinschaftseigentums war folgendes geregelt:

„Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart.“

Sämtliche Mängelansprüche wurden später an die Wohnungseigentümergemeinschaft abgetreten. Diese macht als Klägerin aus abgetretenem Recht gegen den beklagten Bauträger einen Anspruch auf Kostenvorschuss geltend.

Begründung


Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) steht der Klägerin ein Vorschussanspruch aus abgetretenem Recht für die zur Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Aufwendungen gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB zu.

Zunächst ist die Klausel zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Erwerbsvertrag unwirksam. Denn nach dem Wortlaut der Klausel gilt die Abnahme entsprechend der bereits durchgeführten Abnahme rückwirkend als vereinbart. Damit werden die nach Herstellung der Wohnungseigentumsanlage in die Wohnungseigentumsgemeinschaft eintretenden Erwerber an eine bereits erfolgte Abnahme gebunden. Mit der Anknüpfung an die Abnahme der übrigen Erwerber wird der Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen betreffend das Gemeinschaftseigentum folglich auf einen Zeitpunkt vorverlagert, zu dem die Erwerber das Werk weder erworben hatten, noch es ihnen übergeben war. Im Ergebnis wird also die Verjährungsfrist mittelbar verkürzt, was gemäß § 309 Nr. 8 b) ff) BGB zur Unwirksamkeit der Klausel führt.

Abermals offen ließ der BGH, ob Mängelansprüche generell vor Abnahme anwendbar sein können. Er wies insoweit lediglich darauf hin, dass die Abnahme im Grundsatz den maßgebenden Zeitpunkt markiert, von dem an die Mängelrechte des Bestellers eingreifen.

Im vorliegenden Fall konnte sich der Bauträger als Verwender der unwirksamen Klausel zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums nämlich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dass es an einer Abnahme fehlt und sich der Vertrag bzgl. des Gemeinschaftseigentums damit noch im Erfüllungsstadium befindet. Denn die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders. Der Verwender selbst kann sich nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung berufen und darf aus einer solchen Unwirksamkeit keine Vorteile ziehen.

Da der Bauträger durch die Stellung der Klausel den Eindruck erweckt hat, dass das Erfüllungsstadium aufgrund erfolgter Abnahme des Gemeinschaftseigentums bereits beendet ist, muss er als Verwender der Klausel mit dem Nachteil leben, trotz etwa fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Mängelrechten konfrontiert zu werden.

Fazit

Unter Abnahme wird die Entgegennahme der vertraglichen Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß verstanden. Die Abnahme muss grundsätzlich durch den Erwerber erklärt werden. Sind Regelungen in Bauträgerverträgen, mit der die Abnahme fingiert, oder vorweggenommen wird, unwirksam, beginnt die Verjährung für Mängelrechte nicht zu laufen. Im Ergebnis führt dies zu einer Haftungsausweitung des Bauträgers. Dies gilt es im Rahmen einer vernünftigen Vertragsgestaltung zu vermeiden.