Mindestsatzunterschreitung im Regelfall unwirksam
Häufig werden in Architektenverträgen Honorare vereinbart, bei welchen die von der HOAI vorgeschriebenen Mindestsätze unterschritten werden. Solche Mindestsatzunterschreitungen sind in aller Regel unwirksam. Das hat zur Folge, dass sich der Architekt nachträglich auf die Mindestsätze berufen und nach diesen abrechnen kann.
Verwirkung im Einzelfall möglich
In besonderen Einzelfällen kann es aber sein, dass der Architekt sein Recht, sich nachträglich auf die Mindestsätze zu berufen, verwirkt hat. Das heißt, dass in solchen Fällen der Architekt nach Treu und Glauben gehindert ist, nach den Mindestsätzen abzurechnen, wenn er sich zunächst auf eine Vereinbarung zum Unterschreiten der Mindestsätze einlässt, später dann aber trotzdem nach den Mindestsätzen abrechnen will (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2011 - VII ZR 163/10). Die Verwirkung hat aber stets zwei Voraussetzungen, nämlich das sogenannte Zeit- und das Umstandsmoment. Im Hinblick auf das Zeitmoment wird ein Zeitraum von mindestens fünf bis sieben Jahren nach Stellung der Schlussrechnung abgelaufen sein müssen, ehe eine Verwirkung in Frage kommt.
Kein Vertrauen des kundigen Auftraggebers
Doch auch nach Ablauf eines hinreichend langen Zeitraums muss noch das Umstandsmoment hinzutreten. Das heißt, dass Umstände vorliegen müssen, die das Vertrauen des Auftraggebers rechtfertigen, der (überschießende) Honoraranspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Ein solches Vertrauensmoment scheidet jedenfalls bei HOAI-kundigen Auftraggebern aus, da bei diesen in der Regel keine vertrauensbegründenden Umstände vorliegen können. Das hat das OLG Hamm gerade erneut entschieden (Urteil vom 14.01.2014 – 24 U 186/12).
Das heißt also: Zumindest der erfahrene Auftraggeber wie z. B. ein Bauträger oder Generalunternehmer etc. wird sich vor einer nachträglichen Abrechnung des Architekten nach den Mindestsätzen rechtlich kaum schützen können. Das ist auch richtig so, denn es entspricht dem Zweck der HOAI, den Architekten ein auskömmliches Mindesthonorar zu gewähren und ruinösen Preiskampf unter den Architekten zu vermeiden.
Beim unerfahrenen „Häuslebauer“ mag die Situation rechtlich anders zu bewerten sein.