Die gesetzlichen Regelungen zum Widerruf von Verbraucherdarlehen und deren vorzeitiger Rückzahlung sollen aufgrund zweier Entscheidungen des EuGH vom September 2019 und März 2020 (C-383/18 und C-66/19), in denen strengere Vorgaben an den Verbraucherschutz bei Verbraucherdarlehen gestellt wurden, angepasst werden.
Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Verbraucherdarlehensrechts des Justiz- und Verbraucherschutzministeriums betrifft zum einen das Recht von Verbrauchern auf Kostenermäßigung bei der vorzeitigen Rückzahlung von Verbraucherdarlehen. Zum anderen wird das gesetzliche Widerrufsmuster für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge angepasst.
Zahlt ein Verbraucher ein Darlehen vorzeitig zurück, hat er ein Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Darlehens entsprechend der verbleibenden Laufzeit des Vertrages (§ 501 BGB). Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass diese Ermäßigung auch laufzeitunabhängige Kosten, beispielsweise Entgelte der Banken für eine einmalig erbrachte Leistung, erfasst. Der Gesetzesentwurf sieht nunmehr vor, dass auch laufzeitunabhängige Kosten bei einer vorzeitigen Rückzahlung von Verbraucherdarlehen zu erstatten sind. Sofern die Restschuld aufgrund einer vorzeitigen Kündigung fällig wird, bleibt es jedoch bei der bisherigen Regelung. Laufzeitunabhängige Kosten müssen in diesen Fällen weiterhin nicht erstattet werden.
Die Änderung des gesetzlichen Widerrufsmusters für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge betrifft den Beginn der Widerrufsfrist. Wenn Verbraucher einen Darlehensvertrag abschließen, haben sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Über dieses Widerrufsrecht müssen Kreditgeber im Vertrag informieren. Damit die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt, müssen die Kreditgeber insbesondere wichtige gesetzliche Pflichtangaben an die Verbraucher übermitteln. Bislang wurden die Darlehensnehmer hierbei zum Teil auf die maßgeblichen Bestimmungen im Gesetzestext verwiesen. Dieser sogenannte Kaskadenverweis wurde vom EuGH als nicht ausreichend klar und prägnant beurteilt und sei daher mit der zugrundeliegenden Richtlinie unvereinbar. Künftig muss der Kreditgeber daher alle notwendigen Pflichtangaben direkt in der Widerrufsinformation aufzählen. Auf diese Weise können Verbraucher durch einen Abgleich mit den ihnen vorgelegten Unterlagen feststellen, ob und wann ihre Widerrufsfrist zu laufen begonnen hat, ohne noch einmal in das Gesetz schauen zu müssen.
Um den Anforderungen des EuGH gerecht zu werden und den bisherigen Kaskadenverweis zu vermeiden, hat der Gesetzgeber einen neuen Abschnitt 2 in die Muster-Widerrufsbelehrung eingefügt. Dieser Abschnitt enthält eine vollständige Auflistung aller Pflichtangaben, soweit sie für die Auslösung des Beginns der Widerrufsfrist relevant sind. Die Pflichtangaben unter Abschnitt 2 müssen nicht durch inhaltliche Eintragungen des Darlehensgebers ergänzt werden. Es handelt sich um eine abstrakte Aufzählung; die eigentlichen Inhalte und gegebenenfalls eine Erläuterung der Pflichtangaben sind weiterhin den Vertragsunterlagen zu entnehmen.
Die geplante Gesetzesänderung betrifft ausschließlich Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge, nicht jedoch Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, für die das Gesetz eine eigene Muster-Widerrufsbelehrung vorsieht. Diese enthält keinen Kaskadenverweis, sodass eine Gesetzesänderung nicht erforderlich ist.
Um von der sogenannten Gesetzlichkeitsfiktion (Annahme einer zutreffenden Widerrufsbelehrung, sofern die Musterwiderrufsbelehrung ohne inhaltliche Änderungen verwendet wird) zu profitieren, sollten Kreditinstitute den Fortgang des Gesetzgebungsverfahren engmaschig verfolgen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Gesetz einen Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Eine Umsetzungsfrist hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Die Widerrufsbelehrungen sollten daher bereits jetzt vorbereitet werden und unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes die bisherigen Widerrufsbelehrungen ersetzen.
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